Unser Format BDC|Schnittstelle präsentiert in regelmäßigen Abständen Persönlichkeiten aus den BDC|Landesverbänden. Heute im Fokus: Dr. Sven Gregor, Vorsitzender des Landesverbands BDC|Nordrhein und Sprecher der Landesverbände seit November 2023.
1. Herr Dr. Gregor, welchen Auftrag haben Sie sich für Ihren Landesverband auf die Fahne geschrieben?
Begeisterung. Wir wollen wieder mehr Chirurginnen und Chirurgen für die Arbeit im BDC gewinnen. Die nächsten Jahre werden die Praxen und Kliniken wie nie zuvor vor neuen Herausforderungen stehen: Demographischer Wandel, Generationenpsychologie, Familienfreundlichkeit, Nachhaltigkeit sind nur einige Themen, mit denen wir uns beschäftigen werden. Außerdem arbeiten wir inzwischen in einem sich schnell und stetig ändernden Umfeld. Die alten Lösungskonzepte sind hier absehbar zum Scheitern verurteilt: Strenge Sektorentrennung, fehlende Kommunikation, sowie alte und verkrustete Strukturen sind überholt. Wir, auch und gerade in der Chirurgie, sind aufgefordert Altes und vor allem auch uns selbst zu hinterfragen, und zukunftsfähiges Neues für die folgenden Generationen in Praxis und Klinik zu gestalten. In diesen Zeiten zu gestalten ist herausfordernd, spannend und wird die Arbeit einer ganzen Generation junger Chirurginnen und Chirurgen prägen.
Wir benötigen einen starken Berufsverband, um die Interessen aller Chirurgen und Chirurginnen auch gegenüber der Gesundheitspolitik zu vertreten.
2. Was stimmt Sie optimistisch? Ich bin Gefäßchirurg. In der Gefäßchirurgie ist es uns durch langwierige, geduldige, gleichzeitig intensive Arbeit über verschiedene, sektoren- und fachgruppenübergreifende Berufsverbände hinweg – natürlich auch mit dem BDC – gelungen, erhebliche Verbesserungen für die Versorgung von Patienten und Patientinnen sowie für die leistungserbringenden Operateurinnen und Operateure in Praxen und Kliniken zu erreichen. Eine echte win-win-win-Situation. Das ist ein einmaliger Vorgang in all den Jahren meiner chirurgischen Tätigkeit. Einem solchen Muster folgend stehen wir in den nächsten Jahren vor riesigen Herausforderungen mit Themen wie etwa Hybrid DRG, Krankenhausreform, sektorenübergreifende Leistungssubstitution. Hier entscheiden andere über uns und unsere Zukunft, aber vor allem über die Zukunft der jüngeren Generationen. Wir müssen Entscheidungen gestalten helfen, damit Patientinnen und Patienten, aber auch die Leistungserbringer, am Ende wirklich profitieren. Die Erfolge in der Gefäßchirurgie haben mich und viele andere sehr motiviert, und ich hoffe, wir können einiges davon auf andere Bereiche übertragen.
Ganz entscheidend sind dabei die ehrenamtlich in ihren Regionen und darüber hinaus arbeitenden Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichen Fächern der Chirurgie. Ohne deren Arbeit wäre keiner der oben genannten beziehungsweise angestrebten Erfolge auch nur denkbar gewesen. Diese Menschen sind der entscheidende Faktor. Es ist das große Glück in der Chirurgie, dass wir über die einzelnen Fächer hinweg über eine Vielzahl von engagierten Menschen verfügen, die bereit und in der Lage sind ein so innovatives und spannendes Fach wie die Chirurgie zu gestalten. Die Zusammenarbeit mit diesen Menschen macht Spaß und bringt uns im besten Fall alle voran. Das macht mich optimistisch für die Zukunft.
