Alle Artikel von Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow

Neue Hygienerichtlinien – Anforderungen an Kliniken und Praxen

Das neue Infektionsschutzgesetz: Was hat sich geändert?

Das am 9. Juni 2011 vom deutschen Bundestag verabschiedete und Anfang August in Kraft getretene neue Infektionsschutzgesetz hat zum Ziel:

  • die Verbesserung der Krankenhaushygiene und Infektionsprävention im Allgemeinen,
  • Reduzierung der nosokomialen Infektionen,
  • Reduzierung vermeidbarer nosokomialer Todesfälle,
  • den sachgerechten, zielgerichteten Antibiotika-Einsatz,
  • die Verbesserung der Resistenzlage von nosokomialen Infektionserregern und
  • die Verbesserung der Resistenzlage von bakteriellen Infektionserregern im Allgemeinen.

    Infektionsprävention

    Alle Bundesländer wurden verpflichtet bis zum 31. März 2012 eigene Hygieneverordnungen zu erlassen. Das ist inzwischen erfolgt. Da diese Verordnungen Ländersache sind, kann es sein, dass es leichte Abweichungen zwischen den einzelnen Verordnungen gibt, jedoch durfte kein Land hinter den Forderungen des § 23 IfSG zurückbleiben. Es ist daher sinnvoll, die Version des Bundeslandes in dem man tätig ist, zu studieren.

    Die Hygieneverordnungen gelten folgende für Einrichtungen:

    • Krankenhäuser,
    • Einrichtungen für ambulantes Operieren,
    • Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
    • Dialyseeinrichtungen,
    • Tageskliniken,
    • Entbindungseinrichtungen und
    • Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen

      und regeln die Mindestanforderungen der Hygiene zu

      • Bau, Ausstattung und Betrieb,
      • Hygienekommissionen,
      • Hygieneplänen,
      • Krankenhaushygienikern,
      • Hygienefachkräften,
      • Hygienebeauftragten Ärzten,
      • Erkennung und Dokumentation von Krankheitserregern,
      • Aufzeichnung und Bewertung von nosokomialen Infektionen,
      • Auftreten von Krankheitserregern mit Resistenzen und Antibiotikaverbrauch,
      • Akteneinsichtnahme des Hygienefachpersonals und
      • Informationen für aufnehmende Einrichtungen und niedergelassene Ärzte.

        Die Leiter der Einrichtungen haben sicherzustellen, dass innerbetriebliche Verfahrensweisen zur Infektionshygiene in Hygieneplänen festgelegt werden und sind verpflichtet, die von der Robert Koch Institut-Kommission (RKI-Kommission) erarbeiteten Präventionsmaßnahmen umzusetzen. Die Leiter der o.g. Einrichtungen haben sicherzustellen, dass die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden. Die Einhaltung des Standes der medizinischen Wissenschaft auf diesem Gebiet wird vermutet, wenn jeweils die veröffentlichten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) und der Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie (ART) beachtet worden sind.

        Das Haftungsrisiko ist bei der Nichteinhaltung der Kommissionsempfehlungen für den Leiter der Einrichtung deutlich gestiegen, da es durch die gesetzliche Vermutung in § 23 Abs. 3 IfSG, dass diese den Stand der medizinischen Wissenschaft wiedergeben, nur noch äußerst schwierig sein dürfte, erfolgreich dagegen einzuwenden, der Stand der medizinischen Wissenschaft sei trotz Nichteinhaltung der Empfehlungen erfüllt worden. Dies dürfte nur dann möglich sein, wenn nachgewiesen werden kann, dass andere, gleichwertige Maßnahmen ergriffen worden sind.

        Also gilt nunmehr die RKI-Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention als Richtschnur und Vorgabe. Jahrelange, ermüdende und überflüssige Diskussionen darüber, ob die RKI-Empfehlungen einzuhalten sind, sind glücklicherweise beendet. Wahrscheinlich ist nicht überall bekannt, dass diese Richtlinie bereits 1990 zur Hygiene-Richtschnur für alle Einrichtungen, in denen Menschen medizinisch behandelt werden, erhoben wurde. Dies ist damals erfolgt, weil ein cleverer Anwalt vor Gericht vorbrachte, dass die Richtlinie, die 1976 entstand, nur der Verhütung von Krankenhausinfektionen dienen sollte. Damit wurde eine fehlende Hautdesinfektion vor einer Impfung in einer Praxis nicht als Fehler anerkannt, denn für Arztpraxen gab es damals keine gesonderten Hygieneregeln.

