Alle Artikel von kein Autor

KBV lehnt Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung ab

Mit einer Resolution hat die Vertreterversammlung der KBV gegen das geplante sogenannte Selbstverwaltungsstärkungsgesetz protestiert. Die bewährten ambulanten Versorgungsstrukturen würden damit geschwächt, heißt es in dem verabschiedeten Papier.

Mit den geplanten Gesetzesregelungen würden „die Grundfesten der ärztlichen sowie gemeinsamen Selbstverwaltung nachhaltig erschüttert und die patientenorientierte und wohnortnahe Versorgung der Versicherten entscheidend beeinträchtigt“. Zudem wird kritisiert, dass die Politik „die staatliche Einflussnahme stark ausgeweitet“ habe und die Selbstverwaltung mit dem geplanten Gesetz „in ihrem Handeln erheblich eingeschränkt“ werden würde.

Gute Versorgung nur mit starker Selbstverwaltung

Das hierdurch ausgelöste Signal sei gerade der kommenden Ärztegeneration nicht zu vermitteln, warnen die Unterzeichner der Resolution. Ein Gesundheitswesen mit gesellschaftlich anerkannten Werten wie der freien Wahl des behandelnden Arztes und Psychotherapeuten, einer wohnortnahen ambulanten und stationären Versorgung sei nur möglich, wenn die Orientierung am individuellen Wohl und an der optimalen Behandlung des Patienten erfolgt. Das gehe nur mit einer starken Selbstverwaltung.

Diese Gesetzesinitiative sei darüber hinaus auch überflüssig, weil die KBV in einer umfassenden Satzungsreform die notwendigen Modernisierungsmaßnahmen der ärztlichen Selbstverwaltung bereits eingeleitet habe.

Die Resolution hatten Mitglieder der Vertreterversammlung der KBV am Mittwoch auf einer Klausurtagung verabschiedet. Am selben Tag fand die Anhörung zum Gesetzentwurf im Gesundheitsausschuss statt.

Stellungnahme der KBV

Bereits in der vergangenen Woche hatte die KBV in einer schriftlichen Stellungnahme dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgeworfen, in drastischem Maße in die Strukturen der Selbstverwaltung einzugreifen. Reformen seien notwendig, aber diese müssten mit Augenmaß durchgeführt werden, heißt es darin.

Gesetzentwurf: Mehr Eingriffsrechte für BMG

Der Referentenentwurf des „Gesetzes zur Stärkung der Handlungsfähigkeit und Aufsicht über die Selbstverwaltung der Spitzenorganisation in der GKV“ (GKV-SVSG) enthält eine Reihe von Maßnahmen, mit denen die Kontrollfunktionen und Eingriffsrechte des BMG ausgebaut werden sollen. Betroffen von diesen Regelungen sind neben der KBV der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung, der Gemeinsame Bundesausschuss und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung.

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, http://www.kbv.de, 20.10.2016

Weiterführende Informationene
Resolution der KBV zum Entwurf eines sogenannten GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetzes
Praxisnachrichten: KBV kritisiert drastische Eingriffe in die Selbstverwaltung
Stellungnahme der KBV zum Referentenentwurf

KV-Wahlen in Rheinland-Pfalz: Fachärzte wählen Fachärzte

Auch in Rheinland-Pfalz wird in diesem Jahr die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigungen für die kommende Wahlperiode 2017 bis 2022  gewählt: Wahltag ist der 09. November 2016.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nachdem ich Ihnen im Juni zu Beginn des Wahlkampfs unsere Ziele im Zusammenhang mit der für uns Fachärzte immer schwierigeren Situation in der Schraubzwinge zwischen Politik und Hausarztlobby dargestellt und Sie nach den Ärztekammerwahlen über die unterirdische Wahlbeteiligung von ca. 40 % unterrichtet habe, ist es jetzt an Ihnen, für die nächsten sechs Jahre einer starken fachärztlichen Vertretung Ihrer Interessen in der KV Rheinland-Pfalz den Weg zu ebnen.

Bitte wählen Sie – und zwar nicht die „Katze im Sack“ in Gestalt gemischter Listen, bei denen Sie nie wissen, welchem Versorgungsbereich die letztlich gewählten Vertreter angehören werden, sondern die Liste Ihrer fachärztlichen Berufsverbände, Ihrer Interessenvertreter, wählen Sie FAiRLP!

