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Editorial 07/08-2022: UpDate Viszeralchirurgie

EDITORIAL
Chirurgische Onkologie – Aktuelle Entwicklungen

In der aktuellen Ausgabe der Passion Chirurgie werden in drei Artikeln die neuesten Entwicklungen bei der Behandlung von Krebserkrankungen des Rektums, der Leber und des Pankreas dargestellt. Neben den operativ-technischen Weiterentwicklungen haben sich vor allem auch die onkologischen Behandlungskonzepte bei den soliden viszeralen Tumoren in den letzten Jahren verändert. Sie sind komplexer und vielfältiger, andererseits gezielter und individueller geworden. Dadurch wird die interdisziplinäre und interprofessionelle Versorgung onkologischer Patienten, eigentlich schon lange geforderter Standard, zunehmend entscheidend für Lebensqualität und Prognose unserer Patienten.

Die Bündelung interdisziplinärer onkologischer Expertise führt letztlich zu einer in den USA und in vielen europäischen Ländern bereits umgesetzten Zentralisierung inklusive Gründung von „Comprehensive Cancer Centers“. Die qualitativ hochwertige Versorgung aller Patienten in der Fläche verlangt aber nach einer besseren Vernetzung der Krankenhäuser und einer Verbesserung der intersektoralen Versorgung in Deutschland. Dieser Strukturwandel des deutschen Gesundheitssystems ist überfällig und sollte idealerweise von uns mitgestaltet werden. Zurzeit wird in Deutschland bisher lediglich über die Mindestmengenregelung komplexer Eingriffe versucht, die bestehende hohe perioperative Letalität und schlechte Behandlungsqualität in der Fläche zu verbessern. Die Mindestmengen in Deutschland sind im Vergleich zu anderen Ländern noch sehr niedrig und werden sicher mit der Zeit höher angesetzt und vor allem durch strukturelle Vorgaben ergänzt werden.

Die Rolle der Chirurgie bei der Versorgung onkologischer Patienten wird aber zukünftig vor allem davon abhängen, dass wir als Chirurgen auch weiterhin die Krankheitsbilder, die Behandlungsoptionen in ihrer ganzen Komplexität verstehen und die Indikationen und den Behandlungsverlauf gestalten. Es wäre für unser Fach und unseren Nachwuchs aus meiner Sicht fatal, wenn wir uns auf den technischen, operativen Akt reduzieren würden. Das Weiterbildungs-Curriculum für chirurgische Onkologie der Arbeitsgemeinschaft Chirurgische Onkologie (ACO) der DGAV ist eine geeignete Weiterbildungsmöglichkeit für Viszeralchirurgen. Ähnliche Curricula werden in allen chirurgischen Fachbereichen entstehen. Letztlich ist auch heute bei den meisten soliden Tumoren des Viszeraltrakts die qualitativ hochwertige chirurgische Behandlung und Resektion Voraussetzung für eine potenzielle Heilung und eine gute Lebensqualität der Patienten.

Der Erfolg einer chirurgischen Therapie ist neben der sicheren Durchführung der Operation vor allem von der perioperative Therapie, dem rechtzeitigen Erkennen von Komplikationen und einem stringenten Komplikationsmanagement abhängig. Hierfür sind neben den strukturellen Voraussetzungen vor allem die personellen Ressourcen in unterschiedlichen Fachdisziplinen vor Ort und rund um die Uhr erforderlich. Die perioperative Behandlung, angefangen von der Diagnostik und Vorbereitung der Patienten (inklusive Prähabilitation) bis zur patientenorientierten, individuell angepassten postoperativen Versorgung (u. a. mittels ERAS-Konzepten: Enhanced Recovery After Surgery) ist eine für den Erfolg der Behandlung entscheidende Aufgabe von uns Chirurgen.

In den letzten Jahrzehnten haben sich die operativen Möglichkeiten durch die Implementierung innovativer Techniken, wie u. a. die minimalinvasive Chirurgie inklusive Robotik sowie die intraoperative Bildgebung von Sonographie bis zu „augmented reality“-Systemen verändert. Viele dieser Techniken bieten potenzielle Vorteile für unsere Patienten und auch für uns als Behandler. Da neue Technologien kostenintensiv, aber gleichzeitig im DRG-System nicht abgebildet sind, ist die Finanzierung dieser Innovationen schwierig.

Durch Reduktion von Komplikationen könnten die Verweildauer und die stationären Kosten gesenkt werden, was sich in Studien für die einzelnen Indikationen jedoch erst noch zeigen muss. Wichtig ist es zudem, im Rahmen von Studien die Eignung dieser Technologien unabhängig und wissenschaftlich zu evaluieren. So wäre bei nachweisbaren Vorteilen eine Implementierung dieser Technologien in den chirurgischen Alltag und auch eine Berücksichtigung im DRG-System möglich. Die Affinität unseres Fachs zu technischen Neuerungen ist für den chirurgischen Nachwuchs interessant und wichtig. Weitere mögliche Vorteile technischer Innovationen in der Chirurgie sind u. a. das schnellere und sicherere Erlernen operativer Fähigkeiten durch Simulationseingriffe.

Die drei „Update“-Artikel zur Behandlung von Tumoren des Rektums, der Leber und des Pankreas stellen die neuesten Behandlungskonzepte kurz und prägnant dar. Hierbei werden auch die hier von mir skizzierten Facetten der chirurgischen Aufgaben und Verantwortlichkeiten, aber auch die Möglichkeiten und Herausforderungen unseres Fachs deutlich.

Hier geht es zum Inhaltsverzeichnis der Juli-/Augustausgabe „UpDate Viszeralchirurgie“: PASSION CHIRURGIE 07/08/2022.

Viel Spaß beim Lesen.

Univ.-Prof. Dr. med. Jens Werner, MBA

Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie

LMU, Klinikum der Universität München

Campus Großhadern, Marchioninistr. 15, 81377 München

Campus Innenstadt, Ziemssenstr. 5, 80336 München

Editorial

Werner J: Editorial – Chirurgische Onkologie – Aktuelle Entwicklungen. Passion Chirurgie. 2022 Juli/August; 12(07/08): Artikel 01_01.

