05.11.2019 Politik
AWMF: Fachgesellschaften im geplanten Implantateregister stärker einbinden
Ende des Jahres wird das Implantateregister-Errichtungsgesetz verabschiedet. Das geplante Register ist nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V. sinnvoll, um Patientensicherheit durch mehr Produktqualität zu erhöhen. Einige Fachgesellschaften haben bereits seit Jahren mit hohem fachlichem und finanziellem Aufwand Register zu Implantaten etabliert. Die AWMF ist in Sorge, wie diese bestehenden Registerdaten für das Deutsche Implantateregister genutzt werden können und fordert daher von der Politik, ihre Fachgesellschaften und die jeweiligen Patientenorganisationen bei der Fortentwicklung des Registers zu beteiligen.
Die Sicherheit von Medizinprodukten und die Qualität der Versorgung mit Implantaten wird derzeit durch das Medizinprodukte-Beobachtungs-und Meldesystem (Vigilanzsystem) gewährleistet. Kommt es bei einem Produkt zu einem unerwünschten Ereignis, ist der Hersteller, Betreiber, Anwender und/oder Händler dieses Produktes verpflichtet, dies sofort an die zuständige Bundesoberbehörde, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), zu melden. Da aus Sicht der Bundesregierung diese Qualitätssicherungsinstrumente nicht ausreichen, soll ein verbindliches bundesweites Implantateregister errichtet werden.
Mit dem Implantateregister-Errichtungsgesetz (EIRD) des Bundesministeriums für Gesundheit, das Anfang 2020 in Deutschland in Kraft treten soll, ist die Voraussetzung gegeben, um Implantate systematisch und „lebenslang“ zu überprüfen und damit die Patientensicherheit zu erhöhen. Ab Mitte 2021 sollen die ersten Implantate erfasst werden: Hüftgelenk- und Knie-Endoprothesen sowie Brustimplantate. „Die AWMF begrüßt die Etablierung eines Deutschen Implantateregisters im Grundsatz. Die wichtigen Ziele Patientensicherheit, Qualitätssicherung und Versorgungsforschung werden so noch besser unterstützt“, sagt Professor Dr. med. Rolf Kreienberg, Präsident der AWMF. In dem Gesetz wird festgelegt, dass sowohl Hersteller implantierbarer Medizinprodukte als auch die Patientinnen und Patienten zur Teilnahme am Register verpflichtet sind. Datenschutzaspekte widersprechen dem nicht, da es um ein „nationales Interesse“ geht.
Das Implantateregister besteht aus einem Patienten-Kerndatensatz, der Angaben enthält, die bereits im Krankenhausinformationssystem eingegeben werden. Die Ergänzungsdatensätze sind produktspezifisch und basieren auf Registern in der Verantwortung der Fachgesellschaften. Viele medizinische Fachgesellschaften führen bereits seit Jahrzehnten Register für Medizinprodukte, auf die zurückgegriffen werden kann, wie beispielsweise das Endoprothesenregister Deutschland (EPRD), in dem mittlerweile mehr als eine Million Datensätze vorliegen. Andere Fachgesellschaften müssen neue Register implementieren. In beiden Fällen ist die finanzielle Belastung der Fachgesellschaften enorm und erfordert eine Gegenfinanzierung. Der Zugang zu den in das Implantateregister übertragenen Daten muss den beteiligten Fachgesellschaften und Patientenvertretern möglich sein. „Die Praktikabilität der geplanten Struktur ist abhängig von der Etablierung optimaler Schnittstellen zwischen den beschriebenen Datenbanken und dem Implantateregister, damit Mehrfacheingaben unbedingt verhindert werden“, betont Professor Dr. med. Ernst Klar, Vorsitzender der Ad-hoc-Kommission „Bewertung von Medizinprodukten“ und Seniorprofessor für Allgemein-, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, Universitätsmedizin Rostock. Unverzichtbar sei es, dass die Daten aus klinischen Informationssystemen (KIS) und Praxisverwaltungssystemen sowie idealerweise auch aus OP-Dokumentationssystemen auf elektronischem Weg in die neu zu erstellenden Softwaresysteme/-module des Bundesimplantateregisters automatisch übertragen werden können. Nur so könne der Aufwand für die meldepflichtigen Gesundheitseinrichtungen gering gehalten werden.
Ein Fahrplan zur Einführung des EIRD ist aus Sicht der AWMF jetzt erforderlich, damit die Fachgesellschaften die Erhebung der implantatspezifischen Datensätze vorbereiten können. „Das Profil der Datenbank muss zudem langfristig für die wissenschaftliche Forschung geeignet sein und auch weiterhin den Fachgesellschaften für ihre Arbeit zur Verfügung stehen“, ergänzt Professor Klar.
Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., Birkenstr. 67, 10559 Berlin, www.awmf.org, 31.10.2019
Autor des Artikels
Weitere Artikel zum Thema
01.02.2018 Politik
Leben retten und Fehler vermeiden: Was Intensivmediziner von der Luftfahrt lernen können
Auf der Intensivstation kann eine falsche Entscheidung schnell zum Tod oder zur dauerhaften Behinderung des Patienten führen. „Jeden Tag arbeiten Ärzte und Pflegekräfte hier an einer kritischen Grenze. Die Intensivmedizin ist ein Hochrisikobereich“, sagt Dr. Jens-Christian Schwindt, Gründer der Firma SIMCharacters, die Simulationstrainings für Teams pädiatrischer Intensivstationen anbietet.
01.02.2018 Politik
Kliniken müssen ausreichend Personal auf Intensivstationen vorhalten
Krankenhäuser müssen verpflichtet werden, ausreichend Personal auf Intensivstationen vorzuhalten, fordert der Marburger Bund. „In den Kliniken werden zunehmend mehr Intensivpatienten versorgt, ohne dass die Personalausstattung damit Schritt hält. Die Betreuungsrelation ist zu gering, überlastet Ärzte und Pflegende, erhöht die Fehlerrate und führt zwangsläufig zu Verschlechterungen in der Versorgung.
01.02.2018 Aus- & Weiterbildung
Nachwuchsförderungsprogramm der DGCH und des BDC für Studierende
Im Sommer 2017 fand bereits zum fünften Mal in Folge die Veranstaltung „Chirurgische Woche“ in Tübingen statt, an welcher 25 Studenten aus Berlin, Düsseldorf, Greifswald, Marburg, München, Würzburg, Kiel, Köln aber auch Thessaloniki (GRC) und Riga (LVA) teilnahmen. Die „Chirurgische Woche“ ist eine Initiative der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) sowie dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC) zur Begeisterung Studierender für die Chirurgie und Förderung des chirurgischen Nachwuchses durch enge Einbindung der Assistenten in das Kursprogramm.
31.01.2018 Politik
Arzneimittelausgaben 2017: Anstieg niedriger als erwartet
Die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind im Jahr 2017 um 3,1 Prozent auf 35,2 Mrd. Euro gestiegen. Das ist weniger als in der Rahmenvorgabe von Ärzten und Krankenkassen erwartet (3,2 Prozent) und bedeutet eine Wachstumsabschwächung im dritten Jahr in Folge – nach 8,9 Prozent (2014), 5,0 Prozent (2015) und 3,8 Prozent (2016).
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.