01.06.2021 Politik
Deutscher Ärztetag 2021
GESUNDHEITSVERSORGUNG ZUKUNFTS- UND KRISENFEST MACHEN
Mit großer Mehrheit beschlossen die Delegierten des 124. Deutschen Ärztetages am 4. und 5. Mai 2021 den Leitantrag der Bundesärztekammer zu den Lehren aus der Corona-Pandemie. Demnach sollten Bund und Länder nun aus den identifizierten Schwachstellen des Gesundheitswesens die Konsequenzen ziehen und die Gesundheitsversorgung zukunfts- und krisensicherer aufstellen. Dazu gehören auch folgende Maßnahmen:
Kommerzialisierung bremsen
„Menschen statt Margen“ – mit diesem Slogan erteilte der Ärztetag einem rein betriebswirtschaftlichen Denken im Gesundheitswesen eine klare Absage. Krankenhäuser seien Einrichtungen der Daseinsvorsorge und keine Industriebetriebe, die sich nur an Rentabilitätszahlen ausrichteten. Im ambulanten Bereich häuften sich die Übernahmen von Arztpraxen durch Fremdinvestoren. Das berge die Gefahr, medizinische Entscheidungen stark an kommerziellen Überlegungen auszurichten. Man müsse die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens – konkret: die flächendeckende Krankenhausversorgung und die starke ambulante hausärztliche und fachärztliche Versorgung – erhalten und ausbauen, statt es auf reine Kosteneffizienz zu trimmen.
Krankenhausplanung patientengerechter gestalten
Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass Personalressourcen und Reserven in der Krankenhausplanung sachgerechter definiert und finanziert werden müssten. Bedarf und Ressourcen seien prospektiv zu ermitteln und in der Planung zu berücksichtigen. Bei den Investitionen brauche man eine dauerhafte additive Kofinanzierung durch den Bund. Bei den Betriebsmitteln müsse man einen fallzahlabhängigen Vergütungsanteil durch eine erlösunabhängige pauschalierte Komponente zur Deckung fallzahlunabhängiger Vorhaltekosten ergänzen.
Krisenunterstützung von Arztpraxen gesetzlich festschreiben
Konsequenzen durch die Corona-Pandemie zeigten sich insbesondere auch in den veränderten Abläufen der Arztpraxen. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte behandelten die meisten Covid-19-Patienten. Um den ambulanten Sektor leistungsfähig zu erhalten, sei für den Bedarfsfall der eingeführte Schutzschirm dauerhaft im Sozialgesetzbuch V (SGB V) zu verankern.
Digitalisierung sinnvoll vorantreiben
„Mit Sorge“ sehe man bei der Digitalisierung eine „überhastete und vor allem politisch motivierte, viel zu enge Taktung“. Das Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG, vom Bundestag am 6.5.2021 beschlossen) sei schon das dritte zur Digitalisierung im Gesundheitswesen in der laufenden Legislatur. Diese Geschwindigkeit berge „die große Gefahr“, Praktikabilität und Patientensicherheit zu vernachlässigen. Vor allem müsse man Sanktionen streichen, die den ärztlichen Bereich betreffen, und Anwendungen verschieben, die nicht direkt der medizinischen Versorgung dienten.
Medizinstudium attraktiver machen
Auch der wachsende Fachkräftemangel im Gesundheitswesen sei bedenklich. Zu einer erfolgreichen Nachwuchsförderung gehörten genügend Studienplätze sowie eine moderne und qualitativ hochwertige Ausbildung. Der Ärztetag befürwortete zwar die Pläne der Bundesregierung, das Medizinstudium mit einer Reform der Ärztlichen Approbationsordnung an sich ständig verändernde Versorgungsstrukturen, die demografische Entwicklung und die Dynamik der Digitalisierung anzupassen. Dies dürfe aber nicht zu einer kontraproduktiven Ausbildungsverdichtung führen. Um junge Ärztinnen und Ärzte nach der Facharztweiterbildung in der kurativen Medizin zu halten, brauche es attraktive berufliche Rahmenbedingungen in Kliniken und Praxen.
Weitere wichtige Entscheidungen des Deutschen Ärztetages betrafen die Streichung des strikten Verbotes der Suizidhilfe aus der Musterberufsordnung und die Einführung einer Facharzt-Weiterbildung „Innere Medizin und Infektiologie“ im Gebiet Innere Medizin. Gerade für Letzteres hatte sich der BDC nachdrücklich ausgesprochen.
Hier können Sie das Beschlussprotokoll zum 124. Deutschen Ärztetag einsehen. www.bundesaerztekammer.de/aerztetag/
Autor des Artikels
Holger Wannenwetsch
Presse- und ÖffentlichkeitsarbeitBerufsverband der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC) kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
04.10.2017 Krankenhaus
Entlassrezept ab 1. Oktober 2017 im Krankenhaus
Ab 1. Oktober 2017 können Klinikärzte ihren Patienten bei deren Entlassung aus dem Krankenhaus ein Rezept über benötigte Arzneimittel zur Einlösung in öffentlichen Apotheken ausstellen und mitgeben. Damit wird eine Regelung des Versorgungsstärkungsgesetzes aus dem Jahr 2015 umgesetzt.
02.10.2017 Krankenhaus
BG Kliniken stellen Tarifverträge für Ärzte in Frage
Die dritte Verhandlungsrunde zwischen dem Marburger Bund und dem Klinikverbund der gesetzlichen Unfallversicherung (BG Kliniken) ist ohne greifbares Ergebnis geblieben. Die Arbeitgeberseite weigerte sich strikt, über jene Sicherungsmechanismen für Tarifverträge zu verhandeln, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Tarifeinheitsgesetz ausdrücklich aufgezeigt hat.
01.10.2017 Politik
EU-Leitlinie für die umsichtige Verwendung antimikrobieller Mittel in der Humanmedizin
Die Kommission betrachtet die Resistenz gegen antimikrobielle Mittel als vorrangiges Problem und nahm im Jahr 2011 einen Aktionsplan zur Abwehr der steigenden Gefahr der Antibiotikaresistenz an. Wichtige Ziele dabei waren Fortschritte in Richtung einer umsichtigen Verwendung antimikrobieller Mittel bei Menschen und Tieren. Im Jahr 2015 wurden Leitlinien für die umsichtige Verwendung von antimikrobiellen Mitteln in der Veterinärmedizin veröffentlicht.
01.10.2017 Aus- & Weiterbildung
Berufspolitische Themen im Fachbereich Thoraxchirurgie
diejenigen unter Ihnen, die bereits Mitglieder im BDC sind, haben offensichtlich im Rahmen einer Entscheidungsfindung erkannt, wie wichtig aktive Berufspolitik ist. Der BDC ist der größte chirurgische Berufsverband in Europa. Da drängt sich zwangsläufig die Frage auf, welche spezifischen Themen im Referat Thoraxchirurgie für eine zahlenmäßig vergleichsweise kleine Berufsgruppe als relevant erachtet werden.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.