Alle Artikel von Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow

Hygiene-Tipp: Braucht eine private Praxisklinik einen hygienebeauftragten Arzt?

 Seit August 2011 sind durch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes die KRINKO-Empfehlungen des RKI verbindlich. Die relevante KRINKO-Empfehlung aus dem Jahr 2009 (Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen) macht definitiv Aussagen zu Hygienebeauftragten Ärzten in Krankenhäusern; die Übertragbarkeit auf ambulante Bereiche oder Praxiskliniken ergibt sich aus dem Text nicht eindeutig. Insofern sind als weitere Quelle die entsprechenden Landeshygieneverordnungen heranzuziehen.

Die „Verordnung über die Hygiene- und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen“ des Landes Nordrhein-Westfalen aus März 2012 gilt beispielsweise nicht nur für Krankenhäuser, sondern auch für Einrichtungen für ambulantes Operieren, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen und Tageskliniken. Sie schreibt vor, dass in allen diesen Einrichtungen mindestens eine in der Einrichtung klinisch tätige Ärztin/ein in der Einrichtung klinisch tätiger Arzt, die/der fachlich weisungsbefugt ist und die/der an einer Fortbildung teilgenommen hat, als Hygienebeauftragter zu bestellen ist.

Die KRINKO-Empfehlung verweist bezüglich der Fortbildungen auf die Empfehlungen von Fachgesellschaften: Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DKGH) hat ein Curriculum für einen fünftägigen Kurs entwickelt. Hygienebeauftragte Ärzte müssen somit, zumindest in NRW, einen fünftägigen Kurs absolviert haben.

Somit ist zumindest in NRW auch für Praxiskliniken die Bestellung eines Hygienebeauftragten zwingend vorgeschrieben. Seit April 2012 gibt es in jedem Bundesland eine entsprechende Verordnung zur Hygiene in Krankenhäusern und ggfs. weiteren medizinischen Einrichtungen. Diese sollte für die Fragestellung geprüft werden.

Unabhängig von den landesgesetzlichen Regelungen empfiehlt sich aber die Bestellung eines Hygienebeauftragten nicht nur in Praxiskliniken, sondern in allen Einrichtungen für ambulantes Operieren.

Popp W. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Braucht eine private Praxisklinik einen hygienebeauftragten Arzt? Passion Chirurgie. 2013 Januar; 3(01): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp: Fortbildungspflicht in der Krankenhaushygiene und Infektionsprävention

Es ist davon auszugehen, dass bei Klagen wegen vorgebrachter Hygiene-Mängel verstärkt auch auf die regelmäßige Fortbildung des Personals geachtet wird.

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) des RKI hat z. B. in ihrer Empfehlung “Anforderungen an die Hygiene bei Punktionen und Injektionen” aus dem Jahr 2011 festgestellt, dass das Personal regelmäßig in den Arbeitstechniken (hier bei der Zubereitung von Medikamenten, Injektionen und Infusionen) zu schulen ist. Hygiene-Schulungen können nur vom Facharzt für Hygiene oder staatlich geprüften Hygienefachkräften durchgeführt werden. Die Schulungen sind zu dokumentieren.

Derzeit bieten auch Hauswirtschaftsleitungen, Biologielehrer, Desinfektoren und andere Berufsgruppen Hygiene-Schulungen an. Diese Berufsgruppen verfügen nicht über die erforderliche Qualifikation zur Krankenhaushygiene und Infektionsprävention im Sinne des § 23 des Infektionsschutzgesetzes.

In der aktuellen “Verordnung über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen” des Landes NRW wird die jährliche Hygiene-Schulung des gesamten Personals vorgeschrieben, einschließlich Dokumentation. Auch andere Hygieneverordnungen von Bundesländern schreiben eine regelmäßige Hygiene-Schulung der Mitarbeiter vor, z. B. die Verordnungen von Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

Was in Praxen – einmal im Jahr eine Teambesprechung zur Hygiene mit Dokumentation – relativ einfach ist, stellt Krankenhäuser vor große Probleme: Wie können für alle Mitarbeiter praktikabel Schulungen angeboten und diese vor allem in einer Dokumentation zusammengeführt werden?

Gleichwohl sind alle Einrichtungen des Gesundheitswesens gut beraten, sich baldigst mit dieser Frage auseinanderzusetzen und die Schulungen anzugehen.

