Alle Artikel von Prof. Dr. med. Walter Popp

Hygiene-Tipp: Atemschutzmasken

Nach der TRBA 250 muss der Arbeitgeber Gefährdungsbeurteilungen durchführen, darauf aufbauend Tätigkeiten bestimmten Schutzstufen zuordnen, Betriebsanweisungen erstellen und Unterweisungen durchführen. Bei luftübertragenen Infektionsrisiken ab der Risikostufe 2 (das sind die meisten Bakterien und Viren) sollen Impfungen angeboten werden (soweit vorhanden) und gegebenenfalls Mund-Nasen-Schutz (MNS) bereitgestellt werden. Dieser muss mindestens die wesentlichen Kriterien einer Atemschutzmaske der Güte FFP1 nach DIN EN 149 erfüllen (FFP = Filtering Face Piece = partikelfiltrierende Halbmaske). Dies heißt, falls eine normale OP-Maske benutzt wird, muss diese wie eine Atemschutzmaske getestet sein.

Bei luftübertragenen Risiken der Risikostufe 3 – das ist real die offene Lungentuberkulose – müssen mindestens FFP2-Atemschutzmasken zur Verfügung gestellt werden.
Anforderungen an Atemschutzmasken nach EN 149:

Typ der Halbmaske Maximal zulässige Gesamtleckage
FFP 1 22 %
FFP 2 8 %
FFP 3 2 %

Insbesondere FFP3-Masken haben einen hohen Atemwiderstand durch das Filter. Bei diesen kann zumindest die Ausatmung erleichtert werden durch ein Ausatemventil. Da es bei der Nutzung immer wieder zu Fehlanwendungen kommt, muss unbedingt beachtet werden:

  • FFP-Masken mit Ventil dürfen nur getragen werden von gesunden Mitarbeitern, die sich selbst schützen wollen oder müssen, oder von nicht infektiösen Patienten, die geschützt werden sollen (z.B. Patienten in Chemotherapie mit sehr niedriger Leukozytenzahl).
  • FFP-Masken mit Ventil dürfen keinesfalls eingesetzt werden bei infektiösen Patienten (z.B. offene Lungen-Tbc, Grippe) oder potentiell infektiösem Personal (z.B. nach Kontakt zu Grippe-Patienten).

Schalenförmig vorgeformte Masken zeigen häufig Defizite beim Dichtsitz, insbesondere bei schmalen Gesichern. Sie sollten daher nicht eingesetzt werden.

Popp W. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Atemschutzmasken. Passion Chirurgie. 2011 November; 1(11): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp: Honig zur Wundbehandlung

In den Medien wird Honig immer wieder für die Wundtherapie beworben und eine wundreinigende und antibakterielle Wirkung postuliert.

Die mikrobiologische Wirksamkeit des Honigs kann je nach Herkunft (Bienenvolk, Trachtpflanzen) und Verarbeitung stark schwanken. Ursächlich hierfür sind der daraus resultierende unterschiedliche Gehalt an antibakteriell wirksamen Bestandteilen.

Die antibakterielle Wirkung von Honig ist generell auf verschiedene Faktoren zurückzuführen.

  • Durch den osmotischen Wasserentzug wird den Keimen das lebensnotwendige Wasser entzogen.
  • Die meisten Honige weisen ein saures Milieu (pH 3–4) auf, in dem sich Bakterien nicht vermehren können.
  • Abhängig von der Honigsorte sind oftmals antibakteriell wirksame Bestandteile enthalten, z.B. von den Bienen stammende Enzyme, aromatische Säuren und andere phytochemische Substanzen und das Zuckerabbauprodukt Methylglyoxal (im Manuka-Honig).

Wasserstoffperoxid aus Glucose wirk antibakteriell

Bei den antibakteriell wirksamen Enzymen ist die Glucoseoxidase aus der Futtersaftdrüse der Bienen das wichtigste Enzym, welches in Anwesenheit von Wasser kontinuierlich kleinste Mengen an Wasserstoffperoxid aus Glucose freisetzt. Wärme und Licht schädigen aber die Glucoseoxidase und reduzieren die Produktion an Wasserstoffperoxid. Bei den Honigsorten aus dem Lebensmittelhandel wird man deshalb keine Wasserstoffperoxid-Produktion feststellen können.