        Bakterien und Viren kennen aber keinen Unterschied zwischen Krankenhäusern oder Arztpraxen. Die Maßnahmen zur Vermeidung der Übertragung von Krankheitserregern sind in beiden Einrichtungen gleich, denn für den Staphylococcus ist es unerheblicher ob er im Krankenhaus oder in der Praxis in den Patienten hineingelangt und eine Infektion verursacht. Also gelten für z. B. Hautdesinfektionen vor Injektionen und Punktionen, für Händedesinfektionen und Verbandwechsel in beiden Einrichtungen die gleichen Hygieneregeln. Damit ist auch erklärt warum es bei infektionsrelevanten Tätigkeiten keine Unterschiede zwischen den o. g. Einrichtungen des Gesundheitswesens geben kann.

        Krankenhäuser haben eine Hygienekommission einzurichten und sie gemäß RKI-Richtlinie in Verbindung mit der Hygiene-Verordnung des jeweiligen Bundeslandes zu besetzen.

        In allen Krankenhäusern sind nach den Vorgaben der RKI-Richtlinie

        • Krankenhaushygieniker,
        • Hygienefachkräfte und
        • hygienebeauftragte Ärzte (Voraussetzung, abgeschlossene Facharztausbildung) einzusetzen.

        Bezüglich der erforderlichen personellen Ausstattung mit Hygienefachkräften und Krankenhaushygienikern und der Bestellung von hygienebeauftragten Ärzten wurden bis zum 31. Dezember 2016 befristete Übergangsvorschriften zur Qualifikation einer ausreichenden Zahl geeigneten Fachpersonals vorgesehen. Die Leiter haben sicherzustellen, dass das Hygienefachpersonal regelmäßig an Schulungen teilnimmt, um den Stand der medizinischen Wissenschaft zu halten. Weiterhin ist sicherzustellen das alle Mitarbeiter die Inhalte des Hygieneplans kennen, der Nachweis ist per Unterschrift zu erbringen.

        Durch die in § 23 Abs. 3 IfSG gesetzlich normierte Vermutung der Einhaltung des Standes der medizinischen Wissenschaft bei Beachtung der Kommissionsempfehlungen dürfte sich die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht haben, dass beispielsweise die Nichteinhaltung eines dort vorgesehenen Stellenschlüssels als vermeidbares Organisationsverschulden gewertet werden könnte, das je nach Schweregrad zu Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr führen kann.

        Der sicherste Schutz gegen Bußgeldverfahren und Organisationsverschulden ist die Einstellung von genügend Hygienefachpersonal und die Umsetzung der Empfehlungen dieser Hygieneexperten.

        Auch Praxen zum ambulanten Operieren haben Hygienefachkräfte in beratender Funktion (z. B. eine Stunde pro Monat) und ggf. hygienebeauftragte Ärzte zu bestellen. Da es nicht überall ganz einfach sein wird Hygienefachkräfte zu bestellen, wird die zuständige Aufsichtsbehörde sicher auch der Bestellung von Ärzten für Hygiene zustimmen.

        Alle Einrichtungen haben die Pflicht

        • nosokomiale Infektionen und das Auftreten von Krankheitserregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen fortlaufend zu erfassen und zu bewerten. Die Aufzeichnungen sind 10 Jahre aufzubewahren und müssen dem Gesundheitsamt auf Verlangen vorgelegt werden.
        • Daten zu Art und Umfang des Antibiotika-Verbrauchs fortlaufend in zusammengefasster Form aufzuzeichnen und unter Berücksichtigung der lokalen Resistenzsituation zu bewerten und sachgerechte Schlussfolgerungen hinsichtlich des Einsatzes von Antibiotika zu ziehen.
          Die erforderlichen Anpassungen des Antibiotikaeinsatzes sind dem Personal mitzuteilen und sollen umgesetzt werden.
        • aufnehmende Einrichtungen und niedergelassene Ärzte bei
          Verlegung,
          Überweisung und
          Entlassung
          über Patienten mit multiresistenten Erregern zu informieren.

