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VDK: Scheitern mit Ansage – Folgen der Personaluntergrenzen

Es ist genauso gekommen, wie es der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) aus seiner Kenntnis der Praxis vor einem Jahr vorausgesagt hat: Das Kind wurde mit dem Bade ausgeschüttet. Mit einer Ministerverordnung wurden starre Personaluntergrenzen für den Einsatz von Pflegekräften in vier pflegesensitiven Bereichen der Krankenhäuser festgelegt: Intensivmedizin, Geriatrie, Kardiologie und Unfallchirurgie. Eine repräsentative Befragung des Deutschen Krankenhausinstituts zeigt nun, dass 37 Prozent der Krankenhäuser zeitweise Intensivbetten schließen mussten, 23 Prozent der Krankenhäuser haben Betten gesperrt, 29 Prozent haben Bereiche zeitweise von der Notfallversorgung bei der Leitstelle des Rettungsdienstes abmelden müssen.

„Wir haben die Festlegung der Untergrenzen in einer ausführlichen Stellungnahme kritisiert und vor der Verknappung von Behandlungskapazitäten gewarnt. Genau so ist es nun gekommen. Von politischer Seite sollte man sich fragen, ob dies die gewollte Verbesserung der Versorgung ist. Oder steckt auch hier eine Strategie des Strukturabbaus dahinter, wenn eine Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen vor allem von Seiten des GKV-Spitzenverbandes gefordert wird? Es scheint bei den Untergrenzen zuletzt um Qualität und kaum um den Patienten zu gehen, wenn Patienten aufgrund von Formalkriterien abgewiesen werden müssen“, kommentiert VKD-Präsident Dr. Josef Düllings.

Der VKD hatte in seiner Stellungnahme vor einem Jahr gefordert, die Verordnung auszusetzen, so lange kein geeignetes, gut begründetes, praxistaugliches Personalbemessungsinstrument zur Verfügung steht, das der Komplexität der Pflegetätigkeiten gerecht wird und dem Management auch genügend Spielraum für hausindividuelle Entscheidungen lässt. „Wie die DKG fordern auch wir das Bundesministerium für Gesundheit auf, den Umstieg auf ein praxistaugliches Personalbemessungsinstrument jetzt einzuleiten, statt auch noch die Intensivstationen für Schlaganfälle wegen hochfraglicher Personalquoten zu Abmeldungen zu zwingen“, so Dr. Düllings.

Hintergrund

Das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) führt im Auftrag seiner Träger – der Deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands und dem Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands – jährlich eine Repräsentativbefragung deutscher Krankenhäuser zu aktuellen gesundheits- und krankenhauspolitischen Themen durch. Die jetzt vorgestellten Zwischenergebnisse beruhen auf einer schriftlichen Befragung einer repräsentativen Stichprobe zugelassener Allgemeinkrankenhäuser ab 100 Betten. Das DKI betont, dass vorbehaltlich der üblichen Fehlertoleranz die Ergebnisse als repräsentativ für die Grundgesamtheit gelten können.

Quelle:  Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V., Oranienburger Straße 17, 10178 Berlin, 06.09.2019

Finanzergebnisse der Krankenkassen im 1. Halbjahr 2019

Jens Spahn: „Leistungsverbesserungen kommen bei den Versicherten an“

Um ihre Rücklagen abzubauen, haben die gesetzlichen Krankenkassen im ersten Halbjahr 2019 mehr ausgegeben, als sie durch Beitragszahlungen ein-genommen haben. Trotzdem liegen ihre Finanzreserven immer noch bei rund 20,8 Milliarden Euro. Das zeigt die aktuelle Krankenkassen-Statistik. Im Durchschnitt entspricht dies etwa einer Monatsausgabe und damit etwa dem Vierfachen der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve.

Insgesamt haben die gesetzlichen Krankenkassen bei einem Ausgabenvolumen von 125 Milliarden Euro im 1. Halbjahr 2019 ein leichtes Defizit von rund 544 Millionen Euro verbucht. Die Einnahmen der Krankenkassen sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,6 Prozent und die Ausgaben um 4,7 Prozent gestiegen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: “Die gesetzlichen Krankenversicherungen stehen weiterhin gut da. Dabei helfen die gute Konjunktur und eine maßvolle Ausgabenpolitik. Die aktuellen Kassenzahlen zeigen in die richtige Richtung: Notwendige Leistungsverbesserungen kommen jetzt bei den Versicherten an. Und Krankenkassen mit übermäßig hohen Finanzreserven haben endlich begonnen, ihre Mitglieder über geringere Zusatzbeiträge zu entlasten.”

