ENTWICKLUNG DER VERSICHERUNGSPRÄMIEN FÜR NIEDERGELASSENE CHIRURGEN UND BELEGÄRZTE
Seit ca. zwei Jahren beobachten wir in der Arbeitsgemeinschaft der Beleg- und Kooperationsärzte (AG BeKo) und im Referat der niedergelassenen Chirurgen des BDC einen Anstieg der Haftpflicht-Versicherungsprämien für niedergelassene Chirurgen und Belegärzte. Daher war es an der Zeit, dies mit einer Umfrage zu überprüfen.
Bereits zweimal hat sich die Arbeitsgemeinschaft der Beleg- und Kooperationsärzte (AG BeKo) mit dem Thema der steigenden Versicherungsprämien beschäftigt. Auch auf dem Bundeskongress für Chirurgie in Nürnberg 2019 wurde das Problem von uns thematisiert. Ende 2018 starteten wir zusammen mit unserem Kooperationspartner, der ECCLESIA, eine Umfrage zur Entwicklung der Versicherungsprämien für niedergelassene Chirurgen und Belegärzte.
Durch die Geschäftsstelle des BDC wurden alle niedergelassenen Chirurgen, Belegärzte und Kooperationsärzte, die im BDC Mitglied sind, per E-Mail gebeten, an der Umfrage teilzunehmen. 271 Antworten sind danach über die Online-Befragung eingegangen. Die Ergebnisse werden hier dargestellt und erläutert, wobei fehlende Prozent-Angaben durch Rundungsdifferenzen und teilweise fehlende Angaben begründet sind.
Vorweg: Die Einzelpraxis ist mitnichten am Ende, 40,7 % der Antwortenden geben an, in einer Einzelpraxis tätig zu sein, 58,2 % in einer Berufsausübungsgemeinschaft. 75,4 % sind im Krankenhaus in der Chirurgie tätig und nur 14,5 % in einer Orthopädie eingesetzt. In beiden Abteilungen arbeiten 10,1 % der Befragten. (Abb. 1) Von den mit einem Krankenhaus kooperierenden sind fast die Hälfte (49,4%) nur ambulant am Krankenhaus tätig. 19,5 % sind Belegärzte, 17,6 % haben einen Kooperationsvertrag, 15,7 % sind im Rahmen eines Kooperationsvertrages am Krankenhaus angestellt. 8,2 % haben sonstige Kooperationen mit einem Krankenhaus.
Belegärzte haben in der Mehrzahl (63,6 %) zwischen ein und fünf Belegbetten. Dies ist eine wichtige Grenze, da bei mehr als fünf Betten die Versicherungsprämien deutlich steigen. Immerhin 36,4 % der Belegärzte haben mehr als fünf Betten.
Bei Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) arbeiten im Durchschnitt drei Ärzte auf zwei vollen Kassensitzen und durchschnittlich ist ein Arzt angestellt. Niedergelassene Chirurgen, welche an einem Krankenhaus arbeiten, sind in der Mehrzahl (56,7 %) über ihre eigene Haftpflichtversicherung abgesichert, 31,5 % über die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses. (Abb. 2).
Die durchschnittliche Prämie für die Haftpflichtversicherung beträgt bei zusätzlicher Tätigkeit am Krankenhaus für eine Einzelpraxis 5.225 Euro und für eine Berufsausübungsgemeinschaft 10.207 Euro. Der durchschnittliche Beitrag für eine ambulante konservative Praxis beläuft sich auf 1.724 Euro und eine Praxis mit ambulanten Operationen zahlt im Durchschnitt 4.642 Euro im Jahr. Somit scheint das größte Risiko für die Versicherung die operative Tätigkeit zu sein und relativ gering die zusätzliche Arbeit am Krankenhaus. Dies mag daran liegen, dass die Krankenhaustätigkeit zumindest teilweise über deren Haftpflichtversicherung abgedeckt wird.
Mehr als 60 % nutzen einen Gruppenversicherungstarif, der meist deutlich günstiger ist als freie Verträge. 95 % der Verträge haben keine feste Laufzeit ohne Prämiensteigerung.
Die Mehrzahl aller Chirurgen (62,6 %) hat eine Police für ambulante Tätigkeit mit ambulanten Operationen. Rund ein Drittel der niedergelassenen Chirurgen (31,1 %) sind für die ambulante und stationäre Leistungserbringung abgesichert. (Abb. 3) In allen Verträgen sind weitere Tätigkeiten wie Notarzt, Gutachten und/oder in begrenztem Umfang auch kleinere kosmetische Eingriffe mitversichert.
Zweidrittel der Befragten haben eine Summe von weniger als 5 Million Euro bis maximal 7,5 Millionen Euro abgesichert. Hier besteht ein dringender Beratungsbedarf, da somit viele Verträge eine massive Unterdeckung aufweisen. (Abb. 4)
Einen Versicherer zu finden, war für immerhin 20 % der BDC-Befragten ein Problem. Hier entwickelt sich ein ernstes Problem. Der BDC wird dies zusammen mit der ECCLESIA weiter beobachten. Hier kann möglicherweise im Einzelfall ein Gruppenversicherungsvertrag über den Berufsverband einen Ausweg darstellen. Bei 73 % der Versicherten ist es in den letzten fünf Jahren zu Prämiensteigerung gekommen. Interessant ist auch, dass die Mehrheit, rund 60 %, mindestens einmal seit 2013 mit einem Haftpflichtschaden konfrontiert war oder ist, aber nur 31 % von ihrer Versicherung informiert wurden, dass deswegen eine Rückstellung veranlasst wurde. Aber die Hälfte aller Chirurgen in der Niederlassung gibt an, dies an einer Prämiensteigerung bemerkt zu haben. Somit kann festgestellt werden, dass ein Haftpflichtschaden, zumindest die Meldung mit nachfolgender Bildung einer Rückstellung beim Versicherer, im Laufe des Berufslebens sehr wahrscheinlich ist und vermutlich zunehmen wird.
Dazu konnte der BDC in Kooperation mit seinem Versicherungs-Partner erreichen, dass Schadensmeldungen zunächst einer internen rechtlichen Bewertung durch die ECCLESIA unterzogen werden. Somit führt nicht jede Schadensmeldung automatisch zu einer Rückstellung durch den Versicherer und vermeidet unter Umständen Prämienanhebungen.
Zum Schluss der Umfrage konnten die Kolleginnen und Kollegen freie Kommentare einbringen. Dabei wurde mehrfach bestätigt, für wie wichtig das Engagement des BDC für einen bezahlbaren Gruppenvertrag erachtet wird. Immerhin sieben Kollegen geben Versicherungsprämien von mehr als 10.000 Euro an. Wir haben bei der Konzeption der Umfrage leider übersehen, dass derartig hohe Prämien vorkommen können, wenn eine große BAG insgesamt versichert ist oder bei operativen Spezialitäten. So haben zwei Chirurgen Versicherungsprämien von über 20.000 Euro und ein Kollege als plastischer Chirurg sogar 43.000 Euro. Es ist unbedingt erforderlich, dass die steigenden Haftpflichtprämien und damit die steigenden Praxiskosten bei den EBM-Bewertungen berücksichtigt werden.