Eine besonders hohe antibakterielle Aktivität zeigt Honig, der von Nektar bestimmter Pflanzen – z.B. Konifere und Teebaum – stammt.

Anwendung von Haushaltshonig verbietet sich

Honig ist ein Naturprodukt und dementsprechend sind die Nachteile seine mangelnde Standardisierbarkeit sowie die mögliche Kontamination mit Pestiziden, Sporen von Clostridien und/oder Antibiotika.

Seit einigen Jahren wird medizinischer Honig aus Neuseeland als Medizinprodukt der Klasse IIb (Medihoney, Infectohoney) angeboten. Erste positive Erfahrungsberichte liegen vor, beispielsweise bei immunsupprimierten, pädiatrisch-onkologischen Patienten und bei Patienten mit venösen Ulzera. Allerdings sind weitere größere Studien zu fordern, um den Wert in der Wundtherapie wirklich beurteilen zu können. Darüber hinaus ist Medihoney relativ teuer.

Die Anwendung von Haushaltshonig in der Wundtherapie verbietet sich generell. Klinisch infizierte Wunden müssen primär mit Antiseptika behandelt werden.

Literatur:

Probst/Vasel-Biergans: Wundmanagement. 2. Auflage 2010

Bogdanov, Blumer: Natürliche antibiotische Eigenschaften des Honigs. Schweiz Bienenzeitung 2001, 124, 18-21

Cooper, Molan, Harding: The sensitivity to honey of Gram-positive cocci of clinical significance isolated from wounds. J Appl Microbiol 2002, 93, 857 – 863)

Popp W, Geisheimer M, Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Honig zur Wundbehandlung. Passion Chirurgie. 2011 Mai/Juni; 1(5/6): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp: Zucker zur Wundbehandlung

Seit Jahrzehnten ist die Fähigkeit von Glucose und Saccharose zur Wundreinigung bekannt. Fallberichte und auch Untersuchungen zeigen den wundreinigenden Effekt von Zuckerzubereitungen insbesondere bei infizierten, übel riechenden Wunden. Da Zucker ein Lebensmittel ist, verbietet sich das Einstreuen von losem Zucker in Wunden – auch als „alternativer Therapieversuch“.

Von schweizer Apothekern wurde daher vor Jahrzehnten eine honigartige Iodpovidonzuckersalbe entwickelt. Allerdings ergeben sich Kontraindikationen durch den Gehalt an PVP-Iod und Glucosesirup, der den Einsatz bei Diabetespatienten einschränkt.

Saccharose hat dagegen keinen Einfluss auf den Zuckerstoffwechsel und wird nach parenteraler Resorption unverändert renal ausgeschieden. In Großbritannien wird heute noch eine Zuckerpaste eingesetzt, die neben Saccharose Polyethylenglykol enthält und deren wundreinigenden Eigenschaften, antibakterielle Aktivität und Verträglichkeit durch Untersuchungen belegt sind.

Zuckerpaste zeigt einen osmotischen Zug, hat eine raue Konsistenz, wirkt belaglösend und granulationsfördernd, wird aber oft als schmerzhaft empfunden. Die Bakterizidie ist Folge der Hyperosmolarität und wird durch die antimikrobielle Aktivität des Polyethylenglykols noch verstärkt. Allerdings wurden bei niereninsuffizienten Patienten und längerer Anwendung nephrotoxische Polyethylenglykol-Serumspiegel beschrieben.

Nach chirurgischem Debridement kann in Einzelfällen zur Verbesserung der Wundreinigung eine aseptisch hergestellte Zuckerpaste (Saccharose, Arzneibuchware, KEINE „Supermarktware“) hilfreich sein, insbesondere gegen Infektionen und üble Gerüche.

Im allgemeinen sollte jedoch auf sie verzichtet werden,

  • da sie oftmals schmerzhaft ist,
  • da ein chirurgisches Debridement effektiver ist und
  • da mit Hydrogelen daran dann anschließend ebenfalls eine (osmotisch bedingte) Wundreinigung erreicht wird.