Popp W. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Fortbildungspflicht in der Krankenhaushygiene und Infektionsprävention. Passion Chirurgie. 2012 November; 2(11): Artikel 03_03.

Hygiene-Tipp: Desinfektion talgdrüsenreicher Haut

Die Desinfektion talgdrüsenreicher Hautregionen benötigt längere Einwirkzeiten als die Desinfektion talgdrüsenarmer Regionen, um eine ausreichende Reduktion der residenten Flora zu erreichen. In talgdrüsenarmer Haut finden sich im Mittel 100 Talgdrüsen pro cm², in talgdrüsenreicher Haut 400 bis 900.

Typische talgdrüsenreiche Hautregionen sind:

  • der gesamte Kopf,
  • der Brustbereich,
  • der Wirbelsäulenbereich, insbesondere im Bereich der Brustwirbelsäule,
  • die Axillen,
  • die Genital- und
  • Analregion.

Bei der präoperativen Hautdesinfektion sind daher Konzentrationen und Einwirkzeiten der Desinfektionsmittel anzuwenden, die für talgdrüsenreiche Haut gelten. Dies kann eine Einwirkzeit von bis zu 10 Minuten erfordern, in der die Haut mit dem Desinfektionsmittel feucht zu halten ist. Die Herstellerangaben bezüglich Einwirkzeit für talgdrüsenreiche Haut – teilweise auch weniger als 10 Minuten – sind unbedingt einzuhalten.

Die entsprechenden Regelungen müssen auch im Hygiene-/Desinfektionsplan schriftlich festgehalten sein.

Popp W, Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Desinfektion talgdrüsenreicher Haut. Passion Chirurgie. 2012 Oktober; 2(10): Artikel 03_05.

Hygiene-Tipp: Einmaltuchspender

Im medizinischen Bereich werden zunehmend statt der üblichen Eimer mit Desinfektionsmittellösung mit Einmaltüchern fertig bestückte Eimer eingesetzt, die nur noch mit dem Desinfektionsmittel befüllt werden müssen. Dies wird vom Personal als wesentlich angenehmer empfunden, da

  • die Eimer einen Deckel besitzen und insofern die Geruchsbelastung reduziert ist,
  • die Desinfektionsmittellösungen nicht durch Eintrag verschmutzen und
  • kurze Handschuhstulpen unproblematisch sind.

Bei diesen Spendereimern mit Einmaltüchern (= Desinfektionswischtücher = Vliestücher) sind jedoch diverse Probleme zu berücksichtigen:

  • Die Einmaltücher können, je nach Material, Desinfektionsmittel absorbieren und somit zu einer ungenügenden Desinfektionsleistung beitragen. Dies gilt insbesondere für Einmaltücher aus Naturfasern, wohingegen beispielsweise Polyesterfasern kaum Desinfektionsmittel binden.
  • Die Eimer müssen immer verschlossen sein (auch die Entnahmeöffnungen), da es ansonsten zum Verdunsten des Desinfektionsmittels und zur Konzentrationsabnahme kommt.
  • Sauerstoffabspalter sind grundsätzlich nicht zur Befüllung der Eimer geeignet.
  • Von den Herstellern der Einmaltücher bzw. der Desinfektionsmittel sind schriftliche Bescheinigungen vorzulegen, dass die Produkte kompatibel sind. Im Allgemeinen reicht es aus, wenn der Hersteller des Einmaltuch-Spendeeimers eine schriftliche Bescheinigung vorlegt, dass entsprechende Produktklassen getestet und kompatibel sind.
  • Es ist zu beachten, dass insbesondere gegen Ende der Entnahme die letzten Tücher unter Umständen nicht mehr genügend mit Desinfektionsmittel benetzt sind, so dass es zu einer Weiterverbreitung von Keimen über die Tücher kommen kann.
  • Beim Einsatz auch dieser Tücher sind grundsätzlich Handschuhe zu tragen.

Bevor die Eimer wieder mit einer Rolle mit Einmaltüchern bestückt werden, sind sie mit dem entsprechenden Desinfektionsmittel desinfizierend auszuwischen.

Popp W, Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Einmaltuchspender. Passion Chirurgie. 2012 September; 2(09): Artikel 03_02.