          Die Gesundheitsbehörden haben nunmehr die Möglichkeit Hygieneverstöße mit Bußgeldern zu ahnden, deshalb ist es ratsam alle geforderten Hygiene-Maßnahmen sorgfältig durchzuführen und umfassend zu dokumentieren. Ein Verstoß gegen die in § 23 Abs. 4 bis 6 IfSG genannten Pflichten ist gemäߧ 73 Abs. 1 Nr. 9, 9a, 9b, 10 und 10a IfSG eine Ordnungswidrigkeit, die gemäß § 73 Abs. 2 IfSG mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 € geahndet werden kann. Ein Verstoß gegen die in § 23 Abs. 4 Satz 3 IfSG vorgesehene Aufbewahrungspflicht kann mit einer Geldbuße von bis zu 2.500 € geahndet werden.

          Informationen für aufnehmende Einrichtungen und niedergelassene Ärzte, zur besseren ärztlichen Behandlung von Patientinnen und Patienten

          Es wurden neue Abrechnungs- und Vergütungsregelungen für die Therapie von Patientinnen und Patienten, die mit resistenten Erregern infiziert oder besiedelt sind, eingeführt. Diese Regelungen sind zunächst auf zwei Jahre befristet. Das heißt, Ärztinnen und Ärzte erhalten für die Behandlung betroffener Patientinnen und Patienten von den Krankenkassen eine adäquate Vergütung.

          Zentrale Überwachung von nosokomialen Infektionen

          Gesundheitsämter müssen zukünftig alle Daten über Krankenhausinfektionen an das Robert Koch-Institut (RKI) weiterleiten. Die Daten können dadurch zentral ausgewertet werden. Zusammenhänge und Entwicklungen, die für die einzelnen Gesundheitsämter nicht erkennbar sind, können so identifiziert und analysiert werden. Das RKI kann die Landesbehörden fachlich beraten oder Warnungen bei vermehrten Ausbrüchen aussprechen. Die Datenübermittlung an das RKI erfolgt anonym.

          Finanzierungsgesetz: Hygiene-Förderprogramm

          Der Deutsche Bundestag hat am 14. Juni 2013 den Entwurf des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung beraten. Mit dem Gesetz wird u. a. die Finanzierung von Krankenhäusern verbessert. In dem Entwurf enthalten ist ein Hygiene-Förderprogramm, mit dem die Krankenhäuser unterstützt, notwendiges Hygienepersonal einzustellen sowie Ärzte und Pflegekräfte auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene weiterzubilden. Die im Finanzierungsgesetz verankerten Maßnahmen führen im Jahr 2013 zu einer geschätzten Entlastung der Krankenhäuser in Höhe von rd. 415 Mio. Euro und rd. 690 Mio. Euro im Jahr 2014.

          Zastrow K.-D. Neue Hygienerichtlinien – Anforderungen an Kliniken und Praxen. Passion Chirurgie. 2014 Januar, 4(01): Artikel 02_01.

          Hygiene-Tipp: Reinigung von Gardinen und Vorhängen

          Gardinen sowie Sichtschutz- und Duschvorhänge können durch Hand- oder Körperkontakt kontaminiert sein. Anhaftende pathogene Keime können damit auf andere Patienten übertragen werden. Deshalb sind grundsätzlich wischdesinfizierbare Materialen bzw. Sichtschutzwände, die in die routinemäßige Reinigung einbezogen werden können, zu bevorzugen.

          Bei Duschen sind abwischbare Schiebewände gegenüber Vorhängen vorzuziehen.

          Gardinen und Vorhänge aus patientenrelevanten Bereichen müssen zur Aufbereitung einem desinfizierenden Waschverfahren unterzogen werden (40°- oder 60°-Wäsche unter Verwendung eines geeigneten desinfizierenden Waschmittels).