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Update Leberchirurgie

CHIRURGIE
Update Leberchirurgie

Die Leberchirurgie ist zentraler Eckpfeiler in der Therapie primärer Lebertumore und hepatisch metastasierter Tumorerkrankungen [1] – mit verbesserter medizinischer Evidenz und zunehmender Patientensicherheit erfolgt heute eine immer breitere Indikationsstellung zur Leberresektion. Dies basiert sowohl auf der Implementierung technischer Innovationen als auch der kontinuierlichen Verbesserung perioperativer Behandlungskonzepte. Wichtige Neuerungen der letzten Jahre liegen in der Einführung spezifischer Maßnahmen zur Reduktion von perioperativen Komplikationen und zur Verbesserung des Outcomes [2]. Dies ist von besonderer Bedeutung im Rahmen von multimodalen Therapiekonzepten, bei denen die Leberresektion nur ein Teil des onkologischen Behandlungspfades darstellt und Folgetherapien ohne Verzögerung erfolgen sollen.

Die Einführung minimalinvasiver Operationsverfahren stellt einen weiteren relevanten Entwicklungsschritt in der modernen Leberchirurgie dar: So zeigen die letzten Jahre einen deutlichen Trend zur Implementierung der robotisch-assistierten Leberchirurgie, welche eine konsequente Weiterentwicklung der laparoskopischen Leberchirurgie darstellt und Vorteile dieses Verfahrens mit der technischen Innovation des Operationsroboters kombiniert. In diesem Beitrag sollen diese Themen beleuchtet werden und so ein kurzes Update über die aus unserer Sicht für die Leberchirurgie entscheidenden Entwicklungsschritte der letzten Jahre gegeben werden.

Perioperatives Management

Perioperative Konzepte zur Verbesserung des Outcomes nach spezifischen Eingriffen (Stichwort Fasttrack) waren schon länger in der Chirurgie bekannt, nichtsdestotrotz stellt die konsequente Umsetzung solcher Konzepte in die klinische Praxis eine fortwährende Herausforderung dar. Schon innerhalb chirurgischer Subspezialisierungen, wie zum Beispiel der Viszeralchirurgie, ist ein für alle Patienten gültiger Behandlungspfad bzw. einer Standardlösung aufgrund der Komplexität der Krankheitsbilder und der Behandlungskonzepte nicht umsetzbar. In der klinischen Praxis einer viszeralchirurgischen Station bedeutet dies beispielsweise, dass Patienten nach einer minimalinvasiven atypischen Leberresektion schneller mobilisiert und Kost aufgebaut werden als nach einer offenen Trisektorektomie. Dieser Umstand wird durch die im Jahr 2016 von der ERAS-Gesellschaft (Enhanced Recovery After Surgery) publizierten Leitlinien für die perioperative Versorgung in der Leberchirurgie adressiert [3]. Durch 23 spezifische Maßnahmen (Items) wird dabei das prä-, intra- und postoperative Management spezifiziert, um so die Komplikationsraten zu reduzieren.

An der Chirurgischen Klinik der Charité wurden diese Leitlinien in einer prospektiven Observationsstudie mit 304 konsekutiv eingeschlossenen Patienten validiert [4]. Die Rate an Gesamtkomplikationen zeigte einen signifikanten Rückgang von 41,2 % (n=21) in der Nicht-ERAS-Gruppe auf 26,5 % (n=67) in der ERAS-Gruppe (P=0,0423). Dies war hauptsächlich auf den Rückgang der Clavien-Dindo Komplikationen des Grades 1-2 von 17,6 % (n=9) auf 7,6 % (n=19) zurückzuführen (P=0,0322). Dieser Effekt war sowohl nach offener als auch nach minimalinvasiver Leberresektion zu beobachten. Entscheidend bei der Implementierung eines solchen Programmes ist die Einbeziehung der Anästhesie, der Intensivmedizin und der Pflege. Durch die Bildung eines Kernteams werden Standardarbeitsanweisungen (engl. Standard operating procedures) erarbeitet und Patienteninformationsbroschüren sowie Patiententagebücher erstellt, die zu einer stringenten Umsetzung der Maßnahmen in den verschiedenen perioperativen Phase beitragen sollen.

Das Monitoring bzw. die Umsetzungskontrolle dieser Maßnahmen erfolgt über die sogenannte Adherence, welche in einer Datenbank erfasst wird. So kann beispielsweise nachvollzogen werden, ob die Mobilisierung erfolgreich umgesetzt wurde, [5], und es können (ungewollte) Veränderungen in den postoperativen Abläufen erkannt werden. Die einzelnen ERAS-items werden so ständig validiert und können angepasst werden. Bei Bedarf kann das Klinikpersonal entsprechend nachgeschult werden, um die Umsetzung der Maßnahmen zu verbessern. Die Kosten eines solches Programmes sind nicht unerheblich, wenngleich diese über eine geringere postoperative Komplikationsrate amortisiert werden können [2].

Abb. 1: Robotisch-assistierte Leberresektion. Der Patient ist in French-Position gelagert; der Bedside-Assistent steht zwischen den Beinen; der Operateur sitzt hinter der Konsole; die instrumentierende Pflegekraft steht rechts vom Patienten.

Technische Weiterentwicklungen: Minimalinvasive Leberchirurgie und augmented reality

Die maßgeblichen Neuerungen auf dem Gebiet der minimalinvasiven Leberchirurgie konzentrieren sich auf robotisch-assistierten Eingriffe, welche eine Weiterentwicklung der laparoskopischen Leberchirurgie darstellen. Robotisch-assistierte Leberresektionen werden in Europa und der westlichen Welt in zunehmender Frequenz durchgeführt, mit zunehmender Komplexität der durchgeführten Eingriffe [6].

Den im Vergleich zur laparoskopischen und offenen Leberresektion größten Nachteil stellt jedoch weiterhin die begrenzte Auswahl an Dissektionsverfahren für das Leberparenchym dar. Während inzwischen bei der Laparoskopie alle gängigen Verfahren eingesetzt werden können, sind für die robotische Leberresektion weiterhin nur „Energy devices” verfügbar. Der Harmonic ACE erzeugt hochfrequente mechanische Energie von 55,5 kHz an der aktiven Klinge, um gleichzeitig zu koagulieren und Weichgewebe zu durchtrennen. Eine Abwinkelung des Instrumentes ist jedoch nicht möglich, eigentlich einer der Vorteile des Operationsroboters. Der Vessel Sealer als bipolares Instrument ist abwinkelbar, jedoch aufgrund seiner breiten Klingen in unserer Erfahrung für eine präzise Parenchymdissektion limitiert. Die Renaissance der Clamp-Crush-Technik ist in diesem Zusammenhang als nur als bedingt fortschrittlich zu bezeichnen. Die Einführung eines robotisch zu steuernden Ultraschallaspirator (CUSA), wie er häufig bei der offenen oder laparoskopischen Resektion Einsatz findet, wäre ein wünschenswerter nächster Entwicklungsschritt, um das Indikationsfeld für die robotisch-assistierte Leberchirurgie zu erweitern und noch komplexere Eingriffe zu ermöglichen.

