26.09.2017 Herzchirurgie
DGTHG: Bundesweite herzchirurgische Versorgung durchgängig gesichert
Fachgesellschaft der deutschen Herzchirurgen veröffentlicht neueste DGTHG-Leistungsstatistik mit aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2016
Die Fachgesellschaft der deutschen Herzchirurgen, die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), hat die diesjährigen herzchirurgischen Leistungszahlen, kategorisiert nach Eingriffen und Überlebensraten, für das Jahr 2016 veröffentlicht. Danach ist die Gesamtzahl der Operationen in den 78 Fachabteilungen für Herzchirurgie in Deutschland vom Jahr 2015 auf 2016 um 0,8 Prozent gesunken und liegt bei 103.128 (2015:103.967). Nach Eingriffskategorien differenziert, zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen.
Zählt man die Herzschrittmacher- und Defibrillator-Eingriffe, sowie die Operationen der herznahen Hauptschlagader ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine dazu, summiert sich die Anzahl auf 130.345 (Eingriffe im Jahr 2015: 128.175), die die rund 930 in Deutschland tätigen Herzchirurgen vorgenommen haben.
Trotz der jährlichen Zunahme älterer Patienten in den herzchirurgischen Fachabteilungen – 37,1 % waren im vergangenen Jahr 70-79 Jahre alt und 15,7 Prozent 80 Jahre und älter – und dem damit häufigeren Vorhandensein von Begleiterkrankungen – blieben die Krankenhaus-Überlebensraten in den einzelnen Eingriffskategorien durchweg stabil.
Herzchirurgische Standorte flächendeckend verteilt
Die Anzahl der Zahl der Fachabteilungen für Herzchirurgie bleibt konstant. „Die 78 Fachabteilungen verteilen sich in Abhängigkeit der regionalen Bevölkerungsdichte über die gesamte Bundesrepublik. Angesichts der nachgewiesen durchgängigen und flächendeckenden Patientenversorgung und der aktuellen Behandlungszahlen ist keinerlei Notwendigkeit für die Einrichtung weiterer Fachabteilungen für Herzchirurgie erkennbar“, erklärte Privatdozent Dr. Wolfgang Harringer, Präsident der DGTHG.
Koronar-Bypass-Operationen: Marginale Abnahme
Ein Rückgang der isolierten und kombinierten koronaren Bypass-Operationen ist gegenüber dem Vorjahr (2015) zu verzeichnen. So veränderte sich die Anzahl marginal von 50.114 im Jahr 2016 gegenüber 51.941 im Vorjahr (2015). Hintergrund dieser seit Jahren zu verzeichnenden Entwicklung ist, dass die `Koronare Herzkrankheit´ (KHK) in steigendem Maße durch eine Katheterintervention mit Einsetzen eines Stents behandelt wird. Dies ist nur bedingt nachvollziehbar, da die Ergebnisse diverser medizinischer Studien zeigen, dass die koronare Bypass-Operation bei Befall mehrerer Herzkranzgefäße sowie bei komplexeren Verengungen der Herzkranzgefäße für den Patienten sowohl in Hinblick auf die Überlebensrate als auch auf die Lebensqualität die bessere Wahl sind. Zudem spiegeln sich diese Erkenntnisse auch in den aktuellen Empfehlungen wissenschaftlich-medizinischer Leitlinien wie der Nationalen Versorgungsrichtlinie „Chronische Koronare Herzkrankheit“ nachvollziehbar wieder. „Wir begrüßen ausdrücklich ein verbindlich strukturiertes Herzteam-Konzept; dies im Hinblick auf alle Therapieverfahren in der Herzmedizin. Für die Behandlung der Koronaren Herzkrankheit gibt es aus Sicht der Herzchirurgen noch weiteres Verbesserungspotential“, betont Wolfgang Harringer.
Zahl der Herzklappeneingriffe steigt weiter an
Europaweit gehört die Verengung der Aortenklappe (Aortenklappenstenose) zu den häufigsten Herzklappen-erkrankungen, die verschleißbedingt, insbesondere im hohen Lebensalter, auftritt. „Die Aortenklappenstenose ist derzeit die häufigste invasiv therapierte Herzklappenerkrankung, gefolgt von der Mitralklappeninsuffizienz“, erklärt Wolfgang Harringer. Insbesondere durch den Einsatz kathetergestützter Therapieverfahren steigt die Zahl der Eingriffe bei Patienten mit erworbenen Defekten der Herzklappen seit Jahren spürbar an. Wurden 2015 noch 32.346 Herzklappen-Operationen gezählt, waren es im vergangenen Jahr bereits 33.451– eine Steigerung von ca. 3,4 Prozent.
