„Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn“ stand auf dem Plakat auf dem Charité Campus. Das passte zu dem Gefühl, das sich während meines PJ-Aufenthaltes in Peru entwickelt hatte: Ich gebe der Chirurgie eine Chance – ich muss es ausprobieren. Ursprünglich wollte ich in Peru hauptsächlich Spanisch lernen und Berufserfahrung in einem Entwicklungsland sammeln. Dass ich aber auch die Begeisterung für die Chirurgie mit nach Hause bringen würde, hätte ich vorher nicht gedacht.
Ich meldete mich also an – beim Workshop „Chirurgie zum Mitmachen“ in Berlin. Das muss ungefähr 2009 gewesen sein. Es ist somit schon einige Jahr her und an alle Einzelheiten des Workshops kann ich mich nicht mehr erinnern, aber was mir auf jeden Fall im Gedächtnis geblieben ist: Es hat Spaß gemacht – besonders das laparoskopische Training mit Gummibärchen und Streichhölzern! Der Workshop hat mich emotional darin bestärkt, mich im Fachbereich Chirurgie auszuprobieren und an meinem neuen Plan festzuhalten.
Vor dem chirurgischen PJ in Peru hatte ich mich eher in einem immunologischen Fach der Inneren Medizin oder in der Neurologie gesehen. Über Chirurgie hatte ich noch nicht einmal nachgedacht – und so hatte ich mich auch nicht um ein chirurgisches Netzwerk in Deutschland gekümmert. Zurück aus Peru mit der neuen Liebe Chirurgie im Gepäck kam der Workshop genau richtig, um dies zu tun und von Chirurginnen und Chirurgen Einblicke zu erhalten, die mich in meinem neuen Ziel bestärken oder auch davon abbringen würden. Im Rahmen des Workshops habe ich einen meiner späteren Oberärzte kennengelernt, was vielleicht ein eleganter Türöffner für meine erste Stelle gewesen ist.
Und heute? Für mich hat sich dieses Jahr ein schöner Kreis geschlossen. Im Frühjahr habe ich meinen Facharzt für Allgemeinchirurgie gemacht und war vor Kurzem wieder bei einem Workshop „Chirurgie zum Mitmachen“ – dieses Mal als Referentin, mit einem Vortrag zur Minimalinvasiven Chirurgie. Nach wie vor halte ich den praktischen Teil des Workshops für „den Star des Tages“. Denn das Handwerk macht die Chirurgie so einmalig. Das ist es auch, was unentschlossene oder auch zögernde interessierte Studierende letztendlich fasziniert, ChirurgIn zu werden. Deshalb könnte der praktische Teil bei den Workshops in meinen Augen sogar noch ausgebaut werden.
Ich hoffe, dass der BDC weiterhin diese Workshops veranstalten wird. Das Angebot, Chirurginnen und Chirurgen und auch unterschiedliche chirurgische Karrierewege in diesem Rahmen kennenzulernen und wirklich mit den eigenen Händen zu arbeiten, kann bei vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Hemmschwelle zur Chirurgie verringern.
Wahrscheinlich hätte ich auch ohne den Workshop meinen Weg in die Chirurgie gefunden. 100-prozentig kann ich aber sagen, dass ich genau zum richtigen Zeitpunkt daran teilgenommen habe. Ich würde ihn auch jedem Studierenden empfehlen, der Chirurgie für sich in Betracht zieht. Letztlich glaube ich, dass man es einfach ausprobieren muss – fühlen und erfahren, ob es einem liegt. Dafür kann „Chirurgie zum Mitmachen“ ein erster und sehr wichtiger Schritt sein.
Was hat die beiden Chirurgen Wolfgang Müller-Osten und Karl Hempel bewegt, im Jahr 1985 für den Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC) eine Akademie zu gründen? Es war die Vision einer überregionalen Einrichtung, die für die klinisch tätigen Chirurgen aktuelle und gleichzeitig praxisnahe chirurgische Fort- und Weiterbildung anbietet. Die Vision ist bis heute geblieben, die Struktur und das Angebot der BDC|Akademie haben sich in den vergangenen 35 Jahren grundlegend geändert.
Jubiläen sind stets auch Anlass für eine Rückschau und Bewertung von Entwicklungen. Standen in meinem Beitrag im Chirurg BDC im April 2010 (www.bit.ly/Kalbe04-10) zum 50-jährigen Jubiläum des BDC noch die speziellen Interessen der niedergelassenen Chirurgen ganz im Vordergrund, so hat sich der Fokus des BDC in den letzten zehn Jahren tendenziell mehr auf die Analyse und Förderung von intersektoralen Versorgungskonzepten verlagert. Dem ist das Referat niedergelassenen Chirurgen formal und inhaltlich durch die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft Beleg- und Kooperationsärzte (AGBeKo) unter der Leitung von Dirk Farghal nachgekommen
Im vergangenen Jahr hat das Projekt „Faires PJ“ der Bundesvertretung der Medizinstudierenden Deutschlands e.V. (bvmd) für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Auch der BDC hat sich verstärkt dem Thema gewidmet: das Themen-Referat Nachwuchs entwickelt aktuell gemeinsam mit dem Perspektivforum Junge Chirurgie und der bvmd ein PJ-Gütesiegel. Wir haben mit Jeremy Schmidt über die aktuellen Entwicklungen gesprochen und gefragt, was sich neben den strukturellen Veränderungen noch alles ändert.