Hinsichtlich der Patientensicherheit und des onkologischen Ergebnisses der robotisch-assistierten Leberchirurgie liegen bis dato keine Daten aus randomisierten kontrollierten Studien vor, es wurden jedoch erste größere Serien und Registerarbeiten zu diesem Thema publiziert [7]. In einer in diesem Jahr in Jama Surgery veröffentlichten großen internationalen Registerarbeit (International Robotic and Laparoscopic Liver Resection study group investigators) wurde die robotische mit der laparoskopischen Hemihepatektomie rechts in 29 internationalen chirurgischen Zentren verglichen [8]. Von 989 Patienten, welche die Einschlusskriterien erfüllten, wurden 220 Patienten robotisch-assistiert und 769 Patienten laparoskopisch operiert. Die robotergestützten Resektionen waren mit einer signifikant niedrigeren Konversionsrate und einem kürzeren postoperativen Krankenhausaufenthalt verbunden. Die Morbidität (Clavien-Dindo > 2) sowie Mortalität (30 und 90 Tage) war in beiden Untersuchungsgruppen gleich verteilt.

In einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Metaanalyse von 26 nicht-randomisierten Studien mit 2.630 Patienten (950 roboter-gestützt und 1.680 laparoskopische Leberresektionen) war ebenfalls kein Unterschied in der Komplikationsrate zwischen beiden Verfahren festzustellen [9]. Robotisch-assistierte Leberresektionen waren mit einem signifikant geringeren intraoperativen Blutverlust (Mittelwert: 286 vs. 301 mL, p < 0,001), aber einer längeren Operationszeit (Mittelwert: 281 vs. 221 min, p < 0,001) assoziiert. Befürchtungen hinsichtlich etwaige negativer Effekte auf die onkologischen Radikalität und das Langzeitüberleben nach robotischen Resektionen wurden ausgeräumt, wenngleich diese Erkenntnisse auf retrospektive Analysen beruhen [10–12]. Hier sind prospektive Studien und größere Patientenkollektive notwendig, um diese Fragen abschließend zu klären.

Die Vergütung des Einsatzes eines komplexen Operationsroboters wird weiterhin nicht im DRG-System abgebildet. Da das postoperative (Komplikations-)Management und der verlängerte Krankenhausaufenthalt die wesentlichen Kostentreiber nach offenen Leberresektionen darstellen [13], und diese Kosten durch den Einsatz minimalinvasiver Techniken potenziell reduziert werden, können höhere intraoperativen Kosten durch den Einsatz minimalinvasiver Operationsverfahren prinzipiell amortisiert werden. Aus unserer Sicht wird der Kostendruck auf Seiten der operativen Techniken jedoch weiter fortbestehen und es bleibt abzuwarten, ob es mittelfristig zu einer deutlichen Reduktion der Materialkosten für die robotisch-assistierte Leberchirurgie kommt. Aktuell ist aus unserer Sicht der Einsatz des Operationsroboter bei komplexen Leberresektionen gerechtfertigt, bei kleineren atypischen Resektionen mit kurzer Operationszeit stellt die Laparoskopie weiterhin das Verfahren der Wahl dar [14].

Interessanterweise hat die amerikanische Food and Drug Association (FDA) im Juni dieses Jahres erstmal den Einsatz eines Augmented-Reality-Systems zur Unterstützung im Operationssaal genehmigt (VisAR-Technologie von Novarad, Provo, UT, USA). Dieses System erlaubt, ein 3D-Hologramm basierend auf präoperativ erhobenen bildgebenden Daten über den Körper des Patienten zu projizieren, um so eine Echtzeitführung während Eingriffen an der Wirbelsäule, am Kopf oder am Hals zu ermöglichen. Der Einsatz dieses Systems ist bisher nicht für die Leber vorgesehen, birgt jedoch enormes Potential [15].

Studien im Fokus

Randomisierte kontrollierte Studien, sogenannte RCTs, stellen die Voraussetzung für die Implementierung neuer Entwicklungen in die klinische Praxis und die Verankerung in medizinischen Leitlinien dar. Im vergangenen Jahr und den ersten sechs Monaten dieses Jahres sind die Ergebnisse zahlreicher spannender, auf Leber-chirurgische Fragestellungen fokussierte klinische Studien publiziert worden, welche hier in einer kurzen Auswahl präsentiert werden sollen.

Huang et al. verglichen in einer randomisierten Studie mit insgesamt 344 Patienten mit Hepatozellulärem Karzinom den Effekt von 15 vs. 25 Minuten intermittierendem Pringle-Manöver, mit einer je fünfminütigen Reperfusionsphase [16]. Die verlängerte hiläre Okklusionphase erlaubte eine signifikant schnellere Parenchymdissektion mit geringerem Blutverlust bei gleichzeitig nicht nachweisbarem Effekt auf das postoperative Transaminasenniveau als Parameter für eine möglichen Leberparenchymschädigung, dem primären Endpunkt dieser Studie. Auch in der Subgruppenanalysen von Patienten mit laparoskopisch vs. offener Leberresektionen zeigte sich diesbezüglich kein Unterschied. Obgleich die Studie durch den Einschluss von Patienten mit zumeist Hepatitis B-bedingter Fibrose bzw. Child A-Zirrhose und die Fokussierung auf eine Entität limitiert ist, stellt diese Arbeit einen interessanten Anstoß dar, die Pringle-Zeit zu überdenken und diese Aussagen ggf. in einer multizentrischen Studie weiter zu überprüfen.

Die Applikation von Glucocorticoiden ist Gegenstand zweier weiterer, kürzlich publizierten Arbeiten dar: Steinthorsdottir et al. untersuchten in einer randomisierten, doppelt-verblindeten Studie in Dänemark, ob die einmalige präoperative Gabe von 10 mg/kg Methylprednisolon einen Effekt auf die postoperative Komplikationsrate nach offener Leberresektion hat, im Vergleich zu 8 mg Dexamethason als Standard-Protokoll für die antiemetische Therapie [17]. Die gleiche Fragestellung wurde von Bressan et al. untersucht, ebenfalls in einer doppelt-verblindeten Studie, allerdings wurde hier zwischen 500 mg Methylprednisolon i. v. vs. Plazebo vor Leberresektion randomisiert [18]. Die präoperative Applikation von 10 mg/kg Methylprednisolon führte zu keinem relevanten Effekt auf die Rate an frühen oder späten postoperativen Komplikationen, wenngleich in der untersuchten Kohorte nur ein Viertel der Patienten eine Major-Resektion erhielten.