Hygiene-Tipp: Pertussisimpfung bei Erwachsenen

Seit 2009 empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert Koch Institut (RKI) eine einmalige Pertussisimpfung für Erwachsene als Kombination bei der nächsten fälligen Impfung gegen Tetanus/Diphterie.

Ursächlich für diese Empfehlung ist ein deutlicher Anstieg der Keuchhustenfälle bei Erwachsenen sowohl in den USA als auch in Europa in den Jahren vor 2009. Auch wenn im Allgemeinen der Verlauf von Pertussis bei Erwachsenen milde ist, kommt es häufig zu langdauernden Hustenattacken über viele Wochen. Gelegentlich sind schwere Komplikationen wie Pneumonien beschrieben oder auch Hirnblutungen aufgrund des Hustens. Bei Säuglingen sind Apnoen im Rahmen der Pertussisinfektion gefürchtet. Problematisch ist, dass besonders kleine Säuglinge gefährdet sind, die schon aufgrund ihres Alters keinen vollständigen Impfschutz haben. Aus diesem Grund gab es bereits vor 2009 eine Empfehlung, enge Kontaktpersonen von Säuglingen zu impfen. Die Erfahrung zeigte jedoch, dass dies häufig nicht ausreichend war.

Die einmalige zusätzliche Impfung im Erwachsenenalter verfolgt damit zwei Ziele:

1.   den individuellen Schutz von Erwachsenen vor der Erkrankung

2.   den mittelbaren Schutz noch nicht vollständig geimpfter Säuglinge.

Da ohnehin alle 10 Jahre eine Nachimpfung gegen Tetanus und Diphterie (Td-Impfstoff) vorgesehen ist (STIKO Empfehlung seit 1998), kann mit der zusätzlichen Impfung gegen Pertussis in Form eines Kombinationsimpfstoffes (Tdap) ein Schutz ohne zusätzliche Injektionen erreicht werden.

Von der STIKO empfohlene Impfungen können als Sprechstundenbedarf zu Lasten der GKV abgerechnet werden. Zur Impfung sind alle Ärzte gemäß ihrer Ausbildung ohne besondere zusätzliche Qualifikation befähigt (mündliche Auskunft Ärztekammer Nordrhein).

Popp W. / Zastrow KD. / Ross B. Hygiene-Tipp: Pertussisimpfung bei Erwachsenen. Passion Chirurgie. 2012 Juli/August; 2(07/08): Artikel 03_03.

Hygiene-Tipp: Aufbereitung von Medizinprodukten – Was ist eigentlich der A0-Wert?

In der Norm EN DIN ISO 15883-1 wird der Begriff A0 eingeführt: Dieser ist ein Maßstab für die Abtötung von Mikroorganismen in Desinfektionsverfahren mit feuchter Hitze. Dieser Wert wird heute benutzt, um bei der thermischen Desinfektion in den maschinellen Desinfektionsverfahren und -geräten, also bei RDG (Reinigungs-Desinfektions-Geräte) für chirurgische Instrumente und für Steckbecken, die benötigte Menge an feuchter Hitze festzulegen. Der A0-Wert kann im Prozess mit Thermologgern bestimmt werden und ist, vereinfacht gesagt, die auf die Oberfläche der Instrumente einwirkende Temperatur über die Zeit integriert.

Die nachfolgende Tabelle gibt wesentliche A0-Werte wieder:

A0-Wert Temperatur Haltezeit
600 90°C 1 Minute
3000 90°C 5 Minuten

Wenn nur Bakterien inklusive Mykobakterien, Pilze und thermolabile Viren abgetötet werden sollen (Wirkungsbereich A), kann ein A0-Wert von 600 bei Reinigungs-Desinfektions-Geräten (RDG) ausreichend sein.

Soll das Verfahren jedoch auch gegen thermoresistente Viren, z. B. Hepatitis B-Viren, wirksam sein (Wirkungsbereich B), so ist ein A0-Wert von 3000 zu wählen.

Daher ist der A0-Wert von 3000 generell für die Programme zur Aufbereitung chirurgischer Instrumente zu wählen.

Popp W. / Martiny H. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Aufbereitung von Medizinprodukten – Was ist eigentlich der Ao-Wert? Passion Chirurgie. 2012 Juni; 2(06): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp: Trinkbrunnen und Water-Cooler

In Krankenhäusern und niedergelassenen Praxen werden oft Trinkbrunnen oder ähnliche Angebote für Patienten zur Verfügung gestellt. Gründe hierfür sind der Wunsch nach einer höheren Patientenzufriedenheit sowie der Wegfall des Transportes von Wasserkästen.