Die Hausärzte sind für die anstehende Wahl bereits bestens mobilisiert! Durch die von ihnen geschickt zu diesem Zeitpunkt angekurbelte Laborkostendiskussion und den Versuch, diese zukünftig ausschließlich aus fachärztlichen Honorartöpfen zu vergüten, haben sie ein zusätzliches starkes Motiv, zu wählen und für hausärztliche Mehrheiten zu sorgen.

Deshalb schauen Sie sich bitte den anhängenden Flyer an, er zeigt Ihnen die beteiligten fachärztlichen Berufsverbände, stellt Ihnen alle Kandidaten vor und macht nochmals sehr deutlich, warum es so wichtig ist, jetzt FAiRLP zu wählen und die fachärztlichen Berufsgruppen in der KV in eine gute Ausgangsposition für 2017 – 2022 zu bringen.

„Überall dort, wo fachärztliche Mehrheiten fehlen, werden unsere Interessen untergebuttert!” Der Wahlumschlag geht Ihnen in den nächsten Tagen zu, ich empfehle, Sie legen ihn am besten gar nicht erst auf den to-do-Stapel, sondern Sie wählen sofort – 5 Minuten, die für die zukünftige Gestaltung der KV Rheinland-Pfalz von großer Bedeutung sind.

Fachärzte wählen Fachärzte,
Fachärzte wählen FAiRLP!

Herzliche Grüße

Dr. Lutz Riedel
Landesvorsitzender der ANC RLP im BNC
Regionalvertreter des BDC | Rheinland

Weiterführende Informationen
Flyer "Fachärzte wählen Fachärzte"

Ärztemonitor 2016: Ärzte lieben ihren Beruf trotz hoher Belastung

Trotz hoher Belastung arbeiten niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten gern in ihrem Beruf. Mehr als 90 Prozent sind zufrieden mit ihrer Tätigkeit, fast jeder Dritte fühlt sich allerdings „ausgebrannt“. Das ergab der Ärztemonitor 2016, den KBV und NAV-Virchow-Bund heute Journalisten vorstellten.

„Es ist bemerkenswert, dass die Zufriedenheitswerte mit der eigenen Arbeit seit der ersten Befragung im Jahr 2012 unverändert hoch ausgefallen sind“, betonte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen. Das zeige, dass die ärztliche und psychotherapeutische Arbeit mit den Patienten sehr motiviere. Gassen sieht darin auch eine Stärke des KV-Systems, dem es gelänge, so manche gesetzliche Vorgabe abzumildern.

Der Ärztemonitor gilt mit rund 11.000 Teilnehmern als die größte Befragung von niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten in Deutschland. Er wird alle zwei Jahre im Auftrag von KBV und NAV-Virchow-Bund durchgeführt.

Fachärzte sind unzufriedener

Rund 95 Prozent der Haus- und Fachärzte sowie 98 Prozent der Psychotherapeuten in Deutschland gaben an, Spaß an ihrem Beruf zu haben. 86 Prozent würden den Beruf heute wieder ergreifen. Zwei von drei Ärzten sind zufrieden mit ihrem monatlichen Einkommen. Ungefähr genauso viele schätzen die wirtschaftliche Situation ihrer Praxis positiv ein.

Dennoch gibt es aus Sicht des Bundesvorsitzenden des NAV-Virchow-Bundes Dr. Dirk Heinrich Grund zur Sorge: „Der Anstieg bei den Zufriedenheitswerten verläuft nicht für alle Fachgruppen gleich. Während die Hausärzte seit 2012 ein erfreuliches Plus verzeichnen konnten, halten insbesondere die grundversorgenden Fachärzte bei dieser Entwicklung nicht Schritt.“ Drei Viertel der Hausärzte sähen keine wirtschaftlichen Probleme, bei den Fachärzten seien es nur 63 Prozent, betonte Heinrich. Diese Kluft sei seit 2012 kontinuierlich größer geworden.

Jeder Dritte fühlt sich „ausgebrannt“

Zu den „kritischen Brennpunkten“ zählen laut Gassen die Schwierigkeiten bei der Nachfolgersuche (70 Prozent) und der Mangel an Zeit für den Patienten (56 Prozent). Hinzu komme die Belastung durch Bürokratie, die in vielen Praxen einen ganzen Arbeitstag an Zeit koste. Bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 52,2 Stunden und 44,6 Patienten am Tag fühlten sich zudem rund 30 Prozent der Mediziner durch ihre Arbeit „ausgebrannt“.

Insgesamt zufriedener als Ärzte sind Psychotherapeuten, insbesondere mit ihrem Beruf. So gaben alle Befragten an, ihre Arbeit als nützlich zu erachten. Anders sieht es beim Finanziellen aus – gerade einmal die Hälfte bewertet ihre wirtschaftliche Situation positiv. Rund 37 Prozent der Befragten gaben an, erschöpft zu sein. Dafür haben Psychotherapeuten weniger Probleme, einen Praxisnachfolger zu finden. Nur knapp 30 Prozent derjenigen, die auf Nachfolgersuche sind, empfinden diese als schwierig. Bei den Ärzten sind es 70 Prozent.

Telemedizin gewinnt an Bedeutung

Der Ärztemonitor 2016 umfasst darüber hinaus Aussagen zu Themen wie die Weiterbildung von Ärzten in der eigenen Praxis und die Mitarbeit in Praxisnetzen. Befragt wurden die Teilnehmer auch zur Telemedizin. Zwei Drittel der Vertragsärzte gab an, dass Telemedizin in den nächsten fünf Jahren zum Praxisalltag gehören wird. Aktuell nutzen zwölf Prozent telemedizinische Anwendungen.

Ärztemonitor 2012 und 2014

Die ersten beiden Befragungen fanden 2012 und 2014 statt. Der Vergleich der Ergebnisse ermöglicht es, sowohl stabile Muster zu erkennen als auch Entwicklungen aufzuzeigen. Die Teilnehmer der Befragung werden jeweils per Zufallsprinzip ausgewählt. Die Interviews erfolgen telefonisch.

Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, http://www.kbv.de, 20.10.2016

Zi: Portalpraxen nicht an jedem Krankenhaus möglich

Die Einrichtung von Portalpraxen ist nicht an jedem Krankenhaus möglich. Das geht aus aktuellen Modellrechnungen hervor, die die Wissenschaftler des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung vorgenommen haben. Kernpunkt ist, dass es nicht ausreichend Ärzte gibt.

Nach den Berechnungen der Wissenschaftler müsste jeder der 55.400 Hausärzte zusätzlich zu den bestehenden Bereitschaftsdiensten im Schnitt 21 Dienste im Jahr absolvieren, wenn an allen rund 1.600 Klinikstandorten mit einer Notfallversorgung Portalpraxen eingerichtet werden würden. Um diese Praxen zwischen 7 und 23 Uhr zu besetzen, wäre ein Zwei-Schicht-Betrieb von je acht Stunden notwendig.

Enorme Zusatzbelastung

Dies würde jede zweite Woche eine Schicht in einer Portalpraxis bedeuten. „Eine solche Zusatzbelastung ist angesichts des ohnehin bestehenden Mangels an hausärztlichem Nachwuchs weder jetzt noch künftig durchsetzbar“, betonte der Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried. Zudem würden enorme Kosten entstehen.

Ähnlich sieht den Modellrechnungen des Zi zufolge die Situation bei den Fachärzten aus. In der kinderärztlichen Versorgung wäre ein solches Angebot ungeachtet der Kosten gar nicht zu leisten, weil es zu wenige Kinderärzte gibt. Das Zi leitet daraus ab, dass die Zahl der Anlaufstellen für die Notfallbehandlung an den Krankenhäusern begrenzt werden muss.

Gezielte Schaffung von Anlaufstellen erforderlich

Hintergrund der Etablierung der gesetzlich verankerten Portalpraxen ist, dass immer mehr Patienten die Notaufnahmen der Krankenhäuser mit Beschwerden aufsuchen, die auch von niedergelassenen Ärzten behandelt werden könnten. Viele werden direkt für eine stationäre Behandlung aufgenommen.

Im Jahr 2014 lag nach Angaben des Zentralinstituts der Anteil der Patienten, die aufgrund einer ärztlichen Einweisung im Krankenhaus behandelt wurden, erstmals unter 50 Prozent. Von den Patienten, die werktags ohne Einweisung wegen einer ambulant behandelbaren Krankheit aufgenommen wurden, suchte die Hälfte aus eigener Entscheidung eine Notaufnahme auf, obwohl die Praxen geöffnet hatten.

Mehrheitlich handelt es sich bei diesen Direktinanspruchnahmen der Kliniken nicht um echte Notfälle. Dem will die Politik nun mit vorgelagerten Anlaufstellen entgegensteuern. Von den Kassenärztlichen Vereinigungen werden bereits an vielen Orten in Kooperation mit Kliniken Portalpraxen eingerichtet.

Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (Zi), Herbert-Lewin-Platz 3, 10623 Berlin, www.zi.de, 13.10.2016

Tarifabschluss für die kommunalen Krankenhäuser erzielt

VKA und Marburger Bund einigen sich auf insgesamt 5,0 Prozent mehr Gehalt / Laufzeit von 28 Monaten / Einigung auch in der Frage der Zusatzversorgung

Früher Verhandlungserfolg in der Tarifrunde für die rund 52.500 Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Kliniken. Die kommunalen Arbeitgeber und der Marburger Bund haben sich nach zweitägigen Verhandlungen in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2016 auf einen Tarifabschluss verständigt: die Gehälter der Ärztinnen und Ärzte sollen rückwirkend zum 1. September 2016 um 2,3 Prozent steigen, ab 1. September 2017 um weitere 2,0 Prozent und ab 1. Mai 2018 noch einmal um 0,7 Prozent. Die Laufzeit beträgt 28 Monate bis zum 31. Dezember 2018. Die Laufzeit der Regelungen zum Bereitschaftsdienst wurde bis zum 31. Dezember 2018 verlängert.

„Wir haben von Beginn an deutlich gemacht, dass die finanziellen Spielräume der Krankenhäuser sehr eng sind. Vor diesem Hintergrund ist natürlich jeder Euro zusätzlich schwierig, dennoch ist der Kompromiss insgesamt vertretbar. Insbesondere die lange Laufzeit der Entgelttabellen sowie des Bereitschaftsdienstes bietet den kommunalen Kliniken Planungssicherheit“, sagte Joachim Finklenburg, Verhandlungsführer und Vorsitzender des Gruppenausschusses Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen.

Die Tarifeinigung bedeutet für die kommunalen Krankenhäuser Mehrbelastungen in Höhe von rund 460 Millionen Euro für die gesamte Laufzeit. In der Frage der Zusatzversorgung haben sich die Tarifvertragsparteien auf eine Regelung zur Eigenbeteiligung der Ärztinnen und Ärzte geeinigt. „Eine Lösung in der Frage der Zusatzversorgung war für die kommunalen Arbeitgeber wichtig. Mit diesem Abschluss haben wir nun wieder inhaltlich einheitliche Regelungen für alle Beschäftigten in den kommunalen Krankenhäusern. Dies dient der Stabilisierung der Zusatzversorgung“, sagte Manfred Hoffmann, Hauptgeschäftsführer der VKA, im Anschluss an die Verhandlungen in Bonn.

Weiterführende Informationen
Informationen zur Tarifrunde
Informationen zur Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA)

Quelle: Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Allerheiligentor 2-4, 60311 Frankfurt, www.vka.de , 19.10.2016

Neue S3-Leitlinie Polytrauma erschienen

Mehr als 30.000 Menschen erleiden jedes Jahr eine schwere Verletzung. Wie das TraumaRegister DGU® der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) belegt, ist die Versorgung von Schwerverletzten in Deutschland im internationalen Vergleich vorbildlich. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Klinik-Sterblichkeit deutlich reduziert. Ziel der DGU ist es, die Versorgung der schwerverletzten Patienten noch weiter zu verbessern. Gemeinsam mit 20 medizinischen Fachgesellschaften hat sie deshalb die S3-Leitlinie Polytrauma / Schwerverletzten-Behandlung überarbeitet und neu herausgegeben. Die neue Leitlinie dokumentiert aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zur Versorgung Schwerverletzter am Unfallort, im Schockraum und im Operationssaal.

„Bei der Behandlung Schwerverletzter ist Schnelligkeit gefragt – oft zählt jede Minute. Umso wichtiger ist es, dass Unfallchirurgen in solchen Situationen Prioritäten setzen“, sagt Prof. Dr. Bertil Bouillon, Direktor der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie Köln-Merheim und Vorstandsmitglied der DGU. „Mit der neuen S3-Leitlinie Polytrauma geben wir ihnen Empfehlungen an die Hand, wie die Behandlung in der akuten Situation systematisch ablaufen kann.“

Ein Schädel-Hirn-Trauma, Amputationen oder innere Blutungen – Schwerverletzte leiden an verschiedensten Unfallfolgen. Deshalb fokussiert die neue Leitlinie auf einzelne Behandlungsabschnitte, wie etwa die Rettungsmedizin direkt nach dem Unfall: „Die Sicherung der Atemwege steht im Vordergrund dieser Primärtherapie“, so Unfallchirurg Bouillon. Handlungsempfehlungen bietet die Leitlinie außerdem für Patienten mit Schädel- Hirn-Trauma, Wirbelsäulen-, Extremitäten- und urologischen Verletzungen. Auch zum Vorgehen im Schockraum gibt sie klare Hinweise. Dazu rät Bouillon: „In der Notaufnahme sollten feste Teams nach vorstrukturierten Plänen arbeiten, die idealerweise ein spezielles Schockraum-Training absolviert haben.“ Die jetzige Leitlinie, welche die erste Polytrauma-Leitlinie aus dem Jahr 2011 ablöst, gibt auch konkrete Empfehlungen zur Operation von Schwerverletzten. So sollen Fremdkörper bei schweren Brustkorbverletzungen beispielsweise erst unter kontrollierten Bedingungen im OP entfernt werden.

Orthopäden und Unfallchirurgen engagieren sich aber auch in Projekten zur Unfallvorbeugung. „Wer sich beim Autofahren verkehrsgerecht verhält, beim Fahrrad- oder Motorradfahren Helm und Schutzkleidung anlegt und am Arbeitsplatz Sicherheitsvorschriften berücksichtigt, trägt aktiv zur Prävention von Verletzungen bei“, betont Prof. Dr. Florian Gebhard, DGU-Präsident und Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum Ulm. Dennoch lassen sich Polytraumen nicht vollständig vermeiden. Die neue Leitlinie ermöglicht aber zukünftig eine noch bessere Versorgung der Unfallopfer.

Weiterführende Informationen
Neue S3-Leitlinie Polytrauma

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V., Straße des 17. Juni 106, 17.10.2016.

BSG-Urteil gefährdet chirurgische Versorgung

Berlin, 14. Oktober 2016: Das jüngste Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) zur Nachbesetzung von chirurgischen Vertragsarztsitzen gefährdet die zukünftige Patientenversorgung in chirurgischen Arztpraxen. Zu diesem Schluss kommt der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC). Der Rechtsspruch des BSG verbietet die Übernahme einer bestehenden chirurgischen Facharztpraxis durch den größten Teil der niederlassungswilligen Fachärzte aus dem Gesamtgebiet der Chirurgie.

Das Gericht hat festgelegt, dass nur noch Praxen übernommen werden dürfen, deren Inhaber neben dem Facharzt für Chirurgie auch die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie führt. Damit wird die Weitergabe eines Großteils der chirurgischen Praxen nicht mehr möglich sein. „Die Kollegen werden keine Nachfolger mehr finden, da abgesehen von wenigen Spezialisten die Kernarbeit in der Betreuung von Patienten mit Erkrankungen oder Verletzungen des Bewegungsapparates liegt.“ erklärte Dr. med. Jörg-A. Rüggeberg, Vizepräsident des Berufsverbandes. „Unabhängig von der existentiellen persönlichen Katastrophe durch den Verlust der Altersvorsorge in Form des nicht mehr veräußerbaren Praxiswertes, stehen wir vor einem flächendeckenden Verlust einer wichtigen Behandlungsebene für die Bevölkerung in Form der ambulanten Basischirurgie.“ so Rüggeberg. „Ein kompletter Versorgungsbereich wird durch Richterspruch abgeschafft werden, und die Patienten werden stattdessen die Krankenhausambulanzen aufsuchen müssen, die für diese Aufgabe keine ausreichenden Kapazitäten besitzen.“

Hintergrund der Entscheidung ist eine Veränderung der Weiterbildungsordnung im Gebiet Chirurgie. Während früher ein Chirurg grundsätzlich die Weiterbildung Chirurgie, dann später ggf. mit Schwerpunkten wie z. B. Unfallchirurgie abgeschlossen hatte, um sich dann als Chirurg niederzulassen, gibt es den Facharzt für Chirurgie heute nicht mehr. Stattdessen ist das Gesamtgebiet aufgeteilt in acht verschiedene Fachsäulen, z. B. Gefäßchirurgie, Kinderchirurgie und Orthopädie/Unfallchirurgie. Auch der bisherige Facharzt für Orthopädie ist abgeschafft worden und mit der Unfallchirurgie zu einem gemeinsamen Facharzt verschmolzen. Allerdings ist trotz dieser Änderung der Facharztweiterbildung die sogenannte Bedarfsplanung, welche die Nachbesetzungsmöglichkeiten bestehender Praxen regelt, nicht geändert worden. Hier gibt es unverändert zwei getrennte Planungsbereiche Orthopädie und Chirurgie, obwohl die zugehörigen Fachärzte in dieser Form nicht mehr nachgebildet werden.

Der Gemeinsame Bundesausschuss als Normgeber für die Bedarfsplanung hat bisher keine neue Form beschlossen, lediglich eine Art Durchführungsbestimmung erlassen, wonach die neuen Fachärzte für Orthopädie/Unfallchirurgie einen bisherigen Chirurgensitz übernehmen können, wenn der Sitzinhaber überwiegend unfallchirurgisch-orthopädisch tätig war.

Dringend geboten ist daher eine umgehende Änderung der Bedarfsplanung durch den gemeinsamen Bundesausschuss, um die geänderte Weiterbildung von Chirurgen und Orthopäden so zu berücksichtigen, dass auch weiterhin eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit basischirurgischen und daneben auch hochspezialisierten chirurgischen Behandlungsformen garantiert wird. „Es darf nicht passieren, dass Gerichte in die chirurgische Versorgungslandschaft eingreifen, nur weil notwendige Entscheidungen nicht rechtzeitig getroffen werden“, so auch Professor Dr. med. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer, Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen.

BSG-Urteil vom 28.09.2016 Aktenzeichen B 6 KA 40 / 15 R

BDC|Schleswig-Holstein: Jahrestreffen 2016

Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen,

ich möchte Sie herzlich im Namen des Vorstands des BDC|Schleswig-Holstein zu unserem Jahrestreffen einladen.

Jahrestreffen 2016

Wann? 09.11.2016 um 18:00 Uhr
Wo? Haus des Sports, Winterbeker Weg 49, 24114 Kiel

Leider hat unser Fach – von den Altvorderen gerne als „Krone der Medizin“ beschrieben – mit einem erheblichen Attraktivitätsverlust zu kämpfen, was nicht zuletzt auf eine mangelhafte und unstrukturierte Weiterbildung zurückgeführt werden kann. Vor vier Jahren hat der BDC|Schleswig-Holstein an gleicher Stelle eine viel beachtete Tagung zu diesem Thema durchgeführt, dabei die Ursachen für den Attraktivitätsverlust klar identifiziert und abschließend ein Modell zur strukturierten Verbundweiterbildung vorgeschlagen. Dieser Themenkomplex wurde daraufhin auf vielen Kongressen, Workshops, Symposien und Ärztetagen bundesweit diskutiert. Mit der tatkräftigen Unterstützung der Landesärztekammer Schleswig-Holstein gelang es dann vor einem Jahr in Kiel eine sektorenübergreifende  Verbundweiterbildung als Modellprojekt zu implementieren. Leider wird dieses zukunftsweisende Modell in Folge einer prekären Personalsituation noch nicht gelebt. Ein großes Problem in der medizinischen Versorgung stellt der zunehmende Mangel an qualifizierten Ärzten dar. Insbesondere unter Berücksichtigung der Demographie sind hier für die nahe Zukunft ganz erhebliche Probleme zu erwarten, die die derzeitige Situation noch rosig erscheinen lassen. Ein untrennbar damit verbundenes Thema ist die Weiterbildung unseres Nachwuchses. Nur wenn es gelingt, über attraktive Bedingungen junge Kolleginnen und Kollegen in das Fach Chirurgie zu locken besteht überhaupt die Grundvoraussetzung, Facharztstellen im Krankenhaus oder Vertragsarztsitze zu besetzen.