In die zweite genannte Studie zur präoperativen Applikation von 500 mg Methylprednisolon wurden 151 Patienten eingeschlossen, die ausschließlich eine Major-Resektion erhielten. Die Hauptindikation zur Leberresektion stellte bei 69 % dieser Patienten kolorektale Lebermetastasen dar. Die intraoperative Methylprednisolon-Gabe führte zu einer signifikant niedrigeren Komplikationsrate (31 % vs. 47 %). Eine Einteilung nach der Clavien-Dindo Klassifikation wurde jedoch nicht vorgenommen, weshalb keine differenzierte Aussage über die beobachteten Komplikationen möglich ist. In der Glukokortikoid-Gruppe fanden die Autoren darüber hinaus eine signifikant niedrigere Rate an tiefen Wundinfektionen, wenngleich die Kontrollgruppe im Vergleich zur bekannten Literatur eine insgesamt recht hohe Rate aufwies [19, 20]. Zudem lassen diese Ergebnisse keinen Rückschluss auf Minor-Resektionen zu.

Letztes Jahr wurden zudem die onkologischen Langzeitdaten der OSLO-COMET Studie veröffentlicht, in welcher die laparoskopische mit der offenen Leberresektion zur Therapie kolorektaler Lebermetastasen verglichen wurde. Im Rahmen dieser Studie wurden 280 Patienten randomisiert, primärer Endpunkt war die 30-Tage Morbidität [21]. Eingeschlossen wurden Patienten mit Resektion von kleiner/gleich 3 Lebersegmenten, Ausschlusskriterien waren eine Hemihepatektomie, Gefäß- oder Gallengangsresektion, oder eine Kombination mit interventionellen Verfahren. Diese Arbeit zeigte keine signifikanten Unterschiede im 5-Jahres-Überleben (54 % in der laparoskopischen vs. 55 % in der offenen Gruppe). Da das Langzeitüberleben jedoch nicht den primären Endpunkt dieser Studie darstellt und das Design der Studie für diese Aussage dementsprechend nicht gepowered war, ist die Aussagekraft dieses Ergebnisses limitiert – kann jedoch Anstoß für zukünftige Untersuchungen sein.

Hypertrophieinduktion

Zur Hypertrophieinduktion vor (erweiterter) Leberresektion stehen die portalvenöse Embolisation (PVE) der rechten Pfortader und der in-situ Split (engl. Associating Liver Partition with Portal vein ligation for Staged hepatectomy, ALPPS) zur Verfügung und unterliegen einem fortlaufenden wissenschaftlichen Diskurs. Vorteile der PVE sind die hohe Patientensicherheit und das interventionelle Vorgehen [22]. Dem gegenüber steht ein relativ langes Zeitintervall von vier Wochen bis zur Leberresektion. Ein möglicher Progress der onkologischen Grunderkrankung, welcher in bis zu 30 % der Fälle beschrieben und zu einem Inoperabilität in bis zu 15 % der Patienten [23] führen kann, stellt einen möglichen Nachteil dieses Verfahrens dar.

ALPPS als chirurgisches Verfahren zur Leberaugmentation erfordert ein deutlich kürzeres Hypertrophie-Intervall von nur in der Regel sechs bis acht Tagen, jedoch sind ist eine deutlich höhere Rate an Major-Komplikationen mit 38 % beschrieben im Vergleich zur PVE mit rund 5 % [22]. Dies ist vor allem für Patienten mit einem höheren Risikoprofil relevant, und für Patienten, die sich mutmaßlich mehreren chirurgischen Eingriffen unterziehen müssen, wie beispielsweise bei kolorektalen Tumoren. Eine verbesserte Hypertrophie nach PVE kann möglicherweise durch eine Kombination mit einer Embolisation der rechten und mittleren Lebervene erreicht werden. Dieses Verfahren wurde kürzlich in einer retrospektiven Arbeit aus einer Arbeitsgruppe aus Bordeaux in Frankreich vorgestellt [24]. Vier Wochen nach diesem Eingriff hatte das Lebervolumen um 61 % zugenommen, vs. 29 % in der Gruppe mit alleiniger PVE (p < 0,0001). Diese Fragestellung wird in einer aktuell laufenden RCT (HYPER-LIV01) der gleichen Arbeitsgruppe validiert [24, 25]. Anzumerken ist, dass die Embolisation nicht nur der rechten, sondern auch der mittleren Lebervene eine bessere Hypertrophie begründen kann, da über die klassische PVE das Segment IV nicht adressiert wird [26].

In Zusammenfassung ist die Leberchirurgie durch eine fortwährende Weiterentwicklung sowohl technischer Aspekte als auch des perioperativen Managements geprägt, mit dem Ziel, das operative Vorgehen und das Ergebnis für den Patienten konsequent zu verbessern.

Die Literaturliste erhalten Sie auf Anfrage via [email protected].

Korrespondierender Autor:

Prof. Dr. med. Johann Pratschke

Ärztliche Centrumsleitung Charité Centrum Chirurgie

Direktor der Chirurgischen Klinik

Campus Charité Mitte | Campus Virchow-Klinikum

Charité – Universitätsmedizin Berlin

Augustenburger Platz 1

13353, Berlin, Deutschland

[email protected]

http://chirurgie.charite.de

PD Dr. med. Felix Krenzien

Schwerpunkt Leberchirurgie

Chirurgische Klinik, Campus Charité Mitte

Campus Virchow-Klinikum, Charité – Universitätsmedizin Berlin

PD Dr. med. Nathanael Raschzok

Schwerpunkt Leberchirurgie

Chirurgische Klinik, Campus Charité Mitte

Campus Virchow-Klinikum, Charité – Universitätsmedizin Berlin

Chirurgie

Krenzien F, Raschzok N, Pratschke J: Update Leberchirurgie. Passion Chirurgie. 2022 Juli/August; 12(107/08): Artikel 03_03.

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OP-Management: Zeitfressern auf der Spur

PANORAMA
OP-Management: Zeitfressern auf der Spur

Nicht wertschöpfende administrative und organisatorische Aufgaben verbrauchen bis zu einem Viertel der täglichen Arbeitszeit von Ärzten und Pflegekräften. Zeit, die für die Patientenversorgung fehlt. Diese Tätigkeiten wären bei einem höheren Organisationsgrad vermeidbar, wie eine Studie an der München Klinik Bogenhausen jetzt belegt.