Die Installation von Trinkbrunnen ist relativ aufwendig, da sie an Gasflaschen und das Trinkwassersystem angeschlossen werden müssen. Ferner zeigt das Wasser in Trinkbrunnen häufig erhöhte Keimzahlen, was auf die Leitungen und das komplizierte Innenleben der Trinkbrunnen zurückzuführen ist.

Wenn Trinkbrunnen installiert werden, sollten vorzugsweise solche gewählt werden, die ausschließlich Leitungen aus Edelstahl haben. Darüber hinaus sollte sich der Ausguss regelmäßig mehrfach am Tag aufheizen. Unabhängig davon muss die Wasserqualität der Trinkbrunnen laufend kontrolliert werden, mindestens monatlich. Gegebenenfalls sind auch Filterstandzeiten zu beachten.

Vorteile gegenüber Trinkbrunnen bilden Gallonensysteme, die einfacher aufzustellen sind und als Watercooler bezeichnet werden. Sie sind kleiner und haben weniger Innenleben. Gleichwohl zeigt auch ihr Wasser häufig deutlich erhöhte Keimzahlen, die jene nach Trinkwasserverordnung erheblich überschreiten können. Dementsprechend müssen auch Watercooler laufend auf Wasserqualität kontrolliert und genauso wie Trinkbrunnen regelmäßig, z. B. alle vier bis sechs Wochen, desinfizierend gereinigt werden.

Seit einiger Zeit sind auch Gallonen-Einmalsysteme auf dem Markt, die zu bevorzugen sind, da eine Kontamination bei ihnen nicht zu erwarten ist. Bei diesen Produkten werden fertige Gallonen geliefert, in die ein Ausguss installiert ist, so dass Leitungen in den Geräten nicht mehr erforderlich sind. Die leere Wassergallone wird dann zusammen mit dem installierten Ausguss entsorgt. Wasserkontrollen erübrigen sich damit.

Wenn zur Wasserversorgung Gläser und Krüge benutzt werden, dürfen diese nur personenbezogen und einmal benutzt werden. Krüge müssen eine große Einfüllöffnung haben, damit sie gespült werden können und sollen maximal ein Liter aufnehmen. Ferner muss sichergestellt sein, dass frische Gläser und Krüge nicht mit benutzten durchmischt werden. Insgesamt sind daher Einmalbecher als alleinige Lösung zu bevorzugen.

Popp W. / Martiny H. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Trinkbrunnen und Water-Cooler. Passion Chirurgie. 2012 Mai; 2(05): Artikel 03_02.

Hygiene-Tipp: MRSA abrechnen – jetzt ambulant möglich

Im Jahr 2011 wurden im Rahmen der Änderung des Infektionsschutzgesetzes auch die Möglichkeiten zur ambulanten Abrechnung von Leistungen bei MRSA-Patienten geschaffen. Ende Januar 2012 wurden die EBM-Ziffern veröffentlicht, nach denen nun auch niedergelassene Ärzte bei der Versorgung von MRSA-Patienten Abrechnungsmöglichkeiten haben (siehe Tabelle).

So ist für bestimmte Indikationen nun das Screening und die Sanierung abrechnungsfähig. Allerdings reduziert sich das Screening auf genau definierte Risikogruppen, das präoperative generelle Screening ist ausgenommen.

