01.05.2010 Recht&Versicherung
Die Nachhaftungsversicherung – eine Notwendigkeit
Versicherungsschutz für ärztliche Haftung: Zeitpunkt des Schadeneintritts ausschlaggebend
Der Arzt, der seine Praxis aufgibt und seinen Ruhestand antritt, zieht – wenn er über eine Berufs-Haftpflichtversicherung verfügt – in der Regel nicht in Zweifel, dass für seine vergangene und abgeschlossene Tätigkeit hinreichender Versicherungsschutz besteht. Gleiches gilt für den angestellten Krankenhausarzt, der seine erlaubte Nebentätigkeit durch eine gesonderte Berufs-Haftpflichtversicherung abgesichert hat. Hier ist jedoch Vorsicht geboten.
Die Versicherung erlischt mit Beendigung der beruflichen Tätigkeit. Deckungsschutz für eine Pflichtverletzung während der beruflichen Tätigkeit besteht nur dann, wenn die verursachte Schädigung bereits in diesem Zeitraum auftritt. Manifestiert sich der Schaden bei einem Patienten erst nach Beendigung der beruflichen Tätigkeit – und dem damit verbundenen Erlöschen der Berufs-Haftpflichtversicherung –, fehlt es an einer Deckung. Diese Lücke ist durch eine so genannte Nachhaftungsversicherung zu schließen.
Deutlich wird das Problem an einem Urteil des Landgerichts (LG) Hamburg vom 24.01.2008 (323 O 408/07, unveröffentlicht). In dem Prozess ging es um die Klage eines Arztes gegen seine Berufs-Haftpflichtversicherung mit dem Ziel, für die Schadenersatzforderungen, die ein Patient gegen ihn erhoben hatte, Deckungsschutz zu erhalten.
Aufgrund des Histologie-Befundes isolierter geröteter Schleimhautfalten in der rechten Colonflexur wir bei dem Patienten im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts im Jahr 2003 der Verdacht auf ein tubuläres Adenom festgestellt. Das Krankenhaus teilt dem behandelnden, niedergelassenen Arzt den Befund mit. Die Notwendigkeit einer vollständigen Abtragung der Neoplasie wird angesprochen mit der Bitte, den Patienten im nächsten Vierteljahr erneut zu überweisen.
Der niedergelassene Arzt setzt den Patienten davon weder in Kenntnis noch veranlasst er dessen erneute Einweisung ins Krankenhaus. Erst im Jahr 2006 erfolgt die erforderliche Operation. Hierbei kann das Adenom nicht mehr in toto mit einer Schlinge entfernt werden. Vielmehr muss die rechte Dickdarmhälfte und später auch ein Teil des Dünndarms entfernt werden, mit der Notwendigkeit eines vorübergehenden künstlichen Darmausgangs.
Das Problem des niedergelassenen Arztes: Zum Zeitpunkt seines fehlerhaften Verhaltens im Jahre 2003 hat er zwar noch eine Berufs-Haftpflichtversicherung, diese besteht zum Zeitpunkt der Operation des Patienten mit Entfernung von Teilen des Darms im Jahre 2006 jedoch nicht mehr. Die Versicherung verweigert den Deckungsschutz mit der Argumentation, dass es hierfür nicht auf den Zeitpunkt der fehlerhaften Behandlung, sondern auf den Zeitpunkt des Eintritts der konkreten Schädigung beim Patienten ankomme.
Das Landgericht bestätigt die Argumentation der Versicherung. Nach den für solche Fälle geltenden Bestimmungen (§ 1 I AHB 95) wird Versicherungsschutz gewährt, wenn der Versicherungsnehmer wegen eines Schadenereignisses in Anspruch genommen wird, das während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten ist.
Durch die Verwendung des Begriffs „Schadenereignis“ sei klargestellt, so das Gericht, dass es nicht auf die Handlung, welche die Haftung begründet, selbst ankomme, sondern vielmehr auf das Ereignis des Schadeneintritts. Entscheidend für die Frage des Deckungsschutzes ist also nicht der Zeitpunkt des Behandlungsfehlers, sondern der Zeitpunkt, zu dem sich der Behandlungsfehler beim Patienten durch eine konkrete Schädigung auswirkt.
In der Regel treffen diese Ereignisse zeitlich aufeinander. Wie das Gericht weiter ausführt, ist dies jedoch beim vorliegenden Ereignis gerade nicht der Fall. Hier ist für die Frage des Deckungsschutzes also nicht die versäumte Unterrichtung bzw. Wiedereinweisung des Patienten im Jahr 2003 ausschlaggebend. Entscheidend ist vielmehr die im Jahr 2006 erfolgte Operation mit Entfernung von Teilen des Darms.
Das Gericht geht zudem darauf ein, dass nicht bereits das kontinuierliche Wachstum des Adenoms seit 2003 als Schadenereignis in dem Sinne gewertet werden könne. Als Schaden definiert das Gericht den Umstand, das zur Entfernung des Adenoms ein Teil des Darmes reseziert und zudem ein künstlicher Darmausgang angelegt werden musste, während bei einem frühzeitigen Eingreifen die Abtragung des Adenoms mittels einer Schlinge möglich gewesen wäre, ohne dass Teile des Darms dabei in Mitleidenschaft gezogen worden wären.
Fazit
Hat der angestellte Krankenhausarzt für seine erlaubte Nebentätigkeit eine separate Berufs-Haftpflichtversicherung abgeschlossen, muss er bei Beendigung seiner beruflichen Tätigkeit auf den Abschluss einer Nachhaftungsversicherung achten. Bestand jedoch auch für seine erlaubte Nebentätigkeit Versicherungsschutz über die Betriebs-Haftpflichtversicherung des Krankenhauses, erübrigt sich dies.
Regelung über den BDC-Rahmenvertrag
Die BDC-Rahmenvertragspartner gewähren diesen Versicherungsschutz automatisch und beitragsfrei im Anschluss an die eigentliche Berufshaftpflicht-Versicherung des Arztes. Diese Nachhaftungsdauer beträgt fünf Jahre. Auch im Ruhestand sollte jeder Arzt eine Berufshaftpflicht-Versicherung für die gelegentliche außerdienstliche ärztliche Tätigkeit – das sogenannte Restrisiko – abzuschließen. Versichert sind hierbei u.a. Behandlungen in Notfällen und Erste-Hilfe-Leistungen bei Unglücksfällen, ärztlicher Freundschaftsdienst in Bekanntenkreisen sowie ärztlicher Sonntagsdienst und Notfalldienst. Die Jahresprämie beträgt günstige 83,30 EUR inklusive 19 % Versicherungssteuer.
Autor des Artikels
Ecclesia Versicherungsdienst
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