In der München Klinik Bogenhausen ist seit 2007 ein professionelles OP-Management etabliert, das anhand national konsentierter Daten gesteuert wird. Die anhand dieser Kennzahlen dokumentierte Ergebnisqualität stellte zum Zeitpunkt der Studie den nationalen Benchmark für Maximalversorger dar. Diese Kennzahlen bilden die zugrundeliegende übergeordnete Organisations- und Prozessqualität nicht ab. Deshalb wurde mit dem Leistungsdichtefaktor operativer Fachabteilungen (LDF-OPF) von einer interdisziplinären Autorengruppe in der f&w 7/2020 eine neue Kennzahl vorgestellt, die in einer in f&w 12/2021 publizierten bundesweiten Studie validiert wurde.

Planung, Logistik, Informationsverarbeitung und Kommunikation bestimmen aufgrund der zahlreichen in der perioperativen Medizin zu gestaltenden Schnittstellen den administrativen und organisatorischen Aufwand der medizinischen Behandlung. Die hierfür notwendige Arbeitszeit medizinischer Berufsgruppen ist von überragender Bedeutung. Dies liegt daran, dass die Bewertung des Sinns medizinischer Leistungserbringung aus Mitarbeitersicht sowohl durch den unmittelbar der Patientenbehandlung als auch durch den nicht direkt der Patientenbehandlung zugutekommenden Aufwand bestimmt wird. Das persönlich erheblich negativ wahrgenommene Missverhältnis zwischen administrativen und organisatorischem Aufwand einerseits und erbrachter Behandlungsleistung andererseits führt zu Frustration und ist Grund für Überbelastung, Unzufriedenheit und als Folge Grund für Austritte aus medizinischen und pflegerischen Berufen.

Die Zielsetzung dieser explorativen Studie bestand deshalb darin, erstmals systematisch nicht wertschöpfende Tätigkeiten bei Ärzten und Pflegekräften in einem bereits detailliert mit Kennzahlen gesteuerten kostenintensiven Bereich eines Krankenhauses zu identifizieren und bezogen auf die Arbeitszeit zu quantifizieren. Dazu sollten sowohl die zeitliche Inanspruchnahme als auch die Ursachen nicht wertschöpfender Tätigkeiten ermittelt, kategorisiert und den betroffenen Berufsgruppen zugeordnet werden. Durch die Ermittlung dieser Tätigkeiten sollten Handlungsfelder zur Reduktion administrativer und organisatorischer Ineffizienzen als Erfolgsgrundlage der Digitalisierung in der Organisation und Steuerung perioperativer Prozesse identifiziert werden.

Strukturanalysen und Interviews

Die Auswahl der Teilnehmer der Studie erfolgte mit dem Ziel, aus den Ergebnissen der Analysen möglichst exakt auf das Abbild der Grundgesamtheit perioperativer Prozesse der Klinik schließen zu können. Für die Studie wurden dazu elf Ärzte sowie 15 Pflegekräfte aus den Pflegebereichen OP, Anästhesie, Intensivstation und Normalstation ausgewählt. Sie vertreten sowohl leitende als auch nicht-leitende Funktionen, verfügen über langjährige klinische Erfahrung und prozessbezogenes Wissen.

Die Ermittlung nicht wertschöpfender Tätigkeiten erfolgte durch Tätigkeitsstrukturanalysen, Einzel- und Gruppeninterviews sowie Multimomentaufnahmen durch Begleitung im klinischen Alltag.

Um möglichst vergleichbare Angaben zu Hinweisen auf nicht wertschöpfende Tätigkeiten erfassen zu können, wurde den Teilnehmern typische Merkmale und Folgen nicht wertschöpfender Tätigkeiten genannt. Zur Ermittlung der wahrgenommenen Effizienz der durchgeführten Tätigkeiten musste jede erfasste Tätigkeit durch die Teilnehmer nach Schulnoten bewertet werden. Zur Sicherstellung der inhaltsgleichen Bewertung im Notenspektrum 4 (umständlich), 5 (nur mit hohem Zeitaufwand machbar) und 6 (so eigentlich nicht durchführbar), in denen sich nicht wertschöpfende Tätigkeiten erwarten ließen, war die Semantik vorgegeben. Die Objektivierung der Bewertung der Tätigkeiten, Verifizierung und Validierung erfolgte durch unabhängige Prozessbeobachter mittels der 5-W-Methode und arbeitsplatzbezogene und prozessbezogene Multimomentaufnahmen. In der arbeitsplatzbezogenen Multimomentaufnahme wurden Angaben und Kommentare der Teilnehmer aus Sicht der jeweiligen Organisationseinheit beziehungsweise der jeweiligen Arbeitsplätze einzelner Teilnehmer innerhalb des Behandlungsprozesses überprüft. Dabei wurde insbesondere die Auslastung der Arbeitskraft, die Zeitanteile einzelner Tätigkeiten innerhalb der täglichen Arbeitszeit sowie das arbeitsplatzbezogene Auftreten von nicht wertschöpfenden Tätigkeiten erfasst. In der prozessbezogenen Multimomentaufnahme wurden Angaben und Kommentare der Teilnehmer zu Arbeitsbedingungen, zu Schnittstellen, zu angrenzenden Organisationseinheiten sowie zum Auftreten von nicht wertschöpfenden Tätigkeiten durch Begleitung des Behandlungsprozesses vor Ort überprüft.

Tab. 1: Beispiele für den Reduktionsprozess der Angaben aus Tätigkeitsstrukturanalysen über die Ermittlung von Indikatoren nicht wertschöpfender Tätigkeiten zu ihrer Ordnung in Kategorien nicht-wertschöpfender Tätigkeiten