3. Was sind Ihre wichtigsten Themen? Kommunikation und Zukunftsfähigkeit. Kommunikation ist ein Schlüssel für Wandel. Das Weltbild der Chirurgie, der Chirurginnen und Chirurgen der Kliniklandschaft und der Medizin in der Niederlassung entspricht nur noch zum Teil dem Umfeld, das über unsere Tätigkeiten bestimmt und entscheidet. So sehr wir untereinander beispielsweise besondere akademische Leistungen schätzen, so wenig interessieren sich möglicherweise Beamte der Selbstverwaltung oder Politik dafür. Wir müssen uns engagieren uns mehr Gehör zu verschaffen, durch viele Gespräche und geduldige Erklärung, auf Augenhöhe und durch harte Arbeit mit, nicht gegen die entscheidenden Institutionen. Die Zukunftsfähigkeit der chirurgischen Praxen und Kliniken wird entscheidend davon abhängen, wie wir es schaffen zu kommunizieren, dass sich unser Selbstbild, aber auch unser Umgang mit anderen glaub-, dauerhaft und stetig zeitgerecht verändert. Daran hängen die Existenzen von Praxen, Kliniken und ihren Mitarbeitenden.
Zukunftsfähigkeit: Ich komme aus einer Generation Chirurgie, in deren Ausbildungszeit Führungsstile und -modelle – und das sage ich mit großem Respekt für meine Lehrer – nicht unüblich waren, die unter heutiger Sichtweise insbesondere der Folgegenerationen als missbräuchlich, ehrverletzend und arbeitsrechtlich hoch bedenklich beschrieben würden. Die Welt hat sich gewandelt, die Chirurgie hat sich gewandelt. Die Chirurgie sollte sich schnell weiter wandeln und entwickeln. In einem so innovativen Fach wie unserem, muss es unser Anspruch sein, bei mindestens elf Jahren Ausbildung der jungen Chirurginnen und Chirurgen nicht nur mit der Zeit zu gehen, sondern diese weit vorauszudenken. Die Industrie, auch die uns begleitende, kann uns da als gutes Beispiel dienen. Hier gilt es schnell zu lernen, und Zukunft zu gestalten.
4. Was wünschen Sie sich für die Gremienarbeit?
Ich würde mich freuen, wenn es uns gelänge, die Anzahl der aktiv in den verschiedenen Gremien des BDC arbeitenden Chirurginnen und Chirurgen zu erhöhen. Es gibt so viel zu tun und wir alle können jede helfende Hand gebrauchen. Das in der Gremienarbeit unerlässliche Wissen der Erfahrenen und deren Hilfe im Detail braucht eine Nachfolge, die deutlich jünger als zum Beispiel ich sein sollte, denn es geht in vielem um die Gestaltung der Zukunft der noch jüngeren Generation. Daher: Begeisterung für Gremienarbeit bei jungen Chirurginnen und Chirurgen zu wecken, das ist mein Ziel.
Dr. Sven Gregor nach seiner Wahl zum Sprecher der BDC|Landesvorsitzenden am 24. November 2023
Kurzporträt Dr. med. Sven Gregor Geboren 1967, bin ich im Rheinland aufgewachsen, habe nach dem Abitur als Zeitsoldat in den Niederlanden gearbeitet, danach in Köln Medizin studiert und bin seit 1996 in der Chirurgie tätig.
Meine klinische Tätigkeit begann im Klinikum Köln Merheim, am II. chirurgischen Lehrstuhl der Universität Köln (Prof. Dr. med. Dr. h.c. H. Troidl), dem späteren Lehrstuhl Chirurgie I der Universität Witten-Herdecke (Prof. Dr. med. M. Heiss). Parallel dazu erfolgte die wissenschaftliche Ausbildung in der biochemischen und experimentellen Abteilung des II. chirurgischen Lehrstuhls der Universität Köln (Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. E. Neugebauer), dem heutigen Institut für operative Forschung in der operativen Medizin (IFOM) der Universität Witten-Herdecke (Prof. Dr. R. Lefering). Ab 2006 habe ich meine gefäßchirurgische Weiterbildung im Evangelischen Krankenhaus Mülheim an der Ruhr komplettiert (Prof. Dr. med. K. Balzer), bevor ich meinen Weg mit wachsender Verantwortung als Oberarzt in der Viszeral- und Gefäßchirurgie im KKH Gummersbach (Prof. Dr. med St. Saad) fortgesetzt habe. Nach meiner folgenden Tätigkeit als leitender Oberarzt der Gefäßchirurgie am Sana Klinikum Remscheid (Dr. med. F. Lepique) habe ich im Januar 2012 eine gefäßchirurgische Praxis in Düsseldorf übernommen.