Ziffer Punkte Ungefährer Wert in Euro( ange-nommener Punktwert 0,035 €)
86770: Erhebung des MRSA-Status eines Risikopatienten bis sechs Monate nach der Entlassung aus einer stationären Behandlung 100, einmal im Behandlungsfall 3,50 €
86772: Behandlung und Betreuung eines Risikopatienten, der Träger von MRSA ist, oder einer positiv nachgewiesenen MRSA-Kontaktperson 375, einmal im Behandlungsfall und Sanierungszyklus 13,13 €
86774: Aufklärung und Beratung eines Risikopatienten, der Träger von MRSA ist, oder einer nachgewiesenen Kontaktperson des Patienten 255, je vollendete zehn Minuten, maximal zweimal je Sanierungsbehandlung 8,93 €
86776: Abklärungs-Diagnostik einer Kontaktperson nach erfolgloser Sanierung eines MRSA-Trägers 90, einmal im Behandlungsfall 3,15 €
86778: Teilnahme an einer MRSA-Fall- und/ oder regionalen Netzwerkkonferenz 130,einmal im Behandlungsfall 4,55 €
86780: Bestätigung einer MRSA-Besiedlung durch Abstrich 55, maximal zweimal im Behandlungsfall 1,93 €
86781: Ausschluss einer MRSA-Besiedlung durch Abstrich 55, maximal zweimal im Behandlungsfall 1,93 €
86782: Gezielter MRSA-Nachweis auf chromogenem Selektivnährboden 5,20 €
86784: Nachweis der Koagulase und/ oder des Clumpingfaktors zur Erregeridenfiktation 2,55 €

Tabelle: Abrechnungsmöglichkeiten bei MRSA-Patienten im ambulanten Bereich ab April 2012

Die Erträge sind für den niedergelassenen Arzt, wie immer bei ärztlichen Beratungsleistungen, relativ gering.

Um die Sachkunde bei der Behandlung von MRSA zu gewährleisten, wurden Hürden dahingehend aufgebaut, dass nur Infektiologen abrechnen dürfen bzw. niedergelassene Ärzte, die einen dreistündigen Kurs oder einen Online-Kurs absolviert haben. Außerdem sollen die abrechnenden Ärzte Mitglieder in einem sektorenübergreifenden MRSA-Netzwerk sein, alternativ kann Beratung eingeholt werden bei einer anderen geeigneten Stelle, z. B. bei Infektiologen oder einem Hygieneinstitut. Die Teilnahme an einer regionalen Netzwerkkonferenz wird dem niedergelassenen Arzt fallbezogen vergütet.

Ungeklärt ist weiterhin die Verordnungsfähigkeit von Produkten zur MRSA-Sanierung. Während Mupirocin als Lokalantibiotikum rezeptpflichtig ist, sind desinfizierende Waschlösungen bislang vom Patienten selbst zu finanzieren.

Beschränkend ist, dass die Abrechnungsmöglichkeit erst einmal auf zwei Jahre befristet ist und dann evaluiert werden soll.

Popp W. / B. Ross / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: MRSA abrechnen – jetzt ambulant möglich. Passion Chirurgie. 2012 April; 2(04): Artikel 03_04.

Hygiene-Tipp: Handschuhe

Handschuhe sollen immer dann getragen werden, wenn ein Kontakt mit Blut, Sekreten oder kontaminierten Gegenständen anzunehmen ist (immer bei Blutentnahme!). Zwischen verschiedenen Patienten müssen Handschuhe gewechselt werden. Der Handschuhwechsel ist auch zwischen verschiedenen Tätigkeiten an einem Patienten erforderlich, insbesondere wenn von unreinen Tätigkeiten zu reinen gewechselt wird.

Handschuhe sollen nur angezogen werden, wenn die Hände trocken sind. Befindet sich noch Händedesinfektionsmittel auf den Händen, kann dieser nicht verdunsten und es können verbrennungsähnliche Hauterscheinungen auftreten, die häufig als allergische Reaktion missgedeutet werden.

Vor dem Anziehen von Handschuhen, insbesondere aus Latex, sollten Hautschutz- oder Pflegepräparate nicht benutzt werden, da sie den Handschuh schädigen können. Gepuderte Latexhandschuhe sind nicht mehr gestattet (nach TRG 401). Wenn Latexhandschuhe mit weniger als 30 µg Protein pro Gramm Handschuhmaterial verwendet werden, sind arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach arbeitsmedizinischer Vorsorgeverordnung aufgrund der Latexexposition nicht erforderlich. Thiuramfreie Handschuhe reduzieren zusätzlich das Risiko allergischer Kontaktekzeme.

In Handschuhen können kleine Kanäle bis 5 µm Durchmesser nachgewiesen werden, so dass grundsätzlich Viren passieren können. Etwa 1 Prozent der neuen Handschuhe zeigen Mikro-Perforationen. Aus diesem Grund muss auch nach dem Tragen von Handschuhen eine Händedesinfektion erfolgen.

