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Können demnächst sportmedizinisch erfahrene Allgemeinmediziner die Arbeitsunfälle der Profisportler behandeln?

Mit dem sogenannten M-Arzt (Mannschaftsarzt)-Verfahren startete am 1.Januar 2016 ein Pilot-Projekt der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), welches eine besondere ärztliche Versorgung von Profi-Sportlern gewährleisten soll. Das Projekt soll offenbar vor allem den bisherigen H-Ärzten, die berufsgenossenschaftlich versicherte Profi-Sportler betreuen und schon Mannschaftsärzte waren, eine Zukunfts-Perspektive bieten. Es ist auf drei Jahre begrenzt und ausdrücklich auf diesen engen Personenkreis von M-Ärzten und Berufssportlern begrenzt.

Tab. 1: Persönliche Voraussetzungen für die Beteiligung am M-Arzt-Verfahren (Quelle: http://www.vbg.de, abgerufen 3.1.2016)

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Die strukturellen Voraussetzungen für die beteiligten Ärzte entsprechen denen des zum 31 Dezember 2015 ausgelaufenen H-Arzt-Verfahrens. Die persönlichen Anforderungen wurden allerdings gegenüber dem H-Arzt-Verfahren reduziert: Somit steht das Verfahren auch Ärzten offen, die nicht über eine Facharztbezeichnung „Orthopädie und Unfallchirurgie“ oder „Chirurgie mit Schwerpunkt/Teilgebiet Unfallchirurgie“ oder „Orthopädie“ verfügen. Vielmehr wird ersatzweise auch der Nachweis einer zweijährigen unfallmedizinischen Tätigkeit an einer mit einem Durchgangsarzt besetzten Krankenhausabteilung anerkannt (Tab. 1).

Tab. 2: Weitere Regularien für die beteiligten M-Ärzte (Quelle: http://www.vbg.de), abgerufen 3.1.2016)

Für die Teilnahme am M-Arzt-Verfahren gelten die folgenden Regularien:
  • Erfüllung der M-Arzt-Anforderungen
  • Benennung des Arztes durch einen Sportverein für eine Mannschaft des Vereins mit beschäftigten gesetzlich unfallversicherten Sportlern (Der M-Arzt darf durch maximal zwei verschiedene Vereine benannt werden. Pro Mannschaft eines Vereins dürfen höchstens zwei M-Ärzte benannt werden.)
  • Verpflichtung zur Durchführung von Präventionsmaßnahmen in der entsprechenden Mannschaft
  • Durchführung  der Heilbehandlung in mindestens 1/3 aller behandlungsbedürftigen  Unfallverletzungen in der entsprechenden Mannschaft (Die Vergütung für ärztliche Leistungen des M-Arztes richtet sich nach der jeweils geltenden Fassung der UV-GOÄ)
  • erfolgreiche Te ilnahme an einer 1,5 tägigen Schulungsveranstaltung der VBG (Die Einladung hierzu erfolgt nach Prüfung Ihres Antrags durch die VBG)
  • vertragliche Vereinbarung mit der VBG bezüglich der zu erfüllenden Regularien

Daneben bestehen allerdings hohe Anforderungen an die sächliche und personelle Ausstattung der Praxis, die die bisherigen H-Arzt Anforderungen wiederspiegeln.

Dies eröffnet grundsätzlich auch Allgemeinmedizinern Zugang zur Behandlung und Betreuung von Arbeitsunfallverletzten. Zusätzlich werden weitergehende sportmedizinische Qualifikationen und Verpflichtungen gefordert und es wird ein Engagement in der Prävention von Verletzungen des betreuten Sportvereins vorausgesetzt (Tab. 2).

Die Abrechnung und Vergütung der ärztlichen Leistungen entspricht der des bisherigen H-Arzt-Verfahrens und sieht grundsätzlich die Sätze der allgemeinen Heilbehandlung vor. Ausgenommen sind wie schon zuvor im H-Arzt-Verfahren bestimmte mittelschwere Verletzungen, deren Behandlung mit dem Satz der besonderen Heilbehandlung abgerechnet werden können.

Die Vorstellungspflicht bei einem D-Arzt besteht wie bisher zum Beispiel bei Verrenkungen des Schulter- und Kniegelenkes, was die Attraktivität des Verfahrens für operativ tätige Sportärzte einschränken dürfte. Allerdings gibt es hier – wie auch für D-Ärzte – stets die Möglichkeit, mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger individuelle Ausnahmen zu vereinbaren.

Vonseiten der D-Ärzte wird das M-Arzt-Verfahren aus folgenden Gründen skeptisch beurteilt:

  • Die Absenkung der persönlichen Voraussetzungen für die Beteiligung wird strikt abgelehnt.
  • Eine Aufweichung der Vorstellungspflicht beim D-Arzt beschneidet deren Kompetenzen.
  • Durch die „Hintertür“ wird das abgeschaffte H-Arzt-Verfahren teilweise fortgeführt.
  • Die Fallzahlen von D-Ärzten haben sich durch die Umwandlung von H-Arzt-Sitzen in D-Arzt-Zulassungen in manchen Regionen ohnehin schon vermindert und können zu Problemen mit der Mindestfallzahl führen. Eine weitere Ausdünnung der Fallzahlen durch ein Parallel-Verfahren könnte diesen Trend verstärken.
  • Das Modellprojekt stellt einen Bruch mit dem einheitlichen D-Arzt-Verfahren dar und könnte weiteren Selektiv-Verträgen Tür und Tor öffnen.
  • Es fehlt auch an Transparenz, weil für das M-Arzt-Verfahren das DALE.UV-Verfahren nicht angewendet wird.

Dem Vernehmen nach beurteilt auch die DGUV das nicht abgestimmte Pilotprojekt der Verwaltungs-BG mit Skepsis. Das M-Arzt-Verfahren startet am 1.Januar 2016 und ist zunächst auf drei Jahre begrenzt. Die Anzahl der „M-Ärzte“ dürfte gering sein, es werden Zahlen zwischen 30 und 80 potenziell beteiligten M-Ärzten genannt. Auch die Fallzahlen dürften kaum ins Gewicht fallen. Trotzdem werden wir die weitere Entwicklung kritisch beobachten, bewerten und hier darüber berichten.

Kalbe P. / Kübke R. Das neue M-Arzt-Verfahren der Verwaltungs-BG.Passion Chirurgie. 2016 Februar; 6(02): Artikel 06_01.

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Dr. med. Peter Kalbe

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Dr. med. Rainer Kübke

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