Neben der vertragsärztlichen Tätigkeit, die auch verschiedene sektorenübergreifende klinische Kooperationen eingeschlossen hat beziehungsweise einschließt, habe ich begonnen projektbezogene Beratungstätigkeiten für verschiedenste Leistungserbringer im Gesundheitswesen (MVZ, ambulante OP-Zentren, Klinikbetreiber, Krankenkassen, Vereinte Nationen) als weiteres Standbein meiner Tätigkeit zu etablieren. In zunehmendem Umfang gehört heute das berufspolitische Engagement, idealerweise die unterschiedlichen Verbände verbindend, zu meiner Tätigkeit. Als Vorsitzender des BDC|Nordrhein bin ich auch Vorstandsmittglied der ANC und GNC Nordrhein, der ANG und war zwischenzeitlich im Kreisstellenvorstand Düsseldorf der KV Nordrhein tätig. Neben fortgesetzter wissenschaftlicher Tätigkeit (AWMF, Methodenberatung, DGfW, Leitlinienautor, IQWIG, klinischer Sachverständiger) habe ich mich mit Gremienarbeit in öffentlichen Institutionen oder wissenschaftlichen Fachgesellschaften für oder durch Berufsverbände mandatiert beschäftigt (IQTIG, QS-WI, LAGDeQSNRW, DGfW, DGG).
Die letzten und die kommenden Jahre sollen weiter von der Verbindung der Berufsverbände, über fachliche – und Sektorengrenzen hinaus, geprägt sein, damit der Begriff der sektorenübergreifenden Medizin eine wirkliche Bedeutung und Verbesserung für die im System erlangt, um die es letztlich immer gehen sollte. Unsere Patientinnen und Patienten.
Der BDC|Landesverband Nordrhein Der Landesverband BDC|Nordrhein hat 2135 Mitglieder. Ziel der Arbeit der nächsten Jahre soll es sein, die Mitglieder im Verband zu aktivieren und für die Arbeit im BDC einzuladen und sie einzubinden. Hierzu bestehen vielfältige Verbindungen zu anderen Berufsverbänden und den Gremien der KV, insbesondere der Vertreterversammlung. In einem sich rasant verändernden Gesundheitssystem (Hybrid-DRG, Krankenhausstruktur, etc.) gilt es die chirurgischen Kräfte über alle Grenzen hinweg zu bündeln und ihnen mehr Gehör, insbesondere da wo die Entscheidungen über uns getroffen werden, zu verschaffen.
In der Maiausgabe können Sie sich durch einen CME-Artikel auf den aktuellen Stand der interventionellen Therapie bei Rückenschmerzen bringen und gleichzeitig Fortbildungspunkte sammeln.
Wie der aktuelle Stand der Entwicklungen zum Thema Hybrid-DRG aussieht, berichtet BDC- Vizepräsident Dr. Jörg Rüggeberg in Berufspolitik Aktuell.
Die April-Ausgabe der Passion Chirurgie befasst sich dieses Mal ausführlich mit dem Thema Hernienchirurgie. Als eine der am häufigsten durchgeführten Operationen zeichnet sich die Hernienchirurgie durch eine Vielfalt von Verfahren aus. Viele Varianten haben ihre Berechtigung und Indikationen, die es immer wieder zu hinterfragen und mit aktuellen Studienergebnissen abzugleichen gilt.
Neu ist ein maßgeschneiderter, individualisierter Ansatz – der sogenannate tailored approach -, der jedoch ebenso abhängig von guten randomisierten Studien im Sinne der evidenzbasierten Medizin ist. Da diese Studien z. T. noch fehlen, liegt es im Moment bei den einzelnen Chirurginnen und Chirurgen, sich über die besten Verfahren für jeden Einzelfall zu informieren und eine individuelle Therapieempfehlung zu geben.
In detaillierten Artikeln stellen Ihnen unsere Autoren den aktuellen Stand der verschiedenen Techniken und Materialien der Hernienchirurgie vor. Der CME-Weiterbildungsartikel beschäftigt sich mit der bildgebenden Diagnostik in der Behandlung von Leistenbeschwerden und Hernien.
Evidenzbasierte Medizin (EbM) ist ein abstrakter, theoretischer Begriff, den wir Ihnen in dieser neuen Ausgabe der Passion Chirurgie näher bringen und für Sie mit praktischem Wissen verbinden wollen.
Die EbM ist ein unabdingbarer Begleiter zur optimalen Betreuung unserer Patienten und hilft uns, Indikationsstellung und Therapie transparent zu machen. Therapien oder Eingriffe, die heute noch modern und angebracht erscheinen, können schon morgen durch neue Verfahren ersetzt werden. Täglich erscheinen hunderte neuer Studien zu allen Aspekten der Medizin. Die EbM ist ein hilfreiches Werkzeug für den praktizierenden Chirurgen, um durch all diese Entwicklungen sicher zu navigieren.
Daher hoffen wir, Ihnen mit dieser Ausgabe Einblicke in den praktischen Nutzen von EbM liefern zu können. Neben einer Einführung in die Grundbegriffe in Form eines CME-zertifizierten Fortbildungsartikels präsentieren wir zwei Praxisbeispiele, anhand derer die Anwendung der EbM sowie der entsprechenden Quellen erläutert werden. Unsere Autoren geben außerdem Einblick in die praktische Nutzung von EbM in Deutschland und England und zeigen auf, welche Hürden noch zu nehmen sind.
Zentrales Thema unserer Februar-Ausgabe ist die Chirurgie im Kindesalter. Dieses Schwerpunktheft bringen wir in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie heraus und danken Prof. Schmittenbecher aus Karlsruhe und Prof. Ure aus Hannover für ihre aktive Mitarbeit als Herausgeber dieser Ausgabe von PASSION CHIRUGIE.
Die chirurgische Behandlung von Kindern findet traditionell nicht nur bei Kinderchirurgen, sondern auch in nahezu allen anderen chirurgischen Disziplinen statt. In diesem Heft wollen wir deshalb nicht nur über neueste Entwicklungen in der Kinderchirurgie berichten, sondern Alltagsfragestellungen und Indikationen zur Chirurgie im Kindesalter beleuchten, die beispielsweise für Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgen von Bedeutung sind.
Zunächst ergänzen wir unseren bereits im vergangenen Jahr erschienen Artikel zur Appendizitis durch den spezifisch kinderchirurgischen Blickwinkel. In einem weiteren Artikel gehen wir auf die distale metaphysäre Unteramfraktur ein, die häufigste Fraktur im Kindesalter. Im CME-Artikel geht es um die Leistenhernie im Kindesalter, deren drei wichtigste Therapieoptionen besprochen und verglichen werden.
Mit der Erneuerung des Infektionsschutzgesetzes Anfang 2013 und dem vom AQUA-Institut entwickelten Surveillance Konzept zur „Vermeidung nosokomialer Infektionen” gibt es zwei aktuelle legislative Änderungen, mit denen sich die deutsche Ärzteschaft ernsthaft auseinandersetzen muss.
Daher haben wir Hygiene und Infektionsschutz zum Schwerpunkt dieser Ausgabe gemacht und geben Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Gesetzesänderungen und Entwicklungen. Gleichzeitig informieren wir über ein neues Fortbildungsangebot des BDC zur Erlangung der Zusatzqualifikation “Hygienebeauftragter Arzt”. Nach dem Willen des Gesetzgebers muss in jeder chirurgischen Abteilung und Praxis ab sofort ein ärztlicher Kollege mit dieser Qualifikation tätig sein.
Passend dazu geht es im aktuellen CME-Artikel um die Grundlagen rationeller Antibiotikatherapie, eine unerlässliche Strategie zur Eindämmung multiresistenter Bakterien, die in den letzten Jahren erheblich zugenommen haben.
Wie Sie sehen werden, haben wir im Heft ein wenig renoviert: Es gibt die neue Rubrik Panorama mit Kurzberichten aus ganz unterschiedlichen Bereichen unseres Berufs- und Verbandslebens. Außerdem finden Sie jetzt alle Seminar- und Veranstaltungsdaten und Sporttermine gesammelt am Ende des Heftes in der Rubrik BDC|Termine.
Ganz besonders dürfen wir Sie mit dieser Ausgabe auf den gemeinsamen Bundeskongress Chirurgie vom 21.-23. Februar 2014 in Nürnberg und den parallel stattfinden Nachwuchskongress “Staatsexamen und Karriere” aufmerksam machen. Die Kongresse bieten die einmalige Chance sich chirurgisch sektorübergreifend fortzubilden und gleichzeitig mit interessierten Medizinstudenten ins Gespräch zu kommen. Bitte informieren Sie auch Ihre Kolleginnen und Kollegen über diesen Fortbildungskongress zum Jahresauftakt, der gemeinsam von BDC, BAO und BNC sowie vielen weiteren Partnern veranstaltet wird.