Handschuhperforationen beim Tragen sind von der der Art des Eingriffs abhängig: Länger dauernde Eingriffe, besonders in der Tiefe und an Knochen, führen zu Perforationsraten bis zu 70 Prozent. Sie betragen bis zu 10 % bei laparoskopischen und endoskopischen Eingriffen sowie 30 bis 40 % bei herzchirurgischen Eingriffen.

Doppelte Behandschuhung reduziert das Blutkontaktrisiko um den Faktor 10.

Die Qualität von Handschuhen ist in diversen technischen Regelwerken definiert, so die Dichtigkeit (EN 455), die Freiheit von Latexpuder (TRGS 450) und die Chemikalienfestigkeit (EN 374). Latexhandschuhe sind grundsätzlich nicht geeignet zum Umgang mit Chemikalien, auch nicht für Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten. Nitril-Handschuhe können, je nach Auszeichnung, dafür geeignet sein. PVC-Handschuhe sind ungeeignet, wenn hohe Anforderungen an die Reißfestigkeit und Beständigkeit bestehen.

Licht und Wärme lösen Oxidationsprozesse aus und verringern die Reißfestigkeit. Aus diesem Grund müssen Handschuhe vor Licht und Wärme geschützt aufbewahrt werden.

Popp W. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Handschuhe. Passion Chirurgie. 2012 März; 2(03): Artikel 03_02.

Hygiene-Tipp: Wie viele nosokomiale Infektionen können verhindert werden?

Immer wieder wird behauptet, dass 20 bis 30 % der Krankenhausinfektionen vermeidbar seien. Tatsächlich stützen sich diese Angaben überwiegend auf alte Untersuchungen: So konnten bei der Senic-Studie in den USA, bei der vermehrt Hygienefachpersonal eingesetzt wurde, etwa 30 % der Infektionen verhütet werden und bei der NIDEP-2-Studie in den 90er Jahren in Deutschland etwa ein Viertel der Infektionen.

Tatsächlich können heute wesentlich mehr Krankenhausinfektionen verhindert werden, wenn entsprechende Bemühungen erfolgen:

  • Amerikanische Untersuchungen zeigen, dass ZVK-bedingte Sepsisfälle um bis zu 100 % reduziert werden können. Hierzu sind allerdings spezielle Initiativen erforderlich: Diese müssen von der zentralen Leitung aktiv unterstützt werden. Die Kliniker müssen entsprechend ausgebildet werden. Die Empfehlungen müssen in leicht handhabbare Zusammenstellungen (Bundles) gefasst sein. Die Ergebnisse müssen zeitnah an die Kliniker zurückgespielt werden.
  • Weitere Studien zeigen, dass beatmungsassoziierte Pneumonien wie auch blasenkatheterbedingte Harnwegsinfektionen um bis zu 70 % vermindert werden können.
  • Postoperative Wundinfektionen können um mindestens 55 % reduziert werden.

Europaweit haben in den letzten 5 Jahren MRSA-Fälle um 13 % abgenommen, was auf entsprechende Aktivitäten in einzelnen Mitgliedstaaten (z. B. Frankreich und England, nicht jedoch Deutschland) zurückgeführt wird. So konnten in England MRSA-Bakteriämien um 75 % zwischen 2003 und 2010 reduziert werden und Clostridium difficile-bedingte Durchfälle um 54 % zwischen 2007 und 2010.

In einer gemeinsamen Initiative aller amerikanischen Gesellschaften im Bereich Hygiene und Infektiologie (APIC, SHEA, CDC und weitere) wird das Ziel formuliert, alle Infektionen im Gesundheitswesen (Healthcare associated infections = HAI) zu verhindern, auch im Sinne der nach uns kommenden Generationen:

„We must work together to eliminate HAIs for the generations to come.”

Was im Strassenverkehr mit viel Forschung und Geld möglich war – Reduktion der Verkehrstoten von 20.000 in den 70er Jahren auf 4.000 heute – muss auch im Gesundheitswesen unser Ziel sein. Dies ist nicht von heute auf morgen zu erreichen und bedarf vielfältiger Anstrengungen, nicht nur im Bereich der Hygiene. Aber damit anfangen müssen wir jetzt .

Popp W. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Wie viele nosokomiale Infektionen können verhindert werden? Passion Chirurgie. 2012 Februar; 2(2): Artikel 03_02.