Auf jeden Fall verbietet sich die Anwendung von Haushaltszucker. Klinisch infizierte Wunden müssen primär mit Antiseptika behandelt werden.

Diese Stellungnahme stützt sich wesentlich auf Probst/Vasel-Biergans: Wundmanagement. 2. Auflage 2010.

Popp W, Geisheimer M, Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Zucker zur Wundbehandlung. Passion Chirurgie. 2011 April; 1(4): Artikel 03_03.

Hygiene-Tipp: Darf man Zitronensaft in sterile Körperhöhlen oder Wunden geben?

Die Antwort lässt sich formal und inhaltlich geben: Gemäß der Monographie „Spüllösungen“ des Europäischen Arzneibuchs müssen Wundspüllösungen steril und pyrogenfrei sein.

Nach der RKI-Empfehlung „Prävention postoperativer Infektionen im Operationsgebiet“ (2007) sind bei allen Eingriffen und Operationen aseptische Arbeitsmethoden und –techniken einzuhalten. Gleiches gilt für die Zubereitung und Verabreichung von Parenteralia und beim Umgang mit sterilen Medizinprodukten. Die RKI-Empfehlung „Infektionsprävention in Heimen“ (2005) verlangt sterile Wundspüllösungen. Deshalb sind z. B. Sterilfilter an Trinkwasserleitungen notwendig, wenn damit Wunden gespült werden.

Das Arzneimittelgesetz (AMG) befasst sich naturgemäß mit Arzneimitteln. Zitronensaft ist nur ein Lebensmittel, entbehrt somit jeglicher Zulassung zur Anwendung als Arzneimittel oder Medizinprodukt (Wundspüllösungen können auch als Medizinprodukt in Verkehr gebracht werden). Es gibt auch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse zur sinnhaften Anwendung in dieser Indikation (anders als für steriles Leitungswasser).

Gemäß § 5 AMG Verbot bedenklicher Arzneimittel darf selbst ein Arzneimittel nicht angewendet werden, wenn es bedenklich eingestuft ist (Satz 1) bzw. nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft der begründete Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (Satz 2).

Zum inhaltlichen Teil der Antwort: Frisch gepresster Zitronensaft hat auf Grund des sauren pH-Wertes eine gewisse keimabtötende Wirkung. Er ist gleichwohl nicht steril. Beim Einsatz von frisch gepresstem Zitronensaft kann somit nicht von einer aseptischen Technik gesprochen werden.

Darüber hinaus handelt es sich bei Zitronensaft um eine klassische Säure mit einem sehr niedrigen pH-Wert (ca. 2), er ist also stark sauer. Zum Vergleich:

  • Blut: pH 7,4 (leicht basisch)
  • Magensäure: pH 2
  • Hautoberfläche: pH 5,5
  • Salzsäure 0,35%: pH 1
  • Coca Cola: pH 3
  • Bier: pH 5
  • Waschmittellösung: pH 10 (basisch).

Bei Einsatz von Zitronensaft in Wunden ist somit von Gewebeschäden im Sinne von Verätzungen auszugehen. Darüber hinaus ist bei Einsatz von gepresstem Zitronensaft von Fremdanteilen der Zitronen auszugehen, die die Forderung nach Pyrogenfreiheit oder fehlender toxische Wirkung nicht erfüllen.

Im Falle der Abklärung eines potentiellen Effektes auf der Suche nach einem neuen Wirkstoff wäre die Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission einzuholen und vorab die Aufklärung des Patienten erforderlich mit dokumentierter Zustimmung.

Zusammenfassend ist somit zu folgern, dass Zitronensaft nicht in sterile Körperhöhlen oder Wunden gegeben werden darf.

Popp W, Geisheimer M, Zastrow KD. Darf man Zitronensaft in sterile Körperhöhlen oder Wunden geben? Passion Chirurgie. 2011 März; 1 (3): Artikel 03_03.

