01.08.2019 Politik
Editorial: Die Mitte: Gedanken zu einem Phänomen
Die Suche nach der Mitte ist ein häufiges Thema nicht nur in der allgemeinen politischen Diskussion. Dabei ist der Begriff „Mitte“ oft nicht eindeutig definiert. In der Politik versteht man unter Mitte eigentlich eher im Sinne einer Umkehrbeschreibung das Gegenteil von rechts und links, wobei letztere gern diskreditiert werden ohne jedoch selber darauf verzichten zu wollen, genau diese Ränder selbst zu besetzen. Im Buhlen um die sogenannte Mitte nehmen sich die Kontrahenten dabei gegenseitig Stimmen ab und erreichen letztlich nichts. Solange Mitte nichts anderes ist als eine unscharfe Begrifflichkeit, besteht die Gefahr, sich in der Mittelmäßigkeit zu verlieren anstatt eine eindeutige und mutige Programmatik in den Fokus des Strebens zu stellen. Es ist wie mit dem Loch, dass auch nur durch seinen Rand beschrieben wird. Esoteriker suchen gerne ihre Mitte, allerdings mit dem Ziel, sich dort zu finden und sich damit selbst genüge zu sein.
Jetzt fragen Sie mit Recht: Was hat das mit dem BDC zu tun?
Lassen Sie mich am Anfang klarstellen, dass wir weder mittelmäßig sind noch solches anstreben. Natürlich muss ein pluralistischer Verband sehen, dass er möglichst allen Gruppen und letztlich auch jedem einzelnen den gewünschten Mehrwert bietet. Es liegt auf der Hand, dass es angesichts durchaus divergierender Interessen von leitenden Ärzten, Oberärzten, Assistenten in Weiterbildung, Niedergelassenen und Studierenden nicht einfach ist, es allen recht zu machen – bitte sehen Sie mir die rein männlichen Bezeichnungen nach. Dazu kommt noch die Vertretung für zehn verschiedene Fachgebiete, die sich intern auch nicht immer grün sind. Der einfachste Weg wäre es zweifellos, ganz rasch die Mitte zu suchen, den eher kleinen gemeinsamen Nenner, und dort bewegungslos zu verharren. Das hat den Vorteil, dass wir niemandem auf die Füße treten und uns als Vorstand des Verbandes in Ruhe zurücklehnen können.
Aber das werden Sie nicht wollen, denn Ihr Benefit der Mitgliedschaft im BDC ist die Stärke des Verbandes, der in der Lage ist, gegenüber Dritten für Ihre Anliegen zu streiten und diese auch durchzusetzen. Das wiederum geht nur in einer permanenten Abwägung des Nutzens für einzelne Gruppen gegenüber einem möglichen Nachteil für andere. Es wird immer wieder Zeiten geben, in denen unsere Aktivitäten Einzelnen nicht gefallen werden, dafür aber einer Mehrheit dienlich sind. Denken Sie bitte daran, dass letztlich unser Ziel darin besteht, die Arbeitsbedingungen für jede einzelne Chirurgin und jeden Chirurgen zu optimieren. Betrachtet man das Ganze über einen größeren Zeitraum, zeigt sich, dass am Ende alle profitieren. Es ist einfach notwendig, mutig gerade auch die Ränder in einem Verband zu binden. Im Ergebnis führt das dann sogar dazu, dass der Kern des BDC, die sogenannte Mitte gestärkt und zum Ausgangspunkt neuer Projekte wird.
Deshalb sage ich Nein zu Mittelmäßigkeit und Verwaltung des Status quo und Ja zu einer offensiven Politik für unsere verschiedenen „Randgruppen“. Sie werden sehen, dass es gelingen wird, die Mitte eindeutig zu definieren und zwar nicht als etwas Abgesetztes, sondern als die Zusammenführung der Ränder. Unsere Mitte ist kein bodenloses Loch, sondern der lebendige Nucleus für Aktivität, Projekte und Strategien für die Zukunft aller Chirurginnen und Chirurgen.
Rüggeberg JA: Editorial: Die Mitte: Gedanken zu einem Phänomen. Passion Chirurgie. 2019 August; 9(08): Artikel 01.
Autor des Artikels
Dr. med. Jörg-Andreas Rüggeberg
Vizepräsident des BDCReferat Presse- & Öffentlichkeitsarbeit/Zuständigkeit PASSION CHIRURGIEPraxisverbund Chirurgie/Orthopädie/Unfallchirurgie Dres. Rüggeberg, Grellmann, HenkeZermatter Str. 21/2328325Bremen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
26.06.2017 Politik
Die Ärzte, das Geld und die Industrie
Mit der neuen „Null-Euro-Ärzte“-Datenbank reitet das Recherchezentrum Correctiv auf der nächsten Welle Interessenkonflikte von Ärzten. Weniger schlagzeilenträchtig, aber dafür fundiert müht sich dagegen die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) mit dem Thema ab. Sie hat kürzlich ihre Empfehlungen zum Umgang mit Interessenkonflikten aktualisiert.
20.06.2017 Politik
Faktencheck Rücken: Wackelige Datenbasis, wackelige Ergebnisse
Zu der von der Bertelsmann Stiftung veröffentlichten Publikation „Faktencheck Rücken – Rückenschmerzbedingte Krankenhausaufenthalte und operative Eingriffe“ nimmt die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU) wie folgt Stellung:
15.06.2017 Politik
Medizinklimaindex: Niedergelassene bewerten ihre Lage zurückhaltender
Die Ärzte in Deutschland beurteilen ihre wirtschaftliche Lage und Zukunft wieder zurückhaltender als in den Vorjahren: Der aktuelle Medizinklimaindex (MKI), den die Stiftung Gesundheit halbjährlich erhebt, bleibt mit -2,7 Punkten deutlich hinter den Frühjahrswerten der vergangenen Jahre zurück (2014: +2,7 / 2015: +6,2 / 2016: +0,2).
09.06.2017 Politik
Ärzte sind offen für die digitale Zukunft der Medizin
In der Ärzteschaft prallen derzeit alte und neue Welt aufeinander. Noch werden Notizen von Medizinern meist handschriftlich verfasst, Mails haben Briefe noch lange nicht ersetzt und die elektronische Patientenakte fristet ein Nischendasein. Aber obwohl sie beim Einsatz digitaler Anwendungen momentan noch zögerlich sind, sehen 7 von 10 Ärzten die Digitalisierung als große Chance für die Gesundheitsversorgung.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.