Der überwiegende Teil der Herzklappen-Operationen betrifft die Aortenklappe. Bei allein 10.879 Patienten wurde ein isolierter herzchirurgischer Aortenklappenersatz im Jahr 2016 in Deutschland durchgeführt (2015:11.183). Die Krankenhaus-Überlebensrate zeigt mit ca. 97 Prozent seit mehreren Jahren ein bemerkenswert konstantes Niveau. In weiteren 1.401 Kombinations-Eingriffen wurde die Aortenklappe ersetzt und gleichzeitig auch die Mitralklappe rekonstruiert oder ersetzt.
Die Zahl der in der DGTHG-Leistungsstatistik erfassten kathetergestützter Aortenklappenimplantationen lag für das Jahr 2016 bei 10.879 (2015: 9.831). Allerdings erfasst die DGTHG-Leistungsstatistik für diese Kategorie nur diejenigen Eingriffe, die aus den Fachabteilungen für Herzchirurgie übermittelt wurden. Seit Juli 2015 gilt in diesem Behandlungskontext die „Richtlinie minimalinvasive Herzklappeninternventionen“ des Gemeinsamen Bundesausschusses, die für die Patientensicherheit im Zusammenhang mit diesen Verfahren, Struktur-, Prozess- und Personalvoraussetzungen verbindlich festlegt.
Bei den 6.217 (2015: 6.027) isolierten Mitralklappen-Operationen setzte sich der Trend der letzten Jahre fort: Bei rund zwei Drittel bzw. 62,9 Prozent der Operationen konnte die patienteneigene Mitralklappe rekonstruiert werden (3.908 Rekonstruktionen). In den übrigen Fällen wurde die Mitralklappe durch eine Prothese ersetzt. Dies auch vor dem Hintergrund, dass nicht jeder Herzklappenfehler für eine Rekonstruktion zugänglich ist. Auch die In-Hospital-Überlebensraten zeigen seit Jahren ein konstant hohes Niveau von ca. 98 Prozent für die Rekonstruktionen.
Anzahl von Herztransplantationen weiterhin bedenklich niedrig
Nahezu keine Änderung konnte die herzchirurgische Fachgesellschaft bei der Zahl der Herztransplantationen verzeichnen. So wurden 2016 insgesamt 291 Herztransplantationen durchgeführt werden, nachdem im vorvergangenen Jahr nur 283 Herz-Transplantationen vorgenommen werden konnten. Gegenüber dem Rekordjahr 1998, in dem der vorläufige Höchststand mit 526 Herztransplantationen erreicht worden war, ist das aktuelle Niveau dennoch mehr als bedenklich und seit Jahren im Abwärtstrend. Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist die zurückgehende Bereitschaft der Bevölkerung zur Organspende. Ein deutliches Zeichen setzen die Herzchirurgen mit ihrem persönlichen Bekenntnis zur Organspende auf ihrer diesjährigen Jahrestagung in Leipzig. „Wir haben nach wie vor einen sehr großen Mangel an Spenderherzen“, erklärt Herzchirurg Harringer und ruft dazu auf, sich mit dem Thema Organspende weiter differenziert auseinanderzusetzen.
Um Patienten mit Herzschwäche im Endstadium am Leben halten zu können, bis ein für sie geeignetes Spenderorgan zur Verfügung steht, kommen Herzunterstützungssysteme zum Einsatz: Die Zahl der implantierten Herzunterstützungssysteme ist deutlich von 350 im Jahr 2005 auf 1.001 im vergangenen Jahr angestiegen, wobei die Systeme, die entweder die linke oder die rechte Herzkammer unterstützen, bei mehr als 90% der Patienten zum Einsatz kommen.
„Erfreulicherweise werden die Herzunterstützungssysteme immer kleiner, leistungsfähiger und einfacher in der Handhabung. Allerdings wird es nach heutigem Stand noch eine längere Zeit dauern, bis künstliche Systeme einem transplantierten Herz zumindest gleichwertig sind. Dies zeigt sich auch daran, dass die Zahl der sogenannten Kunstherzen, die das menschliche Herz in toto nur bei sehr speziellen Indikationen ersetzen, äußerst selten Verwendung finden, und somit nur eine untergeordnete Rolle spielen“, so DGTHG-Präsident Harringer.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Luisenstraße 58/59, 10117 Berlin, www.dgthg.de, 22.09.2017
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