Minimalinvasive Chirurgie ist diesmal das Titelthema, ein Fachgebiet, dessen Behandlungsverfahren sich historisch gegen einigen Widerstand durchsetzen mussten. Der Schlüssel zur Etablierung der minimalinvasiven Chirurgie waren letztlich sorgfältige Studien im Sinne der evidenzbasierten Medizin, die in den letzten Jahrzehnten durchgeführt wurden.
Ein Schwerpunkt dieser Ausgabe ist daher die Analyse minimalinvasiver Behandlungen im Vergleich zu konventionellen Operationsverfahren. Dabei geben wir Ihnen zunächst einen Überblick über das Fachgebiet auf Basis von umfassenden Cochrane-Reviews. Weiterführend stellen Ihnen unsere Autoren dann verschiedene minimalinvasive Operationsmethoden unter dem Gesichtspunkt der evidenzbasierten Medizin im Detail vor.
Außerdem finden Sie in dieser Ausgabe den CME-zertifizierten Weiterbildungsartikel “Laparoskopische Chirurgie von Lebertumoren”.
Informationsmanagement in chirurgischen Abteilungen
Die moderne Medizin erfordert die Zusammenarbeit zahlreicher Berufsgruppen, zwischen denen ein ungehinderter Fluss von validen und klaren Informationen für die Patientensicherheit sowie für Erfolg und Qualtität der Behandlung unabdingbar ist. So ist es nicht überraschend, dass Analysen der Arbeitsprozesse in deutschen Krankenhäusern und Arztpraxen zeigen, dass viele Ärzte und Ärztinnen einen immer größer werdenden Anteil ihrer Arbeitszeit der Organisation, Administration und Dokumentation widmen müssen.
Deshalb haben wir das Thema “Informationsmanagement in chirurgischen Abteilungen” zum Schwerpunkt dieser zehnten Ausgabe gemacht und zeigen Best-Practice-Beispiele und neue Ansätze, um den Herausforderungen in Zukunft gerecht zu werden.
In den Artikeln zum Titelthema geben unsere Autoren einen Einblick in die Informationsstrukturen und den Informationsfluss an verschiedensten Schnittstellen im Krankenhaus. Sie können außerdem einen Eindruck gewinnen, inwieweit ein IT-gestütztes Informationsmanagement zur Entlastung der Ärzte im Umgang mit der Informationsflut beiträgt.
Das traditionsreiche Feld der Proktologie bildet den Themenschwerpunkt dieser Ausgabe der “Passion Chirurgie”. Im Angesicht einer Vielzahl von konkurrierenden Methoden in Diagnostik und Therapie, deren Effektivität oft von der Erfahrung des einzelnen Arztes und der Mitartbeit der Patienten abhängt, ist es besonders wichtig, diese Verfahren durch Studien zu erarbeiten und zu sichern, die den höchsten Standards der evidenzbasierten Medizin entsprechen.
Ein essenzieller Teil und Grundlage dieses Unternehmens sind die Erkenntisse aus der Arbeit der praktizierenden Ärtze im Feld der Proktologie.
In drei ausführlichen Artikeln zum Titelthema geben wir Ihnen daher anhand von Krankheitsbildern wie Hämorrhoidalleiden, perianalen Fisteln und Analekzemen einen anschaulichen Einblick in die Arbeit anerkannter Spezialisten.
Wie immer finden Sie auch in dieser Ausgabe einen CME-zertifzierten Artikel zur Weiterbildung, diesmal zum Thema Pilonidal-Sinus-Erkrankung.
Im Mittelpunkt der Ausgabe 08/2011 der Passion Chirurgie steht die Handchirurgie. Wir stellen Ihnen in zwei ausführlichen Artikeln dieses relativ junge, ausdrücklich interdisziplinär angelegte Fachgebiet vor.
Die detaillierten Analysen zur Therapie von Infektionen und Brandverletzungen der Hand geben einen Einblick in die enge Zusammenarbeit von Ärzten aus Fachgebieten wie der Chirurgie, der Unfallchirurgie, der Orthopädie, der Kinderchirurgie und der plastischen Chirurgie. Sie zeigen auch die Komplexität der aufwändigen, oft schweren und belastenden Arbeit im Bereich der rekonstruktiven Chirurgie.
Auch die Fortbildung steht mit dem CME-zertifiziertem Kurs “Möglichkeiten der Nervenrekonstruktion” in dieser Ausgabe im Zeichen der plastischen Chirurgie und Handchirurgie.