31.01.2020 Politik
AWMF begrüßt Finanzierung von medizinischen Leitlinien
AWMF begrüßt öffentliche Finanzierung von wissenschaftlich begründeten medizinischen Leitlinien
Durch das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) bestehen jetzt Möglichkeiten, medizinische Leitlinien und damit die Leitlinienarbeit der Fachgesellschaften in der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V. unabhängig zu finanzieren. Es wird zwei Unterstützungsbereiche geben: Die Förderung der Erstellung oder Aktualisierung kompletter Leitlinien über Mittel des Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sowie die Förderung von Evidenzrecherchen zu einzelnen Fragestellungen in Leitlinien über das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin (IQWiG) nach Beauftragung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG).
Medizinische Leitlinien sind für Ärztinnen und Ärzte in Klinik und Praxis eine wesentliche Wissensgrundlage und dienen der Verbesserung der medizinischen Versorgung. Die Erstellung und kontinuierliche Aktualisierung von Leitlinien sind wichtig, damit aktuelle, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse in Diagnose und Therapie einfließen können. Die wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften in der AWMF und ihre Leitlinienautoren leisten hier seit vielen Jahren einen weitestgehend ehrenamtlichen Beitrag. Sie publizieren ihre Leitlinien über das Leitlinienregister der AWMF und akzeptieren die damit verbundene Qualitätssicherung. Das qualitätsgesicherte Leitlinienregister der AWMF umfasst aktuell mehr als 750 Publikationen. „Das DVG bietet jetzt die Chance, Leitlinienvorhaben der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften unabhängig zu finanzieren. Dafür hat sich die AWMF seit Langem eingesetzt“, erklärt Professor Dr. med. Ina B. Kopp, Leiterin des AWMF-Instituts für Medizinisches Wissensmanagement (AWMF-IMWi).
Um die Unabhängigkeit zu gewährleisten und zugleich die wissenschaftlich-medizinische Expertise aller beteiligten Fachgesellschaften einzubeziehen, hat der Gesetzgeber die AWMF beauftragt, als Mittlerin für begründete Förderanträge der Fachgesellschaften zu fungieren. Die AWMF wird dazu mittels bewährter Verfahren den Konsens mit ihren Mitgliedsfachgesellschaften suchen. „Bei der Begründung des Förderbedarfs kann auf bewährte Kriterien zurückgegriffen werden“, betont Professor Dr. med. Rolf Kreienberg, Präsident der AWMF und ergänzt: „Als Vertreterin von 179 Mitgliedsfachgesellschaften ist die AWMF dafür prädestiniert, die zwei im DVG vorgesehenen Wege zur Unterstützung der Leitlinienerstellung jetzt mit Inhalten und Themen zu füllen.“
Über den ersten Weg sollen vollständige Leitlinienprojekte über den G-BA-Innovationsfonds finanziert werden. Die Themenschwerpunkte legt das BMG fest, die AWMF kann hierzu beraten. Für das Jahr 2020 hat das Ministerium bereits vier Themenschwerpunkte angedacht: Seltene Erkrankungen, psychische Erkrankungen, Infektionskrankheiten und komplexe Versorgung. In den folgenden Bewilligungsjahren 2021–2024 soll die AWMF Themenschwerpunkte vorschlagen. „Die AWMF wird dazu zeitnah mit den Fachgesellschaften einen Konsens als Grundlage für die Beratung für künftige Themen suchen. Dabei werden bewährte Priorisierungskriterien wie Verbesserungsbedarf der Versorgung oder individuelle Krankheitslast zugrunde gelegt. Die AWMF fordert das BMG jedoch darüber hinaus nachdrücklich auf, auch eine themenoffene Förderung zu ermöglichen, da weder das BMG noch die AWMF in der Lage seien, aufgrund rein formaler Kriterien wirklich die für Patientinnen und Patienten relevanten Bedarfe für hochwertige Leitlinien zu identifizieren“, konstatiert Kreienberg. Diese Expertise liege allein bei den Fachgesellschaften und Patientenorganisationen, die Leitlinien gemeinsam erstellen. „Zusätzlich zu den Themenschwerpunkten müssen mindestens 20 Prozent themenoffene Anträge zugelassen werden, wie es bei den Forschungsanträgen des Innovationsfonds auch der Fall ist. Dafür werden wir uns als AWMF einsetzen“, ergänzt Kreienberg.
Über den zweiten Weg soll den Fachgesellschaften die Kompetenz des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin (IQWiG) als Dienstleistung für die Entwicklung, Aktualisierung oder Weiterentwicklung hochwertiger Leitlinien durch systematische Literaturrecherchen zur Verfügung gestellt werden. Die Beauftragung des IQWiG legt das BMG fest. Die AWMF kann jedoch dem BMG Themenvorschläge und konkrete Fragestellungen für Literaturrecherchen mit entsprechender Begründung unterbreiten. Die AWMF wird dazu ihre Mitgliedsgesellschaften befragen und deren begründete Vorschläge an das BMG weiterleiten. „Literaturrecherchen für Leitlinien sind besonders arbeitsaufwendig. Daher ist eine Unterstützung durch das IQWiG sehr zu begrüßen. Natürlich gehen wir dabei davon aus, dass eine international für Leitlinien anerkannte Methodik verfolgt wird – nämlich GRADE“, betont Kopp. Für diesen Weg sei Eile geboten: Bis Ende März 2020 erwartet das BMG die ersten Vorschläge bezüglich der Evidenzrecherchen. Die AWMF wird die Fachgesellschaften dazu noch im Januar befragen.
Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., Birkenstr. 67, 10559 Berlin, www.awmf.org, 30.01.2020
Weitere Artikel zum Thema
13.12.2018 Politik
Qualität in der Medizin durch Ökonomisierung bedroht
Ökonomische Ziele dürfen medizinische Entscheidungen nicht unangemessen beeinflussen. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF) forderte im Rahmen ihres „Berliner Forums“ am 28. November, die Bedürfnisse der Patienten wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken.
12.12.2018 Krankenhaus
Ärztliche Zweitmeinung zu einer empfohlenen Operation
Die Verfahrensregeln des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), nach denen Patientinnen und Patienten eine zweite ärztliche Meinung zur Notwendigkeit einer empfohlenen Operation einholen können, sind in Kraft getreten. Ein rechtlicher Zweitmeinungsanspruch besteht vorerst bei Eingriffen an den Gaumen- und/oder Rachenmandeln (Tonsillektomie, Tonsillotomie) sowie bei Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien).
11.12.2018 Krankenhaus
Aktueller Qualitätsmonitor der AOK: Defizite in der Versorgung
Die Qualitätsvorgaben des Krankenhaus-Strukturgesetzes (KHSG) werden viel zu langsam und halbherzig umgesetzt. Darauf hat der AOK-Bundesverband aus Anlass der Veröffentlichung des "Qualitätsmonitors 2019" hingewiesen. "Der feste Wille zu einer Verbesserung der Versorgungsqualität ist in der aktuellen Krankenhaus-Gesetzgebung der Großen Koalition, aber auch in der Krankenhausplanung der Bundesländer nicht mehr erkennbar", kritisierte der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch.
06.12.2018 Politik
Chirurgen-Präsident fordert Widerspruchslösung in der Organspende
Deutschland liegt bei den Organspenden auf einem der hintersten Plätze in Europa, täglich sterben drei Patienten auf der Warteliste. Um die Situation zu verbessern, fordert der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), Professor Dr. med. Matthias Anthuber, die doppelte Widerspruchslösung.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.