          Die Aufbereitung von Gardinen und Vorhängen ist in patientenrelevanten Bereichen erforderlich

          • bei sichtbarer Verschmutzung,
          • bei anzunehmender Kontamination, – z. B. bei Besiedlung/Infektion mit multiresistenten Erregern und
          • bei unzuverlässigem Hygieneverhalten des Patienten.

          Die Entscheidung hierüber trifft das Pflegepersonal der Station.

          Zastrow K.-D. / Popp W. Hygiene-Tipp: Reinigung von Gardinen und Vorhängen. Passion Chirurgie. 2013 Dezember; 3(12): Artikel 03_03.

          Hygiene-Tipp: Hygienemaßnahmen bei der Gelenkpunktion/Arthroskopie

          Gemäß Empfehlungen der KRINKO (2000) sind Gelenk- und Knochenoperationen sowie arthroskopische Untersuchungen und Eingriffe als „Operationen in nicht kontaminierter Region“ zu bewerten und daher in einem OP unter aseptischen Kautelen durchzuführen (vor jedem Eingriff chirurgische Händedesinfektion, frischer steriler OP-Kittel, neue sterile OP-Handschuhe, neuer Mund-/Nasenschutz).

          Eine Entfernung störender Behaarung ist unmittelbar vor dem Eingriff hautschonend (z. B. surgical clipper) durchzuführen. Zur Hautantiseptik werden bei intakter Haut alkoholbasierte Präparate (beispielsweise Alkohol + PVP-Jod) empfohlen. Dabei gilt zu beachten, dass die Desinfektion talgdrüsenreicher Haut längere Einwirkzeiten erfordert (ca. zehn Minuten), im Vergleich zu talgdrüsenarmer Haut (mindestens drei Minuten). Entscheidend sind die Angaben der Hersteller! Die Haut muss während der erforderlichen Einwirkzeit satt benetzt sein. Die Umgebung der Punktionsstelle ist großflächig steril abzudecken. Es ist ausschließlich steriles Material zu verwenden.

          Abschließend ist die Punktionsstelle mit einem sterilen Verband abzudecken, der unter Einhaltung aseptischer Bedingungen nach Erfordernis zu wechseln ist.

          Intraartikuläre Injektionen von Corticosteroiden erhöhen das Risiko einer Gelenkinfektion und sollen daher nur nach kritischer Indikationsabklärung durchgeführt werden.

          Aufgrund mangelnder Datenlage und im Hinblick auf Begünstigung von Resistenzen soll der Einsatz einer perioperativen Antibiotika-Prophylaxe nur bei gesicherter Indikation (kontaminierte/septische Eingriffe) erfolgen.

          Die Angaben geben die Meinung der Autoren wieder.

          Zastrow K.-D. / Popp W. Hygiene-Tipp: Hygienemaßnahmen bei der Gelenkpunktion/Athroskopie. Passion Chirurgie. 2013 November; 3(11): Artikel 03_05.

          Hygiene-Tipp: Planung und Abnahme von RLT-Anlagen für OP-Räume

          Die DIN 1946-4 regelt Raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) im Gesundheitswesen. Die letzte Fassung von 2008 wurde wegen verschiedener Regelungen kritisiert, gleichwohl gilt sie als Stand der Technik und sollte insbesondere bei Neubaumaßnahmen Beachtung finden.

          Wenn eine RLT-Anlage im OP-Saal entsprechend Raumklasse 1a gebaut werden soll, so bedeutet dies eine turbulenzarme Verdrängungsströmung (TAV) mit einem Deckenfeld von etwa 3,2 x 3,2 m. Die Zumischung von Umluft in einem gewissen Umfang ist erlaubt. Die erste Filterstufe muss mindestens Filterklasse F 5, empfohlen Filterklasse F 7 sein, die zweite Filterstufe Filterklasse F 9 und die dritte Filterstufe ein Schwebstofffilter mit mindestens der Klasse H 13.

          Von Beginn der Planung an ist ein Facharzt für Hygiene, z. B. der zuständige Krankenhaushygieniker, einzubeziehen.

