01.03.2012 Aus-, Weiter- & Fortbildung
Dem Umgang mit Nichtwissen auf der Spur
Wie gehen Chirurginnen und Chirurgen mit Nichtwissen um? Welche Faktoren behindern bzw. fördern einen guten Umgang mit Nichtwissen?
Genau diese Fragen werden seit März 2012 von den beiden Sozialwissenschaftlerinnen Prof. Dr. Maximiliane Wilkesmann und Dipl. Soz.-Wiss. So Rim Jang von der TU Dortmund in einem Projekt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird, erforscht.
Während in der jüngsten Vergangenheit hauptsächlich zum Thema Wissen debattiert wurde, stellt die Erforschung des Umgangs mit Nichtwissen nach wie vor einen blinden Fleck dar. Die beiden Forscherinnen interessiert dabei besonders, wie Ärztinnen und Ärzte mit ihrem Nichtwissen umgehen und von welchen Faktoren der Umgang abhängt. Die Berufsgruppe der Ärztinnen und Ärzte eignet sich besonders gut, Umgangstrategien mit Nichtwissen näher zu erforschen, da sie durch die universitäre Ausbildung und ihre besondere Berufspraxis – im Gegensatz zu vielen anderen Berufsgruppen – sehr viel Wissen besitzen. Darüber hinaus zeigt die Behandlungspraxis, dass ärztliches Handeln immer wieder an bestimmte Wissensgrenzen gerät. Nichtwissen ist dabei keinesfalls mit einer negativen Bedeutung verbunden, denn der Umgang mit Nichtwissen ist auch ein wichtiger Motor des wissenschaftlichen Fortschritts. Einerseits sucht man häufig nach neuen Wirkstoffen oder Therapiekonzepten, die noch nicht verfügbar sind, um bestimmte Krankheiten zu heilen. Andererseits führt manchmal der wissenschaftliche Fortschritt in der Medizin zu neuen Therapiekonzepten, mit denen sich zwar bestimmte Krankheiten heilen lassen, diese aber wiederum mit unbekannten Nebenwirkungen verbunden sind. Kurzum: Neues Wissen produziert immer auch neues Nichtwissen.
Da die beiden Forscherinnen mit diesem Projekt Grundlagenforschung betreiben und Neuland betreten, haben sie von April bis August letzten Jahres zunächst mit 43 Ärztinnen und Ärzten Interviews durchgeführt. Im Fokus standen zum einen Ärztinnen und Ärzte unterschiedlicher Fachdisziplinen mit ihren arbeitsorganisatorischen Besonderheiten (Chirurgie, Anästhesiologie, Innere Medizin und Pathologie). Zum anderen wurde bei den Interviews darauf geachtet, dass Personen aus unterschiedlichen Hierarchieebenen und verschiedenen Krankenhaustypen interviewt wurden. Auf Grundlage dieser Daten wurde in den letzten Monaten Fragen für eine deutschlandweite Online-Befragung entwickelt, um auf diese Weise verallgemeinerbare Aussagen zu Umgangsstrategien von Ärztinnen und Ärzten in Krankenhäusern mit Nichtwissen und deren Einflussfaktoren treffen zu können.
Das DFG-Forschungsprojekt wird sowohl vom BDC, als auch von den Berufsverbänden der anderen Facharztgruppen (Berufsverband Deutscher Anästhesisten e.V., Berufsverband Deutscher Internisten e.V. und dem Bundesverband Deutscher Pathologen e.V.) aktiv unterstützt.
Es wird an dieser Stelle schon einmal darauf hingewiesen, dass alle Angaben nach den DFG-Standards guter wissenschaftlicher Praxis streng vertraulich behandelt werden und das Erkenntnisinteresse ausschließlich in Gruppenvergleichen liegt (z. B. nach Geschlecht, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hierarchieebene, Beschäftigung in einem bestimmten Krankenhaustyp), so dass Rückschlüsse auf einzelne Personen nicht interessieren.
Ziel ist es, mit Hilfe der Ergebnisse mögliche Optimierungsbereiche von organisatorischer Seite aufzudecken. Darüber hinaus werden die Ergebnisse wichtige verbandspolitische Rückschlüsse für einen positiven Umgang mit Nichtwissen in der Organisation Krankenhaus ermöglichen. Umso wichtiger ist es, dass Sie die Erforschung des Umgangs mit Nichtwissen mit Ihrer Teilnahme unterstützen.
Erste vergleichende Ergebnisse der Studie werden schon im Sommer dieses Jahres über die fachärztlichen Publikationsmedien vorgestellt.
Wilkesmann M. / Jang S. R. Dem Umgang mit Nichtwissen auf der Spur. Passion Chirurgie. 2012 Februar; 2(02): Artikel 03_02.
Autoren des Artikels
Prof. Dr. Maximiliane Wilkesmann
Juniorprofessur SoziologieWirtschafts- und Sozialwissenschaftliche FakultätTechnische Universität DortmundOtto-Hahn-Str. 644221Dortmund kontaktierenSo Rim Jang
Wissenschaftliche MitarbeiterinWirtschafts- und Sozialwissenschaftliche FakultätTechnische Universität DortmundOtto-Hahn-Str. 644221Dortmund kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
27.08.2019 Akademie aktuell
Alles neu beim Workshop „Chirurgische Anatomie“
Der Anatomie-Workshop findet in diesem Jahr zum ersten Mal in Aachen statt – unter neuer wissenschaftlicher Leitung und mit neuen Inhalten. In einem eintägigen Workshop für Berufseinsteiger werden zusammen mit dem Anatomischen Institut der Universität Aachen an Körperspendern die gesamte Oberflächenanatomie rekapituliert und alle chirurgischen Zugangswege an Stamm und Extremitäten anatomisch präzise erklärt und in Kleingruppen geübt.
21.08.2019 Aus- & Weiterbildung
„Die Ausbildungsbedingungen müssen sich in allen Regionen verbessern“
Dr. Benedikt Braun, stellv. Leiter des Themen-Referats Nachwuchsförderung des BDC steht Rede und Antwort zum Thema „Work-Life-Balance“
09.08.2019 CME-Artikel
CME Artikel: Aktualisierte KRINKO-Empfehlung zur Prävention postoperativer Wundinfektionen (Stand 2018)
Ein optimales Hygiene-Management ist eine wichtige Grundlage für komplikationsarme operative Eingriffe. Gleichwohl muss der Aufwand dafür in einem vernünftigen Verhältnis zu den erhofften Effekten stehen, da die personellen und finanziellen Ressourcen für Hygienemaßnahmen begrenzt sind. Die 2018 überarbeiteten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut beinhalten dazu zahlreiche grundlegende Änderungen und Klarstellungen.
01.08.2019 Aus-, Weiter- & Fortbildung
Deutscher Rhinoplastik-Kongress in Frankfurt
Am 24. und 25. Mai 2019 fand in Frankfurt der 1. Deutsche Rhinoplastik-Kongress statt – eine Premiere. Zum ersten Mal sind Spezialisten der deutschen Nasenchirurgie aus der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, der Plastischen & Ästhetischen Chirurgie sowie der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie zu einem gemeinsamen Kongress zusammengekommen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.