Angaben von Teilnehmern

Indikatoren nicht-wertschöpfender Tätigkeiten

Kategorien nicht-wertschöpfender Tätigkeiten

Keine Informationen zu benötigtem Material von geplanten OPs verfügbar

Reihenfolge von OPs werden spontan geändert

Planung,

Ausfall,

Planänderung,

Plananpassung

Planung und Organisation

Zu viel Beteiligte bei Untersuchungsplanung

Ansprechpartner nicht klar definiert

Planung,

Organisation,

Diagnostik,

Befundung

Planung und Organisation

Fehlende Daten, Unterlagen für Untersuchungen nur in Papier

Nicht alle Daten im System

Fehlende mobile Verfügbarkeit von Daten

Informationslage,

Informationsformat,

Informationstransfer,

Verfügbarkeit von Informationen

Informationslogistik

Verfügbarkeit und aktueller Standort des benötigten Gerätes nicht bekannt

Keine Information in SAP

Keine Info über Reparatur

Lieferstatus von Instrumenten nicht bekannt

Geräte,

Verfügbarkeit,

Material,

Informationen zur Verortung von Geräten,

Lieferstatus

Material- und Gerätelogistik

Unterschiedliche Qualitätskonzepte auf Stationen

Nicht immer klar, wo sich der Patient genau befindet

Fehlende Einhaltung von Übergabepunkten zwischen Teilprozessen

Stationen ohne Qualitätsendkontrolle liefern schlechte Qualität

Qualität,

Prozesse,

Teilprozesse,

Disziplin,

Übergabepunkte

Übergabepunkte zwischen Teilprozessen,

Prozesse,

Prozessdisziplin

Planung, Koordination und Logistik

Die Rückmeldequote aus den Tätigkeitsstrukturanalysen lag bei über 90 Prozent. Alle erfassten Tätigkeiten von Ärzten und Pflegekräften wurden systematisch typisch administrativen und organisatorischen Unterstützungsprozessen oder typisch ärztlichen und pflegerischen Kernprozessen zugeordnet. Insgesamt wurden 436 protokollierte Angaben und Transkripte von 61 Tätigkeitsstrukturanalysen, Interviews in Einzel- und Gruppenform und Multimomentaufnahmen einem systematischen Reduktionsprozess nach Mayring unterzogen. Beispiele für Hinweise auf nicht wertschöpfende Tätigkeiten finden sich in den Angaben der Teilnehmer aus den Tätigkeitsstrukturanalysen (Tab. 1). Hieraus konnten 248 Indikatoren nicht wertschöpfender Tätigkeiten abgeleitet und auf zehn Kategorien nicht wertschöpfender Tätigkeiten reduziert werden. Die vier Kategorien mit den höchsten Anteilen nicht wertschöpfender Tätigkeiten waren Planung und Koordination, Informationslogistik, Material und Gerätelogistik, sowie Übergabe zwischen Teilschritten. Diese Kategorien nicht wertschöpfender Tätigkeiten verbrauchten zwischen sieben und 25 Prozent der täglichen Gesamtarbeitszeit von Ärzten und Pflegekräften (Tab. 2).

Tab. 2: Zeitaufwendungen befragter Teilnehmer zu den am schlechtesten bewerteten Kategorien nicht wertschöpfender Tätigkeiten in Prozent der täglichen Arbeitszeit. 1 OP-Koordination, 2 Arzt Anästhesiologie, 3 Arzt Operateure, 4 OP-Pflege, 5 Stations-Pflege, 6 Intensiv-Pflege, 7 Anästhesie-Pflege

Kategorien nicht-wertschöpfender Tätigkeiten

Zeitaufwendung für nicht wertschöpfende Tätigkeiten (in Prozent der täglichen Arbeitszeit)

Angaben zu nicht wertschöpfenden Tätigkeiten, bewertet mit den Schulnoten 4-6

Fachspezifische Rollen der befragten Teilnehmer

Planung, Koordination

25 %

Unklare Planungshoheit und Zuständigkeit für Plandaten

Fehlende Planaktualität

Planung berücksichtigt nicht alle erforderlichen Ressourcen

2, 3, 5, 6

1, 3, 4, 5, 6

3, 4, 5, 6

Informationslogistik

13 %

Unvollständige Informationslage

Informationslage nicht verlässlich

Information nur auf Papier verfügbar

Qualität der Information unzureichend oder irrelevant

Paralleler Informationstransfer

Vorhandene Informationen werden nicht genutzt

Mehrfacherfassung in medizinischen Anwendungssystemen

Fehlende mobile Verfügbarkeit von Daten

Suche nach papiergebundenen Dokumenten

OP, Inbetriebnahme Arbeitsplatz

OP, Nachbereitung Arbeitsplatz

1, 4

2

2, 3, 4

1, 2

3, 5

1, 3

3, 4

3

5

7

7

Material- und Gerätelogistik

12 %

Verfügbarkeit und aktueller Standort von Instrumenten und med. Technik und Hilfsmittel nicht bekannt, Suchaufwand

Verlängerung OP-Dauer aufgrund fehlender Instrumente

Fehlende Barcodes auf Instrumenten zur Identifikation

Fehlende Informationen zum Lieferstatus von Instrumenten

3, 4

2

4

4, 6

Übergabepunkte zwischen Teilprozessen, Prozessen, Prozessdisziplin

7 %

Viele wahrgenommene administrative Fremdtätigkeiten

Fehlende Einhaltung von Übergabepunkten zwischen Teilprozessen

Unterschiedliche Qualitätskonzepte auf Stationen

2, 3

1, 2

1

Die vier häufigsten Kategorien nicht wertschöpfender Tätigkeiten verteilten sich unterschiedlich häufig auf Ärzte und Pflegekräfte. Auf die Berufsgruppe Arzt entfiel ein Großteil der nicht wertschöpfenden Tätigkeiten aus den Kategorien Planung und Koordination, Informationslogistik sowie Übergabepunkte zwischen Teilprozessen, Prozessen und Prozessdisziplin. Überwiegend auf die Berufsgruppe Pflege entfielen die nicht wertschöpfenden Tätigkeiten aus der Kategorie Material- und Gerätelogistik (Abb. 1). Den höchsten Häufigkeitsanteil aller durch Ärzte und Pflegekräfte erbrachten Kategorien nicht wertschöpfender Tätigkeiten (Abb. 2) machten administrative und organisatorische Kategorien aus (73 Prozent). Primär ärztliche und pflegerische Kategorien nicht wertschöpfender Tätigkeiten zeigten deutlich niedrigere Häufigkeitsanteile (27 Prozent).

Abb. 1: Anteil und Zuordnung der vier häufigsten Kategorien nicht-wertschöpfender Tätigkeiten der jeweiligen Berufsgruppe

Abb. 2: Häufigkeitsverteilung primär administrativ/organisatorischer (Summe links/grün = 73 %) und primär ärztlich/pflegerischer Kategorien nicht-wertschöpfender Tätigkeiten (Summe rechts/blau= 27 %)

Zeitintensive, wichtige Tätigkeiten

Im Rahmen der Studie konnten erstmals vermeidbare, aber unter den bestehenden Bedingungen notwendige Aufwandsmehrungen von Ärzten und Pflegekräften zur Aufrechterhaltung der Patientenbehandlung identifiziert und bezogen auf die Arbeitszeit quantifiziert werden. Diese nicht wertschöpfenden Tätigkeiten von Ärzten und Pflegekräften in der perioperativen Medizin einer Klinik der Maximalversorgung verbrauchen erhebliche Anteile der täglichen Arbeitszeit. Nicht wertschöpfende Tätigkeiten in den Kategorien Planung und Koordination, Informationslogistik, Materiallogistik sowie Übergabepunkte zwischen Teilprozessen, Prozessen und Prozessdisziplin sind prägend für den Arbeitsalltag von Ärzten und Pflegenden.

