01.04.2015 GOÄ
Berechnungsfähigkeit von Durchleuchtungen im Rahmen von operativen Eingriffen
Immer wieder ist die Abrechenbarkeit von intraoperativ durchgeführten Durchleuchtungen Thema des Streits mit privaten Krankenversicherern. Konkret geht es dabei um die Ziffer 5295 GOÄ, deren Leistungslegende gemäß GOÄ wie folgt formuliert ist: „Durchleuchtung(en), als selbständige Leistung“. Unter welchen Voraussetzungen eine Abrechenbarkeit gegeben ist und welche Argumente der Chirurg der privaten Krankenversicherung entgegenhalten kann, zeigt der folgende Artikel auf.
Der rechtliche Hintergrund: Das Zielleistungsprinzip
Gesondert berechnet werden können nur selbständige Leistungen gemäß den Vorgaben der GOÄ. § 4 Abs. 2 a GOÄ normiert, das eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung ist, nicht separat abgerechnet werden kann. Gleiches gilt auch für die zur Erbringung der operativen Leistungen „methodisch notwendigen operativen Einzelschritte“. Dies ist das sogenannte Zielleistungsprinzip, an dem sich der gebührenrechtliche Streit um die gesonderte Berechenbarkeit der Ziffer 5295 GOÄ aufhängt.
Der BGH hat für gewisse Klarstellung gesorgt
Mit Urteil vom 21. Dezember 2006 (Az: III ZR 117/06) hat der Bundesgerichtshof (BGH) betreffend der Ziffer 5295 GOÄ festgestellt, dass eine Durchleuchtung nur als selbständige Leistung abrechenbar sei. Dies sei etwa dann zu verneinen, wenn sie integrierter Bestandteil der Röntgenuntersuchung sei. Die separate Berechenbarkeit sei hingegen zu bejahen, wenn die Durchleuchtung „als weiterführende Methode zur Klärung einer diagnostischen Frage angesetzt“ worden sei. Konkreter ist der BGH hier nicht geworden.
Die Behandlungsdokumentation ist entscheidend!
Somit müsste vom Chirurgen im Vergütungsprozess darzulegen sein, inwieweit die Durchleuchtung im konkreten Behandlungsfall eine weiterführende Methode darstellte und zur Klärung einer diagnostischen Frage eingesetzt wurde. Hier kommt es maßgeblich auf die Behandlungsdokumentation an. Dort sollte explizit festgehalten werden, welche diagnostische Frage sich stellte und inwiefern die Durchleuchtung hierzu weiterführend eingesetzt wurde.
Zu beachten ist, dass die Behandlerseite in einem Vergütungsprozess die Beweislast trägt. Die Beweisaufnahme durch das Gericht erfolgt in aller Regel durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, das fast immer nach Aktenlage erfolgt. Dem Sachverständigen sollten dabei durch Angaben in der Behandlungsdokumentation Begründungsansätze geliefert werden, damit dieser entlang der Vorgaben des BGH die Abrechenbarkeit bejahen kann. Dokumentationsversäumnisse führen regelmäßig zum Prozessverlust.
Keine Abrechenbarkeit bei…
Beispiele dafür, wann die Durchleuchtung lediglich integrierter Bestandteil einer Röntgenuntersuchung ist und somit nicht gesondert berechnet werden kann, werden in der Kommentarliteratur angegeben mit
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-
- Durchleuchtungen bei Magen- und Darmuntersuchungen,
- Gefäßdarstellungen,
- Kontrastmitteldarstellungen der Gelenke,
- Kontrastmittelauffüllung des Bronchialbaumes oder
- auch insofern die Durchleuchtung nur als Einstellhilfe bei einer Standard-Röntgenuntersuchung eingesetzt werde.
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Liegt ein solcher Fall vor, kann die Ziffer 5295 GOÄ nicht in Ansatz gebracht werden.
Diese Argumente können Versicherer nicht entgegengehalten
Teilweise wird von privaten Krankenversicherern eingewandt, die intraoperative Durchleuchtung sei erforderlich gewesen, um die Operation überhaupt lege artis durchführen zu können, weshalb von einem „methodisch notwendigen operativen Einzelschritt“ gemäß § 4 Abs. 2 a S. 2 GOÄ auszugehen und die selbständige Berechenbarkeit zu verneinen sei. Eine solche Argumentation kann jedoch nicht verfangen und es sollte ihr entgegengetreten werden: Durch die medizinische Notwendigkeit einer bestimmten Maßnahme beziehungsweise deren Erforderlichkeit im Rahmen einer lege artis durchgeführten Operation wird die Abrechenbarkeit nicht ausgeschlossen. Dies hat der BGH mehrfach klargestellt. Im Hinblick auf die Begrifflichkeiten ist sauber zu trennen zwischen „medizinisch notwendig“ und „methodisch notwendig“. Nur auf Letzteres kommt es im Rahmen der gebührenrechtlichen Beurteilung an.
Ein weiteres Argument, das bisweilen zur Erstattungsverweigerung vorgetragen wird, ist der Verweis auf den Zusatz „als selbständige Leistung“ in der Leistungslegende zu Ziffer 5295 GOÄ. Hierzu bringen private Krankenversicherer teilweise vor, aus diesem Zusatz seien besondere und hohe Anforderungen an die Selbständigkeit der Leistung als Voraussetzung für die Abrechenbarkeit herzuleiten. Dies ist rechtlich jedoch falsch. Wie der BGH an anderer Stelle (Urteil vom 05. Juni 2008, Az: III ZR 239/07) explizit ausgeführt hat, ist die Angabe „als selbständige Leistung“ in einer Leistungslegende der GOÄ als „an sich überflüssiger Zusatz“ anzusehen. Dies bedeutet: Aus der Tatsache, dass sich in der Leistungslegende zu Ziffer 5295 GOÄ der Zusatz „als selbständige Leistung“ findet, ergeben sich keine besonderen oder höheren Anforderungen an die Selbständigkeit der Leistung verglichen mit anderen Gebührenziffern. Die Selbständigkeit der Leistung als Abrechnungsvoraussetzung wird von der GOÄ ohnehin vorausgesetzt.
Fazit
Wenn die Durchleuchtung nicht lediglich integrierter Bestandteil einer Röntgenuntersuchung ist, sondern als weiterführende Methode eingesetzt wurde, um eine diagnostische Frage zu klären, ist die Ziffer 5295 GOÄ abrechenbar. Für den Fall eines möglichen späteren Vergütungsprozesses sollten allerdings Angaben darüber, welche diagnostische Frage genau es zu klären galt und inwiefern die Durchleuchtung hierzu weiterführend war, in der Behandlungsdokumentation festgehalten werden.
Intraoperative Computernavigation nicht zusätzlich abrechenbar
Anders als eine Durchleuchtung bei Vorliegen der oben dargelegten Voraussetzungen ist nach Klarstellung durch den BGH im Urteil vom 21. Januar 2010 (Az: III ZR 147/09) die intraoperative Computernavigation in keinem Fall gesondert berechenbar. Dem zusätzlichen Ansatz der Ziffer 2562 GOÄ analog hierfür hat der BGH in der dortigen Entscheidung eine klare Absage erteilt und dies damit begründet, dass es sich lediglich um eine besondere Ausführungsart bei einer Operation handele, die theoretischerweise auch ohne Einsatz dieser Technik vorgenommen werden könne. Dass eine Operationsmethode mit intraoperativer Computernavigation zu besseren Ergebnissen führen könne, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Die Berechenbarkeit sei gemäß § 4 Abs. 2 a GOÄ auf Grund des Zielleistungsprinzips ausgeschlossen.
Hammerl S. Berechnungsfähigkeit von Durchleuchtungen im Rahmen von operativen Eingriffen. Passion Chirurgie. 2015 April; 5(04): Artikel 04_01.
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