          Nach Fertigstellung der Anlage muss eine technische und hygienische Abnahme erfolgen, wobei die hygienische Abnahme der technischen folgt. Beides ist schriftlich zu dokumentieren. Die praktische Durchführung der hygienischen Abnahme ist durch eine sachkundige und von der Planung und Erstellung der Anlage unabhängige Stelle vorzunehmen. Die Interpretation der Abnahmeergebnisse und Freigabe des OP-Raumes erfolgt durch einen Facharzt für Hygiene.

          Bei der hygienischen Abnahme ist die Schutzgradmessung wegen ihres guten Informationsgehaltes durchzuführen, denn der Schutzgrad gibt den Faktor von log-Stufen an, um wie viel die Luftreinheit im TAV-Bereich besser ist als im Übrigen OP-Raum. Eine Mischlüftung hat den Schutzgrad von Null. Bei einer TAV-Strömung ist ohne eingeschwenkte OP-Leuchten ein Schutzgrad von ≥ 4 und mit eingeschwenkten OP-Leuchten von ≥ 2 erforderlich. Das Erreichen nur einer der beiden Schutzgradniveaus ist nicht ausreichend. Insbesondere ein Schutzgrad von ≥ 2 bei eingeschwenkten OP-Leuchten ist zu fordern, da dies die reale OP-Situation wiedergibt.

          Es empfiehlt sich, bereits bei Beginn der Planung diese Abnahmeziele schriftlich festzulegen.

          Dieser Tipp gibt die Meinung der Autoren wieder.

          Popp, W. / Külpmann R. / Zastrow K.-D. Hygiene-Tipp: Planung und Abnahme von RLT-Anlagen für OR-Räume. Passion Chirurgie. 2013 Oktober; 3(10): Artikel 03_03.

          Hygiene-Tipp: Darf der Operateur den OP während der Operation verlassen – welche Hygienemaßnahmen sind erforderlich?

          Das OP-Team trägt sterile OP-Mäntel und sterile OP-Handschuhe. Kommt es während der Operation zur Kontamination des Operationskittels, des Sterilfeldes oder der Operationshandschuhe, werden Kittel bzw. Handschuhe gewechselt bzw. das Operationsfeld neu abgedeckt, unsteril gewordene Instrumente werden gewechselt (RKI, 2007).

          Die Aufrechterhaltung der Sterilität kann beim Verlassen des Operationssaales durch den operierenden Chirurgen nicht garantiert werden, daher muss er bei Verlassen des Saales folgende Maßnahmen durchführen:

          • bei Verlassen des Operationssaales sind der (möglicherweise) blutige sterile Kittel sowie die (ehemals) sterilen Handschuhe abzulegen und zu entsorgen,
          • vor Betreten des nächsten Operationssaales ist eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen; Haarschutz und Mund-Nasenschutz bleiben angelegt,
          • bei Rückkehr in den ersten Operationssaal ist eine erneute chirurgische Händedesinfektion durchzuführen (ohne Waschphase),
          • im Operationssaal sind ein neuer steriler Kittel und sterile Handschuhe anzulegen.

          Selbstverständlich dürfen derartige Unterbrechungen der OP nur Sonderfälle sein und so kurz wie möglich erfolgen.

          Dieser Tipp gibt die Meinung der Autoren wieder.

          Zastrow KD / Martiny H. Hygiene-Tipp: Darf der Operateur den OP während der Operation verlassen. Passion Chirurgie. 2013 September; 3(09): Artikel 03_05.

          Hygiene-Tipp: Wasserstoffperoxid-Verneblung

          Im anglo-amerikanischen Raum wurden in den letzten Jahren viele Berichte über den Erfolg einer Wasserstoffperoxid-Verneblung zur Desinfektion publiziert.

          Inzwischen in Deutschland vorliegende Erfahrungen weisen auf diverse Probleme hin, die vor Einsatz dieser Systeme bedacht werden sollten:

          • Der in Deutschland geltende MAK-Wert, auch für kurze Expositionszeiten, beträgt 0,5 ppm. Dieser Wert ist unter Umständen erst nach einer längeren Lüftungsphase zu erreichen.
          • Dementsprechend ist eine Lüftungsplanung für die behandelten Räume notwendig.
          • Vor Beginn der Verneblung müssen überschüssige Materialien, z. B. offen gelagerte Einmalartikel, entfernt werden.
          • Vorhänge und andere Textilien müssen ebenfalls entfernt werden, da sie das Wasserstoffperoxid aufnehmen und damit die Luftkonzentration senken würden.
          • Eine RLT-Anlage muss ausgeschaltet oder Luftauslässe müssen abgeklebt werden.
          • Ebenso müssen Türschlitze von außen abgeklebt und nach Beginn der Vernebelung die Tür mit einem Hinweisschild versehen werden.
          • Da die Gefahr einer Fehlauslösung der Brandmelder besteht, ist gegebenenfalls deren Abschaltung während des Sprühvorganges, eventuell auch in einer nachfolgenden Zeit, erforderlich. Gegebenenfalls muss mit der Feuerwehr die Notwendigkeit von Brandwachen geklärt werden.
          • Eine Korrosion der Brandmelder durch das Wasserstoffperoxid scheint derzeit eher unwahrscheinlich, bedarf aber noch einer endgültigen Klärung.

          Grundsätzlich vorteilhaft ist, dass das Personal keinen Befähigungsschein braucht wie z. B. bei der Formaldehyd-Vernebelung.

          Auch kann ein Einsatz der Verneblung, in Ergänzung zur desinfizierenden Reinigung, bei bestimmten Situationen sinnvoll sein, z. B. nach wiederholten Ausbrüchen mit multiresistenten Erregern oder nach offener Lungentuberkulose.

          Ein routinemässiger Einsatz in Rettungswagen macht keinen Sinn, da grundsätzlich auf eine desinfizierende Scheuer-Wisch-Reinigung nicht verzichtet werden kann und ebenfalls z. B. offen gelagertes Sterilgut entfernt werden müsste. Eine Desinfektion der Luft in Rettungswagen ist nicht erforderlich, da ein vollständiger Luftaustausch bei geöffneten Türen sofort erfolgt.

          Popp W. / Parohl N. / Ross B. / Spors J. / Zastrow K.D. Hygiene-Tipp: Wasserstoffperoxid-Verneblung. Passion Chirurgie. 2013 August; 3(08): Artikel 03_02.

          Hygiene-Tipp: Was zuerst: Steriler Kittel oder präoperative Hautantiseptik?

          In der Praxis wird die präoperative Hautdesinfektion sowohl mit als auch ohne angelegtem sterilen OP-Kittel durchgeführt.

          Zum Ablauf gibt es keine Vorgaben, auch nicht von der RKI. Dennoch sollte der hygienisch korrekte Ablauf im Hygieneplan festgelegt werden.

              • Nach durchgeführter chirurgischer Unterarm- und Händedesinfektion
              • nimmt der/die OperateurIn das sterile Gefäß mit dem alkoholischen Desinfektionsmittel und den entsprechenden Tupfern von dem OP-Personal entgegen und
              • desinfiziert großzügig mit Hilfe einer Kornzange zwei bis drei Mal das OP-Gebiet des Patienten von zentral nach peripher, jeden Tupfer nur einmal verwendend.
              • Die Einwirkzeit ist abhängig vom betreffenden Hautareal (talgdrüsenreich/-arm).

          Danach erhält der/die OperateurIn vom OP-Personal den sterilen OP-Mantel und zieht sich diesen an, bzw. wird vom OP-Personal im Ankleiden unterstützt.

          Zuletzt werden die sterilen OP-Handschuhe angelegt und dann der/die PatientIn mit sterilen OP-Tüchern abgedeckt. Danach kann die OP beginnen.

          Aus Sicht der Hygiene ist dieses Verfahren zu bevorzugen, da dabei keine Gefahr einer unbemerkten Kontamination des sterilen Kittels besteht.

          Zudem wird auch die Einhaltung der Einwirkzeit der Hautantiseptik begünstigt.

          Popp W. / Zastrow KD. / Nußbaum B. Hygiene-Tipp: Was zuerst: Steriler Kittel oder präoperative Hautantiseptik? Passion Chirurgie. 2013 Mai; 3(05): Artikel 03_03.

          Hygiene-Tipp: Riosikominimierung der Übertragung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

          Maßnahmen zur Minimierung des Risikos einer Übertragung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK)/vCJK (Variante) durch Medizinprodukte

          In der neuen Empfehlung der Krankenhaushygienekommission (KRINKO) des RKI zu Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten werden detaillierte Angaben zum Verhalten bezüglich der CJK/vCJK-Risiko gemacht:

          Es werden Risikogruppen 1 bis 6 definiert:

          1. Personen, die an der vCJK leiden oder unter Verdacht stehen, daran zu leiden (mögliche oder klinisch wahrscheinliche vCJK),
          2. Personen, die an CJK leiden oder unter Verdacht stehen, daran zu leiden (mögliche oder klinisch wahrscheinliche CJK),
          3. Personen, die mit einem CJK Patienten (Risikogruppe 2 bzw. an CJK Verstorbene) verwandt sind (außer es wurde eine genetische Krankheitsform bei den betroffenen Verwandten ausgeschlossen),
          4. Empfänger von (nicht-rekombinantem) humanem Wachstumshormon und von Cornea- oder Dura Mater-Tranplantaten,
          5. Patienten mit ungeklärter, rasch fortschreitender Erkrankung des ZNS mit und ohne Demenz ohne konkreten Verdacht auf CJK,
          6. alle anderen Personen.

          Es werden folgende Risikoeingriffe a bis e definiert:

          a)  Neurochirurgische Eingriffe mit Kontakt zum ZNS (Gehirn, Rückenmark, Nervus opticus) sowie Eingriffe mit Kontakt zu Spinal- und Trigeminusganglien, Innenohr, Hypophyse oder Area olfactoria der Nasenschleimhaut;

          b)  chirurgische Eingriffe am Auge (hintere Augenabschnitte: Retina und Nervus opticus); (sowie Cornea-Transplantation und Eingriffe unter Anwendung von Cornea-Transplantaten);

          c)  sonstige chirurgische Eingriffe mit Kontakt zu Risikogewebe (HNO, olfaktorisches Epithel);

          d)  Lumbalpunktion zur Gewinnung von Liquor (in der Regel nicht relevant, da grundsätzlich Einwegprodukte angewendet werden);

          e)  bei vCJK zusätzlich Eingriffe am lymphatischen Gewebe wie z. B. Tonsillektomie, Splenektomie, Appendektomie, Eingriffe am terminalen Ileuum, Lymphknotenexstirpation, -biopsie, Eingriffe am Knochenmark (z. B. in der Orthopädie oder Unfallchirurgie). Blut ist nur bei vCJK als spezifisches Risikomaterial anzusehen.

          Sofern nicht ausschließlich Einmalprodukte eingesetzt werden, wird die Vorreinigung und Reinigung/Desinfektion mit alkalischen Präparaten empfohlen. Die Dampfsterilisation mit 134 °C und Haltezeit von fünf Minuten ist ausreichend, sofern eine entsprechende Vorbehandlung (mit alkalischen Präparaten) stattgefunden hat.

          Eine Haltezeit von 18 Minuten bei der Sterilisation ist erforderlich, wenn die Medizinprodukte nicht zuverlässig oder nicht sicher in einem RDG (alkalisch) aufbereitet werden konnten.

          Für Endoskope, die im HNO-Bereich oder der Neurochirurgie zum Einsatz kamen (Risikoeingriffe a, b, c und e), wird von einer höheren potenziellen Erregerlast ausgegangen.

          Betroffen durch die Risikoeingriffe sind gegebenenfalls die Neurochirurgie, die Neurologie, die Augenheilkunde, die HNO-Heilkunde, die Orthopädie und Unfallchirurgie. Diese sollten folgendes prüfen:

          • Sofern die Vorreinigung/Reinigung/Desinfektion mit alkalischen Präparaten erfolgt (maschinell), reicht die übliche Sterilisation bei 134 °C mit fünf Minuten Dauer aus.
          • Sofern keine alkalischen Präparate eingesetzt werden, ist eine Sterilisationsdauer von 18 Minuten erforderlich, wobei der Sterilisator auch für diese Zeit validiert werden muss.
          • Im Falle der manuellen Aufbereitung mit alkalischen Präparaten muss im Einzelfall entschieden werden.