Einnahmen in Höhe von rund 124,7 Milliarden Euro standen Ausgaben von rund 125,2 Milliarden Euro gegenüber. Damit sind die Gesamteinnahmen der Krankenkassen um 3,6 Prozent gestiegen. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von rund 0,5 Prozent einen Zuwachs von 4,7 Prozent. Zum Stichtag 1. Juli 2019 lag der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz mit 0,99 Prozent erstmals seit 2015 wieder unterhalb der 1-Prozent-Marke und damit rund 0,1 Prozentpunkte unterhalb des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes im Jahr 2018.

Auf der Einnahmeseite ist zu berücksichtigen, dass der von den Krankenkassen erhobene durchschnittliche Zusatzbeitragssatz um rund 0,1 Prozentpunkte unterhalb des Niveaus des Vorjahreszeitraums lag. Ausgabenseitig spiegeln sich in den ansteigenden Veränderungsraten auch Mehrausgaben aus dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz und Terminservice- und Versorgungsgesetz wider, die Anfang des Jahres bzw. im Laufe des 2. Quartals in Kraft getreten sind.

Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten

Bei einer differenzierten Betrachtung nach Krankenkassenarten ergibt sich folgendes Bild: Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOKen) verzeichneten im 1. Halbjahr ein leichtes Defizit von rund 68 Millionen Euro, die Ersatzkassen von 297 Millionen Euro, die Betriebskrankenkassen (BKKen) von 126 Millionen Euro und die Innungskrankenkassen (IKKen) von 95 Millionen Euro. Bei AOKen, Ersatzkassen und IKKen ist der Ausgabenüberschuss weitestgehend jeweils auf Defizite einer großen Krankenkasse mit hohen Finanzreserven zurückzuführen. Einnahmenüberschüsse gab es bei der Knappschaft-Bahn-See mit 24 Millionen Euro und der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung mit 18 Millionen Euro.

Ergebnis des Gesundheitsfonds

Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 15. Januar 2019 über eine Liquiditätsreserve in einer Größenordnung von rund 9,7 Milliarden Euro verfügte, verzeichnete ähnlich wie im Vorjahreszeitraum einen saisonüblichen Ausgabenüberhang von rund 2,9 Milliarden Euro.

Aus dem unterjährigen Defizit des Gesundheitsfonds können keine Rückschlüsse auf eine ähnliche Entwicklung im weiteren Jahresverlauf gezogen werden. Während die Ausgaben des Gesundheitsfonds als monatlich gleiche Zuweisungen an die Krankenkassen fließen, unterliegen die Einnahmen unterjährig erheblichen Schwankungen. Denn die Einnahmen aus der Verbeitragung von Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeldzahlungen fließen dem Gesundheitsfonds weitestgehend in der zweiten Jahreshälfte zu. Hinzu kommen weitere Zusatzeinnahmen, aus den Rentensteigerungen zur Jahresmitte.

Durch die weiterhin günstige Entwicklung der Beitragseinnahmen des Gesundheitsfonds bei einem Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen im 1. Halbjahr von 4,4 Prozent hat die gesetzliche Krankenversicherung, wie die anderen Sozialversicherungszweige, von der positiven Lohn- und Beschäftigungsentwicklung profitiert.

Veränderungsraten bei den Ausgaben

Die Leistungsausgaben der Krankenkassen stiegen um 4,8 Prozent, die Verwaltungskosten um 0,9 Prozent. Bei der Interpretation der Daten des 1. Halbjahres ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten häufig noch nicht vorliegen.

Entwicklungen in den größeren Leistungsbereichen

Die Ausgaben für Krankenhausbehandlung sind im 1. Halbjahr 2019 um 2,9 Prozent und damit weiterhin moderat gestiegen. Bei Erhöhungen der Landesbasisfallwerte von durchschnittlich rund 2 ½ Prozent spricht vieles dafür, dass es in den Krankenhäusern auch in den Monaten Januar bis Juni nur eine moderate Mengenentwicklung gegeben hat.