Hygiene-Tipp: Infektionserreger in Wäsche

Das Infektionsrisiko, das von Wäsche ausgeht, hängt davon ab, ob die Erreger auf trockener Wäsche längere Zeit überleben können und ob die Wäsche feucht und mit erregerhaltigem Material verschmutzt ist. Es gibt nur wenige Erreger, für die der Nachweis erbracht wurde, dass sie auf trockener Wäsche überleben, wie zum Beispiel MRSA und Sporen von Pilzen.

Da jedoch eine Vermischung von Wäsche ohne Erreger, mit Wäsche mit erregerhaltigem Material nie ausgeschlossen werden kann, geht man von einer potentiellen Infektionsgefahr aus und spricht deshalb im Gesundheitswesen von infektionsverdächtiger Wäsche, die desinfizierend aufbereitet werden muss.

Ziel einer sachgerechten Aufbereitung ist die Infektionskette zu unterbrechen, indem Patienten und Personal, Wäsche ohne Krankheitserreger zur Verfügung gestellt wird.

Wäsche als Sondermüll

Auch heute gibt es in Mitteleuropa und damit auch in Deutschland noch hochinfektiöse, hochkontagiöse Krankheiten, die besonderer Beachtung bedürfen und bei denen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln eine Weiterverbreitung in der Umwelt und der Bevölkerung vermieden werden muss. Zu diesen Erkrankungen gehören z. B. Cholera, Hämorrhagische Fieber (Ebola-Fieber, Lassa-Fieber, Marburg-Virus), Milzbrand, Pest, Poliomyelitis und Tollwut.

In der Gesamtheit der Infektionskrankheiten spielen diese heute zahlenmäßig keine große Rolle, weil sowohl Impfstrategien als auch umfassende Hygienemaßnahmen gegriffen haben. Wäsche von Patienten, die an diesen Krankheiten erkrankt sind, ist als Sondermüll zu entsorgen und gehört nicht in die Wäscherei oder Waschmaschine. Mit dieser drastisch wirkenden Maßnahme soll sichergestellt werden, dass eine Ausbreitung dieser in Mitteleuropa zurückgedrängten oder ausgerotteten Erkrankungen nicht erneut geschieht.

Kein Ansteckungsrisiko durch Wäsche

Bei z. B. Aspergillose, Bilharziose, Borreliose Botulismus, FSME, Gelbfieber und Legionellose sind die Erreger in der Regel nicht in der Wäsche zu finden, da der Patient die Erreger nicht absondert. Mit den üblichen desinfizierenden Verfahren ist diese Wäsche sicher aufzubereiten und stellt kein Infektionsrisiko dar.

Durchfallerkrankungen

Akute Durchfallerkrankungen (Enteritis infektiosa) (z.B.: Salmonellen, Noroviren, Clostridium difficile, EHEC, Rotaviren) sind häufig. Die Weiterverbreitung erfolgt stets über kontaminierte Ausscheidungen, Lebensmittel und Wasser. Da die Übertragung dieser Erreger und damit das Auslösen einer Erkrankung relativ leicht erfolgt, sind derartig kontaminierte Materialien stets in flüssigkeitsdichten Säcken zur Wäscherei zu transportieren. Bei der Aufbereitung ist ein desinfizierendes Verfahren erforderlich.

Unbekannter Infektionsstatus

Die durch die Berufsgenossenschaften vorgegebenen Schutzmaßnahmen und die Anwendung von nachweislich desinfizierenden Aufbereitungsverfahren müssen konsequent eingehalten werden. Der Infektionsstatus vieler Patienten ist unbekannt, da zum einen die Liegezeiten sehr kurz geworden sind und bestimmte Erkrankungen, bei denen sich der Patient in der Inkubationszeit befindet, nicht wahr genommen werden, weil der Patient nicht auf jede Infektionskrankheit untersucht wird, aber dennoch Krankheitserreger ausscheidet.

Es ist also durchaus denkbar, dass Patienten unerkannt mit einer offenen Tuberkulose oder als MRSA-Träger ins Krankenhaus oder in die Praxis kommen.