          Popp W. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Riosikominimierung der Übertragung der Creutzfeldt Jakob-Krankheit. Passion Chirurgie. 2013 April; 3(04): Artikel 03_03.

          Hygiene-Tipp: Freistellung von Hygienebeauftragten

          Nach einer – inzwischen verbindlichen – Empfehlung der Krankenhaushygienekommission des RKI (KRINKO) aus dem Jahr 2009 müssen Krankenhäuser sowie Einrichtungen für ambulantes Operieren, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen und Tageskliniken über hygienebeauftragte Ärzte verfügen.

          Hygienebeauftragte Pflegekräfte sollen mindestens in Krankenhäusern vorhanden sein.

          Allen Hygienebeauftragten ist aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) in angemessenem Umfang während der regulären Arbeitszeit die Möglichkeit zu geben, ihren zusätzlichen Aufgaben nachzukommen.

          Die DGKH empfiehlt folgende Zeiten der bezahlten Freistellung:

          hygienebeauftragter Arzt:

          –   mindestens 2 Stunden je Woche bei Anwesenheit,

          –   mindestens 4 Stunden je Woche ohne Anwesenheit eines hauptamtlichen Krankenhaushygienikers

          hygienebeauftragte Pflegekraft:

          –   mindestens 4 Stunden je Woche

          Bei aktuellen Problemen mit hohem Gefährdungspotential für die Patienten (z. B. zur Kontrolle eines Ausbruchs) ist zusätzlich eine zeitnahe Freistellung von den Routineaufgaben erforderlich.

          Popp W. / Zastrow KD. Hygiene-Tipp: Freistellung von Hygienebeauftragten. Passion Chirurgie. 2013 März; 3(03): Artikel 03_02.

          Hygiene-Tipp: Hygiene bei Punktionen und Injektionen

          Nach den verbindlichen Empfehlungen der Krankenhaushygiene-Kommission des RKI sind bei Injektionen und Punktionen u. a. folgende Maßgaben zu beachten:

          Punktion Tupfer
          Abdeck- oder Lochtuch Schutzkleidung
          Durchführende Person Assistenz
          i.c., s.c., i.m. Injektion keimarm Keine Anforderungen
          i.v. Injektion keimarm Keimarme Handschuhe
          Blutentnahme keimarm keine Keimarme Handschuhe
          i.m. Injektion von Corticoiden steril keine Keimarme Handschuhe
          Lumbalpunktion (diagnostisch) steril steril Sterile Handschuhe Keine Anforderungen
          Blasenpunktion steril Sterile Handschuhe Keine Anforderungen
          Anlage einer suprapubischen Ableitung steril steril Sterile Handschuhe, Mund-Nasen-Schutz Keine Anforderungen
          Pleura-, Aszites-punktion (diagnostisch) steril Sterile Handschuhe, Mund-Nasen-Schutz Keine Anforderungen
          Organpunktion (Niere, Leber, Lymphknoten, Schilddrüse) steril steril Sterile Handschuhe Keine Anforderungen
          Gelenkpunktion (diagnostisch bzw. mit Einzelinjektion) steril steril Sterile Handschuhe,
          Mund-Nasen-Schutz bei Punktion mit Spritzenwechsel
          Mund-Nasen-Schutz bei Punktion mit Spritzenwechsel
          Periduralanästhesie/
          Spinalanästhesie mit Katheteranlage.
          Anlage eines Periduralkatheters zur Schmerztherapie
          steril steril Sterile Handschuhe,
          Mund-Nasen-Schutz,
          OP-Haube,
          steriler langärmliger Kittel
          Unsterile Handschuhe,
          Mund-Nasen-Schutz
          Perkutane endokopische Gastrostomie-Anlage (PEG) steril steril Sterile Handschuhe,
          Mund-Nasen-Schutz,
          OP-Haube,
          steriler langärmliger Kittel
          Unsterile Handschuhe,
          Mund-Nasen-Schutz,
          ggf. Einwegschürze

          Popp W. / Zastrow KD / Ross B. Hygiene-Tipp: Hygiene bei Punktionen und Injektionen. Passion Chirurgie. 2013 Februar; 3(02): Artikel 03_03.