Die Arzneimittelausgaben stiegen um 4,9 Prozent. Hierbei spielen weiterhin die Entwicklungen im Bereich innovativer Arzneimittel eine zentrale Rolle. Die Krankenkassen werden nach wie vor durch deutliche Zuwächse (+8,3 Prozent) bei Rabattvereinbarungen mit pharmazeutischen Unterneh-mern entlastet. Hohe Zuwachsraten von 13,8 Prozent gab es bei den Ausgaben für Schutzimpfungen.

Im Bereich der vertragsärztlichen Vergütung stiegen die Ausgaben um rund 4,0 Prozent. Hohe Zuwachsraten gab es dabei insbesondere durch höhere Vergütungen bei extrabudgetären psychotherapeutischen Leistungen (+14,5 Prozent), Hochschulambulanzen (+ 23,5 Prozent) und spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (+15,6 Prozent).

Deutlich überproportional sind vor allem die Ausgaben für Heilmittel (+13 Prozent). Hier gab es in allen Leistungsbereichen (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden und Podologen) zweistellige Zuwachsraten. Bei Heilmitteln machen sich vor allem die vom Gesetzgeber schrittweise vorgegebenen Honorarsteigerungen bemerkbar, die zu einer wesentlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Heilmittelerbringer beitragen.

Mit der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung 2019 wird sich Mitte Oktober der Schätzerkreis aus Finanzexperten von Bundesversicherungsamt, Bundesministerium für Gesundheit und GKV-Spitzenverband befassen. Nach Auswertung der Ergebnisse des Schätzerkreises wird das BMG bis zum 1. November den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz für das kommende Jahr bekanntgeben.

Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, Rochusstr. 1, 53123 Bonn, www.bundesgesundheitsministerium.de, 04.09.2019

BÄK und KBV kritisieren Überlegungen zum Sicherstellungs­auftrag

BÄK und KBV kritisieren Überlegungen zum Sicherstellungs­auftrag in der Notfallversorgung

Der im Juli vom Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter­ium (BMG) vorgestellte Diskussions­entwurf für eine Reform der Notfallversorgung muss aus Sicht von Bundes­ärzte­kammer (BÄK) und Kassen­ärztlicher Bun­desvereinigung (KBV) in einigen Punkten nachgebessert werden. Das gilt vor allem für den Sicherstellungauftrag, wie BÄK-Präsident Klaus Rein­hardt und der stellvertretende Vor­sitzende der KBV, Stephan Hofmeister, im Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt (27.08.2019) klarstellen.

Deutsches Ärzteblatt (DÄ): Herr Reinhardt, Herr Hofmeister, wie bewerten Sie den Dis­kussions­entwurf aus dem Hause Spahn?

Klaus Reinhardt: Die Richtung stimmt. Wir haben auf Deutschen Ärztetagen selbst Vor­schläge für integrierte Notfallversorgungsstrukturen erarbeitet. Die Politik hat davon ei­niges übernommen. Dass jetzt ambulante Strukturen der Notfallversorgung in sogenann­ten Integrierten Notfallzentren mit geeigneten Krankenhausstandorten zusammen­arbeiten sollen, ist richtig und wichtig. Das müssen wir weiter ausarbeiten.

Stephan Hofmeister: Auch wir bewerten die Zielsetzung des Diskussionsentwurfs vom Grundsatz her positiv: Es ist sinnvoll, die Notfallversorgung zu reformieren. Es dürfen dabei aber nicht gewachsene Strukturen zerstört werden. Die Kassenärztlichen Vereini­gungen (KVen) bauen mit großen Anstrengungen die derzeitige Bereitschaftsdienst­num­mer 116117 zu einer umfassenden Nummer aus, unter der spätestens ab Beginn des nächsten Jahres sowohl Terminvermittlungen als auch Ersteinschätzungsverfahren statt­finden können – alles mit dem Ziel, die Notaufnahmen in den Krankenhäusern zu ent­lasten. Bereits heute betreiben die KVen an Krankenhäusern über 750 Bereitschafts­dienst- oder Portalpraxen. Vorhandene und bewährte Strukturen gilt es sinnvoll zu inte­grieren. Eins ist natürlich auch klar: Neue Ärzte gibt es dadurch nicht. Es gilt, die vor­handenen knappen Ressourcen zu bündeln.

DÄ: Sie haben die „Integrierten Notfallzentren (INZ)“ bereits angesprochen. Wie sollten Ihrer Meinung nach die Zuständigkeiten rund um die INZ verteilt sein?

Hofmeister: Eine aus unserer Sicht sinnvolle Struktur für ein Integriertes Notfallzentrum, das in Kooperation und mit klaren Kompetenzen mit dem Krankenhaus von der KV be­trieben wird, besteht im Idealzustand aus einer Ambulanzeinheit in Trägerschaft der Kassenärztlichen Vereinigung sowie einer Notfalleinheit mit Schockraum, Stroke Unit, Trauma Center usw. in Trägerschaft des Krankenhauses. Damit ist auch die Zahl der Stand­orte klar umgrenzt. Die genaue Art der Kooperation sowie die jeweilige Leistungs­fähigkeit werden möglichst exakt definiert, standardisiert und vereinbart. Das ist inte­grierte Versorgung und damit auch ein INZ. Mit dieser Konzeption wissen wir viele Krankenhausträger an unserer Seite.

Reinhardt: Bei der Wahl der Standorte der INZ muss genau darauf geachtet werden, dass den regionalen medizinischen Gegebenheiten und Erfordernissen Rechnung getragen wird. Keinesfalls sollten wir mit der Brechstange niederreißen, was in den letzten Jahren an guten passgenauen regionalen Angeboten entstanden ist. Herr Hofmeister hat auf die Notfall- und Portalpraxen in Deutschland hingewiesen. Sie sollten unbedingt in das neue Konzept integriert werden. Ich rate dringend dazu, die  Ärztekammern bei der Stand­ortaus­wahl für die Integrierten Notfallzentren stimmberechtigt zu beteiligen. Auch bei anderen wichtigen Fragen, wie zum Beispiel nach möglichen Auswirkungen der Reform auf Weiterbildungskapazitäten oder nach den Anforderungen an die Qualifikation von Ärzten, die die Endverantwortung für die Triage tragen sollen, sind wir die richtigen Ansprechpartner.

DÄ: Möglicherweise wird es einen neuen eigenständigen Versorgungsbereich geben, einen sogenannten dritten Sektor. Was halten Sie davon?

Hofmeister: Wir sind der festen Überzeugung, dass ein eigentlicher dritter Sektor, der über das Wesen einer gesonderten Finanzierung hinausgeht, weder erforderlich noch zweckmäßig ist. Eine Neuordnung der Notfall – und Bereitschaftsdienstversorgung wird jedoch gerade in strukturschwachen Gebieten eine Finanzierung brauchen. Hierbei han­delt es sich ja letztlich um „Daseinsfürsorge“, die man beispielsweise über Systemzu­schläge, Steuern o.ä. finanzieren muss. Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen dürfen hiermit nicht finanziell belastet werden.

Reinhardt: Ich sehe keinen Sinn darin, eine neue Versorgungsebene einzuziehen. Viel entscheidender ist doch, dass die neuen Strukturen angemessen finanziert werden. Die Kosten müssen eins zu eins abgebildet werden, da dürfen sich die Krankenkassen nicht aus der Verantwortung stehlen. Wir brauchen eine extrabudgetäre Honorierung dieses Versorgungsbereichs auf Basis der bestehenden Vergütungssystematik. Im Übrigen: Wenn die Reform gelingt, wird sie der sektorenübergreifenden Versorgung insgesamt neue Im­pulse geben. Das heißt aber auch, dass die Politik jetzt nicht überziehen darf. Ich warne deshalb davor, den Sicherstellungauftrag für die Notfallversorgung auf die Bundesländer zu übertragen. Eine solche Abkehr von dem bislang klar geregelten Verantwortlichkeiten bringt für die Patienten keinerlei Vorteile, birgt aber unkalkulierbare Risiken für die Versorgung.

DÄ: Der Gemeinsame Bundes­aus­schuss soll Vorgaben für Strukturen sowie Qualitäts- und Personalanforderungen der neuen Integrierten Notfallzentren schaffen. Ein guter Vorschlag?

Reinhardt: Ich glaube nicht, dass man so etwas von Berlin aus vorgeben muss. Die Einbe­ziehung des G-BA wird die konkrete Umsetzung der Pläne zwangsläufig verzögern. Wir alle wissen doch, dass die Beratungs- und Beschlussverfahren des G-BA aus formellen Gründen mit einem erheblichen zeitlichen Vorlauf verbunden sind. Außerdem kann auf Landesebene viel besser auf die tatsächlichen Bedürfnisse vor Ort eingegangen werden. Wenn es also zentrale Vorgaben des G-BA geben soll, dann sollte man sie auf ein vertretbares Minimum beschränken.

DÄ: Herr Hofmeister, wie entwickelt sich die Notfallversorgung in Zahlen?

Hofmeister: Die vertragsärztlichen Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigun­gen belegen – das hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung erst jüngst nachgewie­sen – einen deutlichen Trend: Die Zahl der an deutschen Krankenhäusern ambulant be­han­delten Notfallpatienten geht seit 2016 kontinuierlich zurück. Bis 2018 ist die Anzahl der Behandlungen dort um rund 222.000 Fälle gesunken. Gleichzeitig stiegen die durch niedergelassene Haus- und Fachärzte behandelten ambulanten Notfälle seit 2015 konti­nuierlich um 360.000 Fälle von 8,96 Millionen in 2015 auf 9,32 Millionen Fälle in 2018 an.

DÄ: Noch liegt kein Gesetzentwurf vor. Wie geht es jetzt weiter?
Reinhardt: Das BMG hat seine Reformskizze als Diskussionspapier bezeichnet. Wir neh­men das Ministerium hier beim Wort und werden über einige kritische Punkte sicherlich noch diskutieren.

Hofmeister: Ich gehe davon aus, dass es bei Abwägung aller Notwendigkeiten zu einem sinnvollen Gesetzesentwurf kommt der die Notfallversorgung in Deutschland zukunfts­sicher macht,  indem er die unterschiedlichen Kompetenzen der Beteiligten sinnvoll mit einzelnen Umsetzungsschritten einbindet.

Quelle: Bundesärztekammer, Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern, Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, http://www.bundesaerztekammer.de, 28.08.2019

116117 Bereitschaftsnummer

Ärztlicher Bereitschaftsdienst: Elfen werben für Rufnummer 116117

Am 30. August 2019 fiel der Startschuss für die große Kampagne der KBV und der KVen zur Bewerbung der Bereitschaftsdienstnummer 116117. „Die Elfen, die helfen“ werden die Nummer bundesweit bekannt machen, unter der niedergelassene Ärzte Hilfe leisten, wenn die Praxen geschlossen sind. Im kommenden Jahr soll der Service zu einem „Versorgungsportal“ ausgebaut werden.

Zwei Elfen in türkis- und pinkfarbenen Kostümen, „Elf6“ und „Elf7“, sind die Markenbotschafter der gleichnamigen Nummer, die ab heute mit einer neuen Kampange in Deutschland bekannt gemacht werden soll. „Zugegeben, unsere Elfen sind von ihrem Erscheinungsbild her eher unkonventionell – doch genau dadurch bleiben sie im Gedächtnis. Sie verkörpern im wahrsten Sinne des Wortes die Nummer 116117. Ein bisschen kurios, ein bisschen skurril und dadurch buchstäblich ‚merk’würdig“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), zum Start der Kampagne heute in Berlin.

Mit TV- und Online-Spots, Plakaten und Anzeigen wollen die KBV und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) die Bereitschaftsdienstnummer noch bekannter machen. „Im vergangenen Jahr haben bereits sieben Millionen Anrufer die Nummer gewählt, doch wir wollen mehr erreichen“, so Gassen. Hintergrund ist, dass viele Menschen auch mit vergleichsweise harmlosen Beschwerden direkt ins Krankenhaus gehen oder den Notruf 112 wählen. Laut der aktuellen Versichertenbefragung der KBV verständigen nur 26 Prozent von über 5.600 Befragten den ärztlichen Bereitschaftsdienst, wenn sie nachts oder am Wochenende krank werden. Zwar gaben 37 Prozent an, die Telefonnummer des Dienstes zu kennen, allerdings konnte hiervon wiederum nur gut die Hälfte diese auch korrekt benennen.

„Deshalb machen wir diese Kampagne, wobei die Bewerbung der Nummer nur der erste Schritt ist“, erklärte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV. Ab dem kommenden Jahr wird der Service hinter der Nummer stark ausgebaut. Ab Januar 2020 werden unter der 116117 auch die Terminservicestellen der KVen erreichbar sein, die Patienten schon jetzt Termine bei Ärzten und Psychotherapeuten vermitteln. Außerdem wird eine Schnittstelle zum Rettungsdienst unter der Nummer 112 eingerichtet, so dass Anrufer mit lebensbedrohlichen Beschwerden sofort an diesen weitergeleitet werden können. Um die Dringlichkeit des Anrufs einzuschätzen, werden die Callcenter mit einer Software zur medizinischen Ersteinschätzung (SmED, kurz für „strukturierte medizinischen Ersteinschätzung in Deutschland“) ausgestattet.

„Alle diese Angebote werden im Lauf des kommenden Jahres auch über die Website www.116117.de sowie über eine App für das Smartphone zur Verfügung stehen“, kündigte Hofmeister an. In ihrer Grundfunktion, das heißt für die Terminbuchung oder zum Verständigen des Bereitschaftsdienstes, wird die App ab Januar verfügbar sein. Bis Ende des Jahres 2020 sollen weitere Funktionen hinzukommen. Dann können Nutzer auch per Spracheingabe ihre gesundheitlichen Bescherden vortragen und bekommen anschließend einen Hinweis, wohin sie sich am besten wenden sollen, ob demnächst an einen niedergelassenen Arzt, sofort an den Rettungsdienst oder ob eine Selbstbehandlung ausreichend ist. „Wichtig ist dabei: Die App stellt keine Diagnosen. Sie gibt lediglich eine Einschätzung der Dringlichkeit und eine Empfehlung. Künstliche Intelligenz kann den Arzt oder die Ärztin allenfalls unterstützen, nicht ersetzen“, betonte Hofmeister.

KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel hob den hohen Aufwand hervor, der hinter all dem stecke. „Wir sind dabei, ein Versorgungsportal für Deutschland zu schaffen, über das alle Menschen auf der Suche nach dem richtigen medizinischen Ansprechpartner qualifizierte und schnelle Unterstützung erhalten“, sagte er. Ab Januar wir die kostenfreie Nummer 116117 rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr erreichbar sein. Neben dem technischen Aufwand, der Entwicklung der App durch die KV Telematik und der Pflege der Website sei auch ein hoher personeller Ressourceneinsatz nötig. „Wir werden das Personal in den Callcentern auf etwa 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufstocken. Außerdem erhält das medizinisch qualifizierte Personal dort weitere Schulungen, etwa zum Umgang mit der Software zur Ersteinschätzung“, so Kriedel weiter.

Mit Blick auf die Politik und die aktuelle Diskussion um die Reform der Notfallversorgung betonte KBV-Chef Gassen: „Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben den Sicherstellungsauftrag und diesen nehmen wir ernst. Mehr noch: Wir organisieren eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung aus einer Hand – wenn man uns lässt.“

Auf der Seite der Kampagne finden Sie weitere Informationen und Hintergründe. In einem Video äußert sich Dr. Andreas Gassen im Interview zur Kampagne für die 116117.

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, www.kbv.de, Praxisnachrichten 30.09.2019

Webinar-Termin im Oktober 2019: S3-Leitlinie „Gallensteine“

Webinar S3-Leitlinie
„Gallensteine“
17.10.2019, 18:00 Uhr
www.bdc-webinare.de

Seit September 2017 gibt es die BDC|Webinare (www.bdc-webinare.de). Bisher wurden auf der Plattform insgesamt 22 Leitlinien von Experten erfolgreich vorgestellt und besprochen. Jeden Monat wird von einem 45-minütigem Webinar eine chirurgisch relevante Leitlinie in ihren Grundzügen vorgestellt. Anschließend kann mit dem Referenten und anderen Teilnehmern via Chat diskutiert werden, selbstverständlich kostenfrei für alle BDC-Mitglieder. Und jede Teilnahme wird in der Regel mit zwei CME-Punkten zertifiziert.

Webinare im Archiv abrufen

Auch wenn einmal ein Termin verpasst wird, ist das kein Problem, denn der aufgezeichnete Vortrag mit Diskussion kann jederzeit aus dem Webinar-Archiv abgerufen werden. Detaillierte Informationen und Termine zu diesem Lernangebot und allen Webinaren sind unter www.bdc-webinare.de zu finden.

Geplante Webinare 2019

  • S2e-Leitlinie „Schenkelhalsfrakturen“, Prof. Dr. med. Felix Bonnaire, 14.11.2019, 18:00 Uhr
  • S3-Leitlinie „Karpaltunnelsyndrom, Diagnostik und Therapie“, Prof. Dr. med. Margot Wüstner-Hofmann, 05.12.2019, 18:00 Uhr
  • S2k-Leitlinie „Typ B Aortendissektion“, Prof. Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen, 30.01.2020, 18:00 Uhr

www.bdc-webinare.de

Bilderrätsel September 2019

WELCHER MEDIZINISCHE FACHBEGRIFF VERSTECKT SICH HINTER DIESEM BILD?

…. HABEN SIE ES ERRATEN?

Schicken Sie Ihre Antwort unter dem Stichwort „Passion Chirurgie QIII/2019“ an [email protected]. Einsendeschluss ist der 15. November 2019. Die Auflösung dieses Rätsels finden Sie im Impressum der nächsten gedruckten Ausgabe im Dezember 2019.

Unter allen richtigen Einsendungen der ersten drei Quartalsausgaben (QI, QII, QIII) verlosen wir auch in diesem Jahr wieder ein Android-Tablet. Die Auslosung wird Mitte November stattfinden und der Gewinner in der QIV/2019 bekannt gegeben.

Teilnahmebedingungen: Jedes BDC-Mitglied darf mitmachen, ausgenommen sind BDC-Mitarbeiter und Mitarbeiter von schaefermueller publishing GmbH sowie deren Angehörige. Bei der Gewinnauslosung sind der Rechtsweg und Barauszahlung ausgeschlossen. Der Gewinner wird schriftlich benachrichtigt. Wir danken für die Teilnahme und wünschen viel Glück.

„Wage den Schnitt!“ – Update der BDC-Nachwuchskampagne

Anfang 2008 startete der BDC die bundesweit angelegte Nachwuchskampagne „Nur Mut! Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn“. Medizinstudierende werden angesprochen und über den Beruf ChirurgIn möglichst realitätsnah informiert. Die faszinierenden Seiten der Chirurgie stehen natürlich im Vordergrund.

In diesem Jahr wurden die Kampagne-Motive für Plakate, Postkarten und die Online-Auftritte wieder erneuert. Die neuen Motive werden durch den Slogan „Wage den Schnitt!“ ergänzt. Ganz bewusst wird mit einem Augenzwinkern Interesse für das Berufsbild der Chirurgie geweckt.

Die gesamte Kampagne ist vom Prinzip getragen, ehrlich und transparent über den chirurgischen Beruf zu informieren. Es wird deshalb nichts beschönigt und verharmlost. Die Chirurgie wird wahrscheinlich nie ein Beruf mit geregelten Arbeitszeiten sein. Aber durch die Initiativen einzelner Krankenhäuser (z. B. durch betriebseigene Kindergärten) werden die Rahmenbedingungen für Chirurginnen und Chirurgen ganz langsam besser. Chirurginnen und Chirurgen mit ganz unterschiedlichen Lebensläufen und Positionen sprechen deshalb im Rahmen der Kampagne mit Studierenden und berichten aus erster Hand von ihren Erfahrungen. Ohne das Engagement der vielen UnterstützerInnen der Kampagne wäre die Umsetzung nicht möglich.

Workshops: Chirurgie zum Mitmachen

Das Herzstück der Kampagne „Nur Mut! Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn“ sind die Workshops „Chirurgie zum Mitmachen“. Zu Beginn der Kampagne wurden durchschnittlich fünf dieser Workshops in deutschen Städten durchgeführt, mittlerweile sind es schon zehn im Jahr. Bei eintägigen Workshops können Medizinstudenten schon mal Hand anlegen. Beim Nahtkurs, Legen von Thoraxdrainagen und Co. bekommen sie erste Einblicke in die chirurgische Praxis.

Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT) bieten wir seit Jahren eine besondere Workshopreihe mit Schwerpunkt Thoraxchirugie an (in diesem Jahr findet der Workshop auf der Dreiländertagung der Österreichischen, der Schweizerischen und der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie statt).