Die Ergebnisse der Studie belegen, dass bisherige Ansätze der Erfassung perioperativer Leistungserbringung dem tatsächlichen Leistungsgeschehen nur unzureichend gerecht werden. Insbesondere wird der durch die ärztlichen und pflegerischen Berufsgruppen zu erbringende administrative und organisatorische Aufwand bislang außer Acht gelassen.

Durch die Kategorisierung nicht wertschöpfender Tätigkeiten sowie der Verifizierung und Validierung der Angaben der Studienteilnehmer durch unabhängige Prozessbeobachter konnten Verbesserungspotenziale zur Aufwandsreduktion in der perioperativen Leistungserbringung identifiziert werden. Die hohe Teilnahmequote an der Studie unterstreicht das große Interesse an der Fragestellung. Damit kommt die hohe Erwartung der Teilnehmer gegenüber dem Klinikmanagement zum Ausdruck, Mitarbeiterinteressen angemessen wertzuschätzen und ineffiziente, weil nicht wertschöpfende Prozesse zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit neu auszurichten. Bei der Ermittlung aufwandsbestimmender Merkmale zur Identifikation nicht wertschöpfender Tätigkeiten traten eklatante Mängel in der übergeordneten Prozessgestaltung mit erheblichen Auswirkungen auf die Prozessqualität zutage. 73 Prozent aller von Ärzten und Pflegekräften identifizierten nicht wertschöpfenden Tätigkeiten in perioperativen Prozessen entfielen auf administrative und organisatorische Kategorien, die nicht primär mit ärztlichen und pflegerischen Behandlungsleistungen in Verbindung stehen.

Der hierdurch nicht unmittelbar der Patientenversorgung zugutekommende Zeitaufwand betrug je nach Berufsgruppe in einzelnen Kategorien bis zu 25 Prozent der täglichen Arbeitszeit. Als zeitaufwändigste Tätigkeiten ärztlicher und pflegerischer Berufsgruppen prägen tägliche telefonische Rückfragen aufgrund breiter Defizite bei der Untersuchungsplanung, der OP-Planerstellung wie spontane Änderung der OP-Reihenfolge, fehlende Angaben zu benötigtem Material sowie unklare Zuständigkeiten und unvollständige Informationen zu Behandler und Behandlung den wahrgenommenen Aufwand nicht wertschöpfender Tätigkeiten.

Kosten nicht unterschätzen

Bei einem unterstellten durchschnittlichen Vollkostenstundensatz von 50 Euro für Ärzte und 35 Euro für Pflegekräfte bedeutet dies für den perioperativen Bereich einer Klinik mit 100 Ärzten und 200 Pflegekräften in der Spitze einen monetär bewerteten jährlichen nicht wertschöpfenden Aufwand von mehreren Millionen Euro, die der Patientenzuwendung durch ineffiziente Prozess- und Organisationsformen entzogen werden.

Vor dem Hintergrund des Ökonomiegedankens im SGB V muss die Eliminierung nicht wertschöpfender Tätigkeiten medizinischer Berufsgruppen neben üblichen Kosten- und Erlöskennzahlen ein wesentlicher zukünftiger Bewertungsfaktor für die Qualität von Krankenhausorganisation sein. Hierfür sind die Entwicklung und der Einsatz neuer Kennzahlen wie des LDF-OPF (siehe f&w 7/2020 und 12/2021) notwendig. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen eindeutige Indikatoren nicht wertschöpfender Tätigkeiten in den perioperativen Prozessen einer Klinik der Maximalversorgung, die in Kennzahlen überführbar sind. Die überall beschriebene Frustration, Überbelastung, Unzufriedenheit und als Folge Austritte aus medizinischen und pflegerischen Berufen lassen zudem darauf schließen, dass die Ergebnisse auch auf andere Krankenhäuser und Versorgungsstufen übertragbar sind.

Die Studie ermittelt ein breites Feld an Verbesserungspotenzialen, insbesondere in administrativen und organisatorischen Tätigkeitsfeldern, zur Entlastung ärztlicher und pflegerischer Berufsgruppen. Die Reduzierung nicht wertschöpfender Tätigkeiten würde nicht nur das Patientenwohl verbessern, sondern auch die Reputation eines Krankenhauses positiv beeinflussen. Das Krankenhausmanagement ist deshalb gefordert, gemeinsam mit allen beteiligten Berufsgruppen durch nachhaltige Verbesserung von Prozessabläufen nicht wertschöpfende Tätigkeiten zu eliminieren.

Die Literaturliste erhalten Sie auf Anfrage via [email protected].

Korrespondierender Autor:

Prof. Dr. med. Patrick Friederich, MHBA

Klinik für Anaesthesiologie, Operative Intensivmedizin und Schmerztherapie

München Klinik Bogenhausen

Akademisches Lehrkrankenhaus der Technischen Universität München

Englschalkinger Straße 77

81925 München

[email protected]

Dipl. Wirtsch. Ing. Gerald Götz

Geschäftsbereichsleiter Technologiemanagement

München Klinik gGmbH

[email protected]

Dr. med. Thomas Klöss

ehemals Ärztlicher Direktor

Universitätsklinik Halle (Saale)

[email protected]

Erstveröffentlicht in f&w 01/2022, mit freundlicher Genehmigung vom Verlag Bibliomed.

Panorama

Friederich P, Götz G, Klöss T: OP Management: Zeitfressern auf der Spur. Passion Chirurgie. 2022 Juli/August; 12(07/08): Artikel 09.

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Update Pankreaskarzinom

CHIRURGIE
Update Pankreaskarzinom

Als Pankreaskarzinom wird der mit circa 95 Prozent häufigste bösartige Tumor der Bauchspeicheldrüse bezeichnet, der histopathologisch korrekt als duktales Adenokarzinom des Pankreas (PDAC) beschrieben wird. Über die letzten Jahre wurden hier sowohl in der Systemtherapie als auch in der Chirurgie Fortschritte erzielt, sodass sich die Prognose insgesamt – vor allem bei resektablen Befunden – verbessern konnte. Der Altersgipfel dieser Erkrankung liegt bei über 70 Jahren und die Voraussagen deuten darauf hin, dass das PDAC bis 2030 an die zweite Stelle der krebsbedingten Todesfälle rücken wird [1]. Auf Grund der häufigen Komorbiditäten sowie der Komplexität der Eingriffe und perioperativen Behandlung geht die Behandlungshoheit solcher Patienten immer mehr an hochspezialisierte Zentren mit hoher Fallzahl und entsprechender Expertise über.

