12.03.2018 Politik
AWMF fordert Gesundheitspolitik auf Basis evidenzbasierter Medizin
![](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/2017/10/iStock-483395705-750x522.jpg)
Das Patientenwohl soll für die künftige Bundesregierung der entscheidende Maßstab aller gesundheitspolitischen Entscheidungen werden. Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) e. V. begrüßt diese Aussage im neuen Koalitionsvertrag, kritisiert jedoch, dass unerwähnt bleibt, auf welcher Basis gesundheitspolitische Entscheidungen künftig getroffen werden sollen. Die wissenschaftliche Medizin und die Notwendigkeit wissenschaftlich belegbarer Maßnahmen ist mit keinem Wort erwähnt.
Patientenwohl kann nur dann erreicht werden, wenn sich künftige gesundheitspolitische Entscheidungen an wissenschaftlichen Fakten orientieren: Nur wenn nachweisbar ist, dass eine gesetzgeberische Maßnahme im Gesundheitswesen im Sinne der evidenzbasierten Medizin ausreichend, zweckmäßig und notwendig ist, dient sie auch dem Wohl von Patientinnen und Patienten. Um das zu gewährleisten, ist eine enge Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Medizin – wie sie in der AWMF versammelt ist – unverzichtbar. „Wir müssen mehr und früher als bislang in gesundheitspolitische Entscheidungen einbezogen werden“, fordert AWMF-Präsident Professor Dr. med. Rolf Kreienberg.
Zwar wird im Koalitionsvertrag betont, dass der Dialog auch mit der Wissenschaft intensiviert werden muss, die evidenzbasierte Medizin findet als Grundpfeiler einer wissenschaftlich begründeten Prävention, Diagnostik und Therapie in dem 177-Seiten starken Vertrag jedoch keinerlei Erwähnung. Das sieht die AWMF angesichts der zu lösenden Aufgaben äußerst kritisch. „Die alternde Gesellschaft, die Zunahme chronischer Erkrankungen, Antibiotika-Resistenzen, aber auch die Digitalisierung und der Nachwuchsmangel in vielen Teilen der Medizin stellen uns vor große gesamtgesellschaftliche Herausforderungen“, so Kreienberg. Diese seien nur zu bewältigen, wenn die künftige Bundesregierung bei gesundheitspolitischen Entscheidungen die Ebenen und Akteure einbinde, die die höchste Kompetenz und Expertise zu einem Thema mitbringen.
In der AMWF mit ihren 177 wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften sind alle medizinischen Fächer, die meisten interdisziplinären Themenbereiche und neben Ärzten auch weitere Gesundheitsberufe vertreten. Von diesen wird Wissen gemäß der evidenzbasierten Medizin entwickelt, evaluiert und verbreitet. Daraus entstehen unter anderem Leitlinien, die heute die Basis des ärztlichen Handelns darstellen. Die AWMF garantiert daher mir ihren Aktivitäten und Akteuren eine Gesundheitsversorgung, bei der die Prinzipien der evidenzbasierten Medizin auf alle Gesundheitsberufe und alle Versorgungsbereiche angewandt werden.
Die AWMF begrüßt auch das Anliegen der Koalitionsparteien, die Gesundheitsforschung auszubauen. Damit haben diese eine zentrale Forderung der AWMF in ihrem künftigen Regierungsprogramm verankert. Doch auch hier komme es auf die Ausgestaltung an: Hochschulmedizin, Versorgungsforschung und Medizininformatik können nur im Sinne der Patienten gestärkt werden, wenn auch hier die Grundpfeiler der wissenschaftlichen Medizin zum Maßstab des Handelns werden. Dazu gehöre, dass wissenschaftliches Arbeiten innerhalb der Medizin in Ausbildung und Beruf einen höheren Stellenwert bekomme, wissenschaftliche Studien und Netzwerke gefördert, die individuellen Bedürfnisse der Patienten und das Erfahrungswissen der Experten regelmäßig abgefragt werde und in Aktivitäten einfließen. „Dafür ist die AWMF in Deutschland das Expertengremium, das sich im Interesse des Patientenwohls gerne in die künftige Regierungsarbeit einbringt“, betont Kreienberg.
Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., Birkenstr. 67, 10559 Berlin, www.awmf.org, 05.03.2017
Weitere Artikel zum Thema
01.03.2018 Fachübergreifend
Ein Blick in die Zukunft des OP-Saals
Medizin 4.0: Robotik, Big Data, E-Health – nur einige Schlagworte, die oft fallen, wenn es um die digitale Chirurgie geht. Aber was genau wird sich für Chirurginnen und Chirurgen ändern? Darüber haben wir beim Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg mit Stefan Stoll gesprochen. Er ist Leiter des Studiengangs Wirtschaftsinformatik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Villingen Schwenningen. Auch durch die Zusammenarbeit mit Medizintechnik-Unternehmen beschäftigt Stoll sich schon seit einigen Jahren mit der Digitalisierung in der Chirurgie.
26.02.2018 Pressemitteilungen
Patientensicherheit durch bessere intersektorale Zusammenarbeit
Patientensicherheit, Hygiene, Qualitätsindikatoren und Fehlermanagement standen beim 20. Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg im Vordergrund der Diskussionen und Fortbildungen. „Die Ansätze aus dem Koalitionsvertrag zur sektorenübergreifenden Versorgung müssen jetzt im Sinne der Patientensicherheit in die Tat umgesetzt werden“, fordert Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer, Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC). „Chirurginnen und Chirurgen in Deutschland brauchen genau wie alle anderen Fachärzte vernünftige Rahmenbedingungen, v.a. bei der Honorierung, um die Sektorengrenzen zu überwinden und die Qualität der Versorgung weiter zu verbessern.“
21.02.2018 Politik
Niedergelassene Ärztin setzt Löschung auf jameda.de durch
Eine Kölner Ärztin hat sich vor dem Bundesgerichtshof (BGH) mit Ihrer Klage auf Löschung vom Ärztebewertungsportal jameda.de durchgesetzt. Die Speicherung personenbezogener Arztdaten mit Bewertungen von Patienten ist durch Internetportale laut BGH nur dann zulässig, wenn diese als "neutrale Informationsmittler" auftreten. Durch die Ausgestaltung des Werbeangebots trete diese Eigenschaft bei jameda.de allerdings soweit zurück, dass das Recht auf informelle Selbstbestimmung der Ärztin überwiege. Das Portal hat bereits Konsequenzen gezogen.
15.02.2018 Politik
Gesundheitsausgaben pro Tag überschreiten Milliardengrenze
Die Gesundheitsausgaben in Deutschland haben im Jahr 2017 erstmals die Marke von 1 Milliarde Euro pro Tag überschritten. Für 2017 prognostiziert das Statistische Bundesamt (Destatis) einen Anstieg der Gesundheitsausgaben gegenüber 2016 um 4,9 Prozent auf 374,2 Milliarden Euro.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.