Zusammenfassung

In Wäsche kann eine große Zahl von Infektionserregern vorhanden sein, die durch desinfizierende Aufbereitungsverfahren sicher abgetötet werden. Die sicherste und qualitativ beste Form der Wäscheaufbereitung bieten Wäschereien die nach RAL 992/2 arbeiten. Die Aufbereitung von Arztkitteln in der Arztpraxis könnte theoretisch mit chemothermischen Verfahren bei mindestens 65 °C und mit einem gelisteten desinfizierenden Waschmittel erfolgen. Allerdings sind hier räumliche Voraussetzungen in Form einer Trennung in reine und unreine Bereiche zu schaffen.

Geprüfte Verfahren sind in den Listen des Robert-Koch-Institutes – RKI (www.rki.de) oder des Verbundes für Angewandte Hygiene – VAH zu finden.

Unter diesen Bedingungen ist sichergestellt, dass die Wäsche die Patienten und Personal zur Verfügung gestellt bekommen, frei ist von Krankheitserregern.

Popp W, Zastrow KD. Infektionserreger in Wäsche. Passion Chirurgie. 2011 Feb; 1 (2): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp – Berufskrankheiten bei Mitarbeitern

Jeder Arzt – und Unternehmer – ist verpflichtet, den begründeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit anzuzeigen.

In Deutschland gibt es ein Listensystem der Berufskrankheiten. Demnach können im wesentlichen nur die Krankheiten anerkannt werden, die in der sog. Berufskrankheitenliste aufgeführt sind. In Arztpraxen besteht am ehesten ein Risiko für Infektionskrankheiten, die nach der Berufskrankheiten-Ziffer 3101 entschädigt werden können („Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war“). Im Gesundheitswesen sind infektiöse Berufskrankheiten die zweithäufigsten nach den Hautkrankheiten: So wurden 2008 von der BGW 48 Infektionskrankheiten, zwei Wirbelsäulenerkrankungen, neun Atemwegserkrankungen und 210 Hauterkrankungen als Berufskrankheiten anerkannt bzw. bestätigt.

Die Hepatitis B hat auf Grund der Impfung deutlich abgenommen: Wurden 1999 noch 255 Fälle angezeigt, so waren es 2008 nur noch 106 bei der BGW.

Im gesamten Bereich der BGW wurden 2009 als Berufskrankheiten in Folge von Infektionen die folgenden wesentlichen anerkannt:

Tuberkulose 61
Tuberkulose-Konversion 65
Hepatitis C 51
Hepatitis B 14
MRSA 7
HIV/AIDS 0

Insofern ist weiterhin, neben der Hepatitis C, die Tuberkulose bedeutsam. Aber auch das Mitarbeiter-Risiko schwerer Infektionen durch MRSA mit andauernden Folgeschäden ist zu beachten!

Hygiene-Tipp – Schutz vor Papillomviren im OP-Saal

Diverse Papillomviren – vor allem die Typen 6, 11, 16 und 18 – rufen gesichert Krebs beim Menschen hervor. Sie können eine ursächliche Rolle spielen bei Tumoren der Zervix, der Vulva, der Vagina, des Penis, des Anus, der Mundhöhle, des Oropharynx, des Larynx und der periungualen Haut.

Papillomenvirus-DNA wurde bei Messungen im Laserrauch unter der Entfernung von Warzen und Papillomen nachgewiesen, sie findet sich aber auch – wahrscheinlich in geringerer Menge – im Rauch von Elektrokoagulationen.

Einzelfälle von Kehlkopfpapillomatosen bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen, die häufig bei der Entfernung von Papillomen beteiligt waren, sind beschrieben.

Im OP-Saal liegen Risikoeingriffe bzgl. einer Papillomvirus-Infektion für das Personal vor beim Lasereinsatz und der Elektrokauterung, wobei bei letzterer eventuell das Risiko geringer ist. Besonders gefährdete Fachgebiete dürften die Gynäkologie (Zervixkarzinome), Dermatologie (Abtragung von Warzen und Papillomen), die HNO-Heilkunde und Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie (Tumorchirurgie), die Urologie (Papillomabtragungen), die Gastroenterologie (Abtragung von analen Kondylomen und Papillomen) sowie die Augenheilkunde (Papillomabtragung) sein.

Aus hygienischer Sicht werden folgende Vorsichtsmaßnahmen bei entsprechenden Eingriffen empfohlen:

  • Eingriff möglichst am Ende des OP-Programmes,
  • Einsatz von Rauchabsaugungen,
  • Tragen von Gesichtsmasken bzw. Schutzbrillen und von FFP3-Masken,
  • Tragen von OP-Hauben und (Einmal)Kitteln,
  • Anschließende Flächendesinfektion mit einem viruziden Präparat (Konzentration entsprechend 1-Stunden-Wert nach VAH, Einwirkzeit von 1 Stunde einhalten).

Hygiene-Tipp: Erfassung nosokomialer Infektionen

Nach § 23 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind Leiter von Einrichtungen für ambulantes Operieren verpflichtet, die vom Robert Koch-Institut (RKI) nach § 4 IfSG festgelegten nosokomialen Infektionen fortlaufend in einer gesonderten Niederschrift aufzuzeichnen und zu bewerten. Diese Aufzeichnungen sind zehn Jahre aufzubewahren und dem Gesundheitsamt auf Verlangen vorzulegen. Das RKI hat dazu im Jahr 2003 Empfehlungen gegeben (Bundesgesundheitsblatt 2003, 46, 791-795). Danach können die zu erfassenden Indikator-OPs (also nicht alle!) selbst bestimmt werden. Es liegt nahe, sich auf jene OPs zu konzentrieren, die besonders häufig erfolgen bzw. die ein besonders hohes Infektionsrisiko tragen.

Im Falle einer Infektion sind nach RKI folgende Daten zu dokumentieren: Patientenidentifikation, Alter, Geschlecht, OP-Datum, OP-Art, OP-Dauer, ASA-Score, Wundklassifikation, endoskopisch ja/nein, Infektionsdatum, Infektionsart, Zeitpunkt der Diagnose, Erreger, Komplikationen.Die Patienten sind nach RKI postoperativ mindestens 14 Tage zu verfolgen, besser 30 Tage. Am einfachsten ist dieses möglich, wenn sich alle Patienten postoperativ noch einmal vorstellen und – falls dies bereits in der ersten Woche postoperativ ist – aufgefordert werden, sich bei Zeichen einer Infektion erneut zu melden. Ansonsten – wenn die Patienten sich nicht mehr vorstellen – sollten alle nachbehandelnden Ärzte wenigstens einmal im Jahr schriftlich um unverzügliche Meldung von Infektionen und Wiedervorstellung des Patienten gebeten werden. Diese Form der Erfassung wird nach aller Erfahrung nur eingeschränkt funktionieren.

Die Infektionsraten sollten – als Prozentangabe – mindestens einmal im Jahr ausgewertet und dokumentiert werden. Da die ambulanten Infektionsraten im allgemeinen sehr niedrig sind – deutlich unter 1 % – sind letztlich große OP-Mengen erforderlich, um überhaupt valide Infektionsraten zu erhalten. Dies stellt natürlich die gesamte Erfassung in Frage, die gleichwohl derzeit vorgeschrieben ist. Es kann sich empfehlen, die eigene Form der Erfassung einmal dem Gesundheitsamt vorzustellen und dessen Zustimmung zu dieser Form einzuholen.

Hygiene-Tipp – Vorsicht beim Umgang mit Propofol

Propofol stellt ein besonderes Problem in der Anästhesie dar. Hierauf wurde in den vergangenen Jahren wiederholt eindringlich hingewiesen. Auch die Herstellerinformation enthält hierzu klare Ausführungen. So wurden mehrfach septische Komplikationen nach Propofol-Gabe beschrieben, wobei offensichtlich ursächlich dieselbe Ampulle für mehrere Patienten benutzt wurde. Propofol ist für eine Keimbesiedlung besonders prädestiniert, weil es sehr fetthaltig ist und keine Konservierungsmittel enthält. In einem Fall von berichteten Zwischenfällen war in der Ampulle Acinetobacter nachweisbar. In keinem der Zwischenfälle war die Blutkultur positiv, sodass davon ausgegangen wird, dass das Geschehen allein durch Endotoxine ausgelöst wurde.

Neben dem streng aseptischen Umgang mit dem Präparat wird daher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Propofol unverzüglich gegeben werden muss; Spritzen, Ampullen und Flaschen dürfen jeweils nur für einen Patienten benutzt werden und sind danach sofort zu verwerfen. Dies wird seit gut 10 Jahren in einschlägigen Fachzeitschriften so publiziert, insofern kann eine Berufung auf Nichtwissen heute nicht mehr greifen. Der BGH hat 2007 einen derartigen Fehler als vorsätzliche Körperverletzung eingestuft.

Wiederkehrende Anfragen aus Krankenhäusern, die uns erreichen, belegen allerdings, dass bis zum heutigen Tag – aus Gründen der Kosten-Einsparung – noch Propofol-Ampullen und vor allem –Flaschen für mehrere Patienten genutzt werden.

Hygiene-Tipp: Raumlufttechnische (RLT)-Anlagen beim ambulanten Operieren – Teil 2

2008 wurde die DIN 1946-4 überarbeitet. Danach gibt es eine Raumklasse I (mit endständiger dritter Filterstufe), die für OP-Säle gilt, und eine Raumklasse II (keine dritte Filterstufe) für alle sonstigen Räume.

Raumklasse !a fordert eine turbulenzarme Verdrängungsströmung (TAV – d.h. Gewebedecken) mit einem Schutzbereich von 3 x 3 m, entsprechend einem TAV-Auslass-System von 3,2 x 3,2 m; bei Raumklasse Ib sind auch Drallauslässe zulässig. Raumklasse Ia ist vor allem gefordert für Implantate (z.B. TEP an Hüfte und Knie, Transplantationen) und mehrstündige Operationen. Auch Instrumententische sollen im Laminar Flow stehen (wenngleich dieses in der Praxis nicht immer zu realisieren ist), dies gilt auch für das zeitversetzte und andernorts erfolgende Richten der Instrumententische.

Die DIN 1946-4 aus dem Jahr 2008 gilt nicht für bestehende OP-Abteilungen. Bei Neuplanungen ist sie allerdings zugrundezulegen. Bauherr und beratender Hygieniker – in Absprache mit dem endabnehmendem Gesundheitsamt – sollten vorher unbedingt die Raumklasse und die Erfordernisse an die RLT-Anlage definieren. Da ein OP im allgemeinen über 20 bis 30 Jahre genutzt wird und die Schwere der Operationen sowie das Infektionsrisiko der Patienten nach aller Wahrscheinlichkeit zunehmen werden, sollte eher eine hochwertige Ausstattung angestrebt werden.

Wegen der multifunktionalen Nutzung von OP-Sälen wird also auch weiterhin die turbulenzarme Verdrängungsströmung Stand der Technik sein. Die neue DIN 1946-4 schreibt darüber hinaus umfangreiche Qualifizierungen der Anlage sowie eine hygienische Abnahmeprüfung vor. Neu sind aufwendige Strömungsvisualisierungen und eine Schutzgrad- oder alternativ Turbulenzgradmessung. Ferner werden mikrobiologische Überprüfungen mittels Sedimentationsplatten empfohlen. Dies alles wird allerdings von vielen Seiten kritisch gesehen. Deshalb hält das Niedersächsische Landesgesundheitsamt die in der DIN 1946-4 aus 2008 vorgeschlagenen Prüfverfahren nicht für erforderlich und für zu zeitaufwendig und kostspielig.

Aus seiner Sicht reichen die bisherigen Prüfverfahren aus (d.h. vor allem Dichtsitz und Leckfreiheit der 3. Filterstufe prüfen, jährlich Partikelmessung nach der 3. Filterstufe durchführen und Strömungsrichtungen bestimmen). Es empfiehlt weiter für Räume der Raumklasse Ia auch eine Strömungsvisualisierung. Ob auch aufwendige Keimzahlmessungen nach der 3. Filterstufe jährlich durchgeführt werden müssen, sollte mit dem beratenden Hygieniker entschieden werden. Allein aus diesem Grund empfiehlt sich dringend die laufende Beratung durch einen Facharzt für Hygiene