Diagnostik

Auf Grund der geringen Spezifität seiner Symptome wird das PDAC häufig entweder erst spät oder zufällig erkannt. Zu den klinischen Beschwerden zählen Schmerzen, schmerzloser Ikterus, B-Symptomatik vorangestellt eine unerklärte Gewichtsabnahme sowie eine Glukoseintoleranz beziehungsweise ein neu aufgetretener Diabetes mellitus im Jahr vor der eigentlichen Diagnose [2].

Aktuell gibt es keine Marker, die zur Früherkennung des PDAC geeignet sind; die Tumormarker CEA und CA19-9 sind jedoch sinnvolle Verlaufsparameter, die für das Therapieansprechen und in geringerem Maße Aussagen über Therapieentscheidungen (siehe Therapie) nützlich sind.

Ein bildgebendes Screening der Normalbevölkerung wird aufgrund der niedrigen Prävalenz in der Aktualisierung der S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“ nicht empfohlen [3]. Für die präoperative Ausbreitungsdiagnostik wird jetzt mit einer „Soll“-Empfehlung die Computertomografie empfohlen, die zum einen Tumorgröße und Infiltration beurteilen lässt und zum anderen durch biphasische Kontrastierung den Gefäßbezug des PDAC zu arteriellen sowie portalvenösen Gefäßen im Oberbauch einordnen lässt [3, 4].

Bei den primär nicht metastasierten PDAC unterscheidet man daher primär resektable von primär nicht resektablen Tumoren. Die letztere Kategorie lässt sich noch anhand der lokoregionären Gefäßbeteiligung in lokal fortgeschrittene („locally-advanced“; LA-PDAC) und in grenzwertig resektable („borderline resectable“; BR-PDAC) PDACs unterteilen. Hier sind insbesondere der Tumorkontakt mit Vena und Arteria mesenterica superior (VMS, AMS), Portader (PA) und Truncus coeliacus (TC) beziehungsweise im Verlauf der Arteria hepatica communis zu beurteilen. Zudem wird die Ausdehnung des Kontaktes in < 180° und > 180° eingeteilt. Einschränkend muss erwähnt werden, dass die ausgesprochen desmoplastische Reaktion des PDAC häufig zu einer bildmorphologischen Überschätzung führt [5] und insbesondere nach Neoadjuvanz eine sekundäre Resektabilität erreicht werden kann.

Daher sollten solche Patienten unbedingt in Zentren mit hoher Fallzahl vorstellig werden. Die Klassifikation der CT- oder MRT-basierten anatomischen Resektabilität (Typ A) sollten nach dem Konsensus der Deutschen Röntgengesellschaft strukturiert vorgelegt werden [6]. In Anlehnung an den Konsensus der Internationalen Pankreasassoziation (IAP) aus dem Jahre 2017 wird seit der Erneuerung der deutschen Leitlinie jetzt auch verstärkt auf die Tumorbiologie (Typ B Resektabilität) beziehungsweise die funktionelle oder konditionale Operabilität des Patienten (Typ C Resektabilität) geachtet [7, 8]. Als Surrogatmarker für die biologische Einteilung wird der Tumormarker CA19-9 verwendet. Für die konditionale Einschätzung ist vor allem der ECOG-Status (ECOG 2) nützlich (Tab. 1).

Um Lebermetastasen – und hier vor allem diejenigen kleiner 1 cm – sicher auszuschließen, wurde jetzt neu die Empfehlung zum Leber-MRT mit Diffusionswichtung gegeben [3]. Neu ist ebenfalls die „Soll“-Empfehlung zum CT-Thorax zur Komplettierung der Ausbreitungsdiagnostik.

Therapie

Adjuvant

Für eine primär chirurgische Resektion kommen nur etwa 15 bis 20 Prozent aller Patienten infrage [9]. Ziel ist hier die komplette Entfernung mit einem mikroskopisch freien Resektionsrand. Anschließend daran ist eine Chemotherapie über sechs Monate empfohlen, die sechs bis 12 Wochen postoperativ begonnen werden sollte. Standard für Patienten vor dem 80. Lebensjahr in gutem Allgemeinzustand (ECOG 0/1) ist modifiziertes FOLFIRINOX (5-Fluorouracil (5-FU), Folinsäure, Irinotecan und Oxaliplatin), ansonsten steht Gemcitabin mono oder in Verbindung mit Capecitabin zur Verfügung [10]. Bei Unverträglichkeiten auf Gemcitabin kann alternativ 5-FU zur Anwendung kommen.

Tab. 1: ECOG-Status; A anatomical, B biological (CA19-9 > 500 IU/ml; befallene regionäre LK), C conditional (ECOG 2 oder höher); Neg: negativ für die genannten Parameter; Pos: positiv für die genannten Parameter. Modifiziert nach [7, 8]

Resektabilität

Anatomie

Biologie

Conditional

Resektabel R

R-Typ A

Neg: R-Typ A

Neg: R-Typ A

Pos: BR-Typ B

Pos: BR-Typ C

Grenzwertig-resektabel BR

BR-Typ A

Neg: BR-Typ A

Neg: BR-Typ A

Pos: BR-Typ AB

Pos: BR-Typ AC

Lokal-fortgeschritten LA

LA-Typ A

Neg: LA-Typ A

Neg: LA-Typ A

Pos: LA-Typ AB

Pos: LA-Typ AC

Neoadjuvant

Bei einem anatomisch als BR- oder LA-eingeschätzten Tumoren sollte eine neoadjuvante Systemtherapie vor der Resektion zum Einsatz kommen. Hier kommen die Kombinations-therapien FOLFIRINOX oder Gemcitabin mit nab-Paclitaxel in Frage. Vorteile der Neoadjuvanz sind die bessere Einschätzung der Tumorbiologie. Patienten mit zumindest bildmorphologisch stabiler Situation eines initialen LA-PDAC sollten zur Einschätzung der sekundären Resektabilität dann exploriert werden. Auch hier gilt, dass die Erfahrung eines Pankreaszentrums mit hoher Fallzahl sowohl zur prä- als auch intraoperativen Einschätzung empfehlenswert ist.

Oligometastasierung

Als Oligometastasierung bezeichnet man ein (synchrones oder metachrones) Vorliegen von maximal drei Herden im Sekundärorgan. Am häufigsten treten diese Absiedelungen in Leber, gefolgt von Lunge und sehr selten Knochen auf. Retrospektive Studien weisen darauf hin, dass sorgfältig selektionierte Patienten einen Überlebensvorteil nach Resektion der Metastasen haben können; allerdings liegen bislang keine prospektiven Daten vor und somit sollte eine chirurgische Entfernung der Oligometastasen außerhalb von Studien bislang unterbleiben. Diffuse Metastasen sowohl im synