01.10.2024 Politik
Berufspolitik Aktuell: Daumen hoch oder runter?
Im alten Rom hat bekanntlich der Kaiser über das Heben oder Senken seines Daumens über Wohl und Wehe der Gladiatoren entschieden. Nun leben wir erfreulicherweise in einer Demokratie mit ihren durchaus komplexen Entscheidungsprozessen, aber eine Angelegenheit wird dennoch im Rahmen einer Ministerentscheidung geregelt und das ist die Herausgabe einer Rechtsverordnung zur Einführung einer neuen GOÄ (oder eben auch nicht).
Nach acht Jahren intensiver Diskussionen haben sich Ärzteschaft und private Versicherungen einschließlich der Beihilfestellen auf eine neue Gebührenordnung verständigt und zwar sowohl der Legendierungen als auch der Preise sowie der übergeordneten Paragraphen zu Anwendung und Übergangsbestimmungen. Das war stets die Voraussetzung für das Ministerium, sich mit der jetzt erforderlichen Rechtsverordnung zu befassen. Denn anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Systematik und Bepreisung unserer ärztlichen Leistungen keine Verhandlung zwischen den Partnern der Selbstverwaltung, sondern eine staatliche Aufgabe, eben durch Rechtsverordnung des Ministers zu erlassen. Die Bedingung eines gemeinsam konsentierten Leistungsverzeichnisses ist jetzt erfüllt und es gibt keine inhaltliche Ausrede mehr, die Rechtsverordnung zu verweigern.
Wenn der Minister Lauterbach jetzt nicht handelt, hätte dies rein ideologische Gründe und das wird er erklären müssen. Außerdem würde er wortbrüchig (für einen Politiker allerdings kein Problem), denn er hat mehrfach zugesagt, sich bei Vorliegen der geforderten Einigung zwischen PKV und BÄK mit der GOÄ zu befassen. Wir können ihn nicht zwingen, aber wir müssen den öffentlichen Druck erhöhen. Rein theoretisch könnte das Ministerium auch Änderungen an dem vorgelegten Entwurf vornehmen, z. B. die Preise absenken. Aber auch das verlangt dann nach einer plausiblen Erklärung.
Warum brauchen wir überhaupt eine neue private Gebührenordnung?
Das Leistungsverzeichnis der aktuellen GOÄ ist nach mehr als drei Jahrzehnten hoffnungslos veraltet und bildet die inzwischen etablierten neuen Behandlungsmöglichkeiten in keiner Weise ab. Eine Abrechnung solcher innovativen Maßnahmen gelingt nur über abenteuerliche und teilweise abstruse Analogbewertungen und ist damit alles andere als rechtssicher. Dass auch die Vergütung seit Dekaden stagniert, würde kein anderer Berufsstand tolerieren. Der jetzt gefundene Kompromiss setzt teilweise auf völlig neue Ansätze: Gesprächs- und Betreuungsleistungen werden deutlich gefördert. Der ärgerliche Ausschluss von Beratungen neben Sonderleistungen entfällt. Gespräche können in Zukunft in jeder Sitzung abgerechnet werden. Insbesondere die konservativen Leistungen in der Praxis werden deutlich besser vergütet werden. Im Wahlleistungsbereich wird es eine gewisse Umverteilung geben. Die mancherorts geübte Praxis ausgedehnter Kettenabrechnung wird nicht mehr möglich sein, dafür wird die eigentliche Kernleistung besser honoriert. Das dürfte sicher zu einer verbesserten Gerechtigkeit führen. Es sprengt den Rahmen, hier auf Details einzugehen. Trotz grundsätzlicher Kritik hat der BDC sein Einverständnis für eine neue GOÄ signalisiert, allerdings mit der klaren Forderung nach notwendigen Nachbesserungen bei einzelnen Bewertungen. Jetzt ist der Minister gefragt: Daumen hoch oder runter?
Rüggeberg JA: Daumen hoch oder runter? Passion Chirurgie. 2024 Oktober; 14(10): Artikel 05_04.
Autor des Artikels
Dr. med. Jörg-Andreas Rüggeberg
Vizepräsident des BDCReferat Presse- & Öffentlichkeitsarbeit/Zuständigkeit PASSION CHIRURGIEPraxisverbund Chirurgie/Orthopädie/Unfallchirurgie Dres. Rüggeberg, Grellmann, HenkeZermatter Str. 21/2328325Bremen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
31.05.2017 Krankenhaus
Patienten schätzen Spezialkliniken – auch weiter entfernte
Die Frage gilt als äußerst umstrittenen: Bevorzugen Patienten die medizinische Versorgung in direkter Nachbarschaft oder nehmen sie gegebenenfalls lieber die Anreise zu einem auf bestimmte Erkrankungen spezialisierten zentralen Klinikum in Kauf? Der Krankenhaus Rating Report 2017 hat herausgefunden: Krankenhäuser mit einem hohen Spezialisierungsgrad weisen eine signifikant höhere Patientenzufriedenheit auf. Damit zeigt sich, dass ein hoher Grad an Spezialisierung nicht nur bessere medizinische Ergebnisse bringt, sondern auch von den Patienten geschätzt wird.
30.05.2017 Aus- & Weiterbildung
Chirurgische Woche 2017: Ausbildungsplätze für Studenten
Nun schon zum fünften Mal findet dieses Jahr die Chirurgische Woche des Universitätsklinikum Tübingen statt – initiiert durch die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie und den Berufsverband der Deutschen Chirurgen.
29.05.2017 GOÄ
Verhandlungen über neue Gebührenordnung für Ärzte
Der 120. Deutsche Ärztetag in Freiburg hat der Bundesärztekammer in einem mit überwältigender Mehrheit angenommenen Beschluss Rückendeckung für die weiteren Verhandlungen über eine Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gegeben. Die Delegierten begrüßten insbesondere die unmittelbare Einbindung der ärztlichen Berufsverbände und wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften in den Novellierungsprozess.
24.05.2017 Aus- & Weiterbildung
„Für mich war klar, Medizin bedeutet Chirurgie“
Schon zum zehnten Mal haben der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) und der Berufsverband Deutscher Internisten e.V. (BDI) auf das Staatsexamen vorbereitet. Wieder war der Nachwuchs-Kongress „Staatsexamen & Karriere“ sehr gut besucht und Studenten aus ganz Deutschland reisten nach München zur Prüfungsvorbereitung. Richtig, dieses Mal nach München, ein Novum. Auch einer der wissenschaftlichen Leiter war neu beim Kongress dabei: Andreas Kirschniak aus Tübingen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.