Wir freuen uns sehr, dass in diesem Jahr die Kinderchirurgie als Themenschwerpunkt hinzukommt: Im Oktober findet der erste Workshop in Zusammenarbeit mit der der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) statt.

Wir hoffen auf weitere hochklassige Partner, die uns helfen, den chirurgischen Nachwuchs zu begeistern!

Auf der Internetseite der Kampagne unter www.chirurg-werden.de findet man neben den aktuellen Terminen, ausführliche Informationen zu den Facetten chirurgischer Tätigkeit, der chirurgischen Weiterbildung und den acht Säulen im Gebiet Chirurgie.

Dem Facebook-Profil @chirurg.werden folgen bereits mehr als 8.000 Interessierte. In diesem Jahr finden zehn Workshops „Nur Mut! Chirurgie zum  Mitmachen“ statt. Bei den bundesweiten Workshops haben sich rund 380 Studierende angemeldet.

BDC-Stellungnahmen

In den vergangenen Monaten wurden einige Stellungnahmen vom BDC veröffentlicht u. a. zum MDK-Reformgesetz, dem Referentenentwurf zum OTA-Ausbildungsgesetz und dem Referentenentwurf zur Änderung der GOÄ (Todesfeststellung). Auf BDC|Online finden Sie immer die aktuellsten Stellungnahmen.

Der BDC beim DKOU

Vom 22. Bis 25. Oktober 2019 findet in Berlin der Deutsche Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie statt. Der BDC ist natürlich auch mit einem Stand vor Ort: Halle 2.2, Stand 65. Wie immer freuen wir uns über Ihren Besuch! Verpassen Sie auch nicht die Sitzungen vom BDC, u. a. das Seminar „Begutachtung & Zusammenhangsgutachten“.

Schaufenster September 2019

UNFALLCHIRURGIE – Instrumentenliste für Notfall-OP-Set

Das Überleben von Verletzten mit Schuss- und Explosionsverletzungen bei einer lebensbedrohlichen Einsatzlage wie einem Massenanfall von Verletzten im Terrorfall/Amoklauf (TerrorMANV) hängt maßgeblich von einer schnellen Blutungskontrolle ab. Dafür hat die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) jetzt ein Notfall-OP-Set zusammengestellt, das speziell auf lebensrettende Notfalloperationen zur Versorgung von sogenannten Höhlenblutungen ausgerichtet ist: Es enthält chirurgische Instrumente, um stark blutende Wunden im Brust-, Bauch- und Beckenraum zu versorgen.

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App soll OP-Vorbereitung erleichtern

Operationsvorbereitung per App: Das soll dank eines Projekts der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Freiburg möglich werden. Denn eine wichtige Frage der OP-Vorbereitung ist, ob und wann Medikamente abgesetzt werden müssen, die die Blutgerinnung beeinflussen.

Diese Entscheidung ist aufgrund neuer Wirkstoffe, sich kontinuierlich ändernder wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie unterschiedlicher Blutungsrisikogruppen der Eingriffe sehr komplex geworden. Gemeinsam mit Forschern der Klinik für Kardiologie der Medizinischen Universität Warschau
und Industriepartnern aus den Bereichen Computer-Design und IT entwickeln die Freiburger Ärzte und Forscher nun eine neue App, die Mediziner bei der Therapieentscheidung unterstützen und Patienten aufklären soll. Die Entwicklung wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der „Deutsch-Polnischen Kooperation zum Technologietransfer in der Digitalen Wirtschaft“ (DPT) mit 300.000 Euro gefördert.

Rund 65 Millionen Menschen in Europa nehmen Medikamente, die die Blutgerinnung vermindern, etwa, um das Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisiko zu senken. Anders als früher müssen moderne Gerinnungshemmer oft erst kurz vor dem Eingriff abgesetzt werden, manche sogar gar nicht.

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Aktuelle BDC|Umfragen

Personalbemessung in der Chirurgie

Diese kurze Umfrage dient einer Erhebung des „IST-Zustands“ in Deutschland. Getriggert von den aktuellen Diskussionen um die Personaluntergrenzen in der Pflege machen wir uns für eine vergleichbare
Transparenz im ärztlichen Dienst stark!

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