Daher gilt es nun eine kritische Bilanz zu ziehen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, um kurzfristig die offensichtlich desolate Situation in der Weiterbildung zu verbessern und unseren jungen Kolleginnen und Kollegen eine attraktive Perspektive zu bieten. Erfreulicherweise ist es uns gelungen erneut Referenten aus den verschiedenen Bereichen der Chirurgie zu finden, die aus ihrer  jeweiligen Sicht die Problematik vorstellen. Vielleicht gelingt es uns im Rahmen der Diskussion ja erneut einen Schub zur Verbesserung der Situation unseres  Nachwuchses auszulösen.

Ich freue mich auf ihre Teilnahme und eine rege Diskussion und verbleibe im Namen des gesamten Vorstands

mit freundlichen Grüßen

R. W. Schmitz
Landesvorsitzender

Agenda:

Facharzt für Chirurgie – wie und was dann?

  1. Begrüßung
    Müller, M.
  2. Modellprojekt Chirurgische Verbundweiterbildung Kiel – Anspruch und Wirklichkeit
    Schmitz, R.
  3. Weiterbildung in der Chirurgie- was läuft schief?
    Weuster, M.
  4. Was ist das Anforderungsprofil eines Facharztes für Chirurgie im Krankenhaus –
    wie kann er es erreichen?
    Becker, T.
  5. Sektorenübergreifende fachärztliche Weiterbildung aus Sicht der Ärztekammer
    Bartmann, F.-J.
  6. Verschiedenes
    Müller, M.
Weiterführende Informationen
Programm

BDC-Basisseminar im WDR: Prof. Vallböhmer im Interview

In der letzten Sendung (10.10.2016) der WDR Lokalzeit aus Duisburg wurde über ein BDC-Basisseminar bericht. Professor Vallböhmer, wissenschaftlicher Leiter des Seminars und Referatsleiter im BDC, stand im Interview Rede und Antwort zur chirurgischen Weiterbildung.

Hier können Sie sich den TV-Beitrag bis 16.10. in der WDR-Mediathek ansehen.

Praktische Übungen für junge Chirurgen

Bei einer OP oder im Notfall müssen Ärzte wissen, was zu tun ist. Aber wie sollen sie das üben, Erfahrungen sammeln? Jedenfalls nicht im Ernstfall bei einer lebensnotwendigen Reanimation. Das Problem aber, in der Chirurgenausbildung ist das Ganze bislang auch kein fester Bestandteil. Klingt beunruhigend, wenn Ärzte als junge Mediziner aus der Uni kommen und ohne Erfahrung am Patienten rumdoktern. Dafür gibts jetzt aber eine Lösung. Der Berufsverband Deutscher Chirurgen (BDC) hat deshalb 2014 begonnen, Praxistrainings für die jungen Assistenzärzte anzubieten. Möglich wird das durch Unterstützung aus Industrie, Sponsoren und Krankenhäusern, wie das Klinikum Niederrhein, die die Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.

Passion Chirurgie: Gefäßchirurgie – ein starkes Fach mit Zukunft

In der aktuellen Ausgabe der Passion Chirurgie dreht sich alles um die Gefäßchirurgie. In den letzten Jahren ist es vor allem durch die demografische Entwicklung zu einer deutlichen Zunahme von Gefäßerkrankungen gekommen. Damit hat auch die Gefäßchirurgie zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Das Fachgebiet hat sich, aufgrund neuer und breiter diagnostischer, interventioneller sowie operativer Möglichkeiten und Betätigungsfelder, zu einem attraktiven und vielseitigen Fachgebiet entwickelt – sowohl im Krankenhaus als auch in ambulanten Strukturen.

Unsere Autoren gehen in dieser Ausgabe auf wichtige Betätigungsfelder und aktuelle Entwicklungen der Gefäßchirurgie wie periphere arterielle Verschlusskrankheit, Phlebologie und Aortenchirurgie ein. Neben diesen fachbezogenen Artikeln finden Sie wie immer auch Beiträge aus Politik, Recht und Ökonomie.

Wir wünschen Ihnen eine informative und interessante Lektüre.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihre Redaktion der Passion Chirurgie

Weiterführende Informationen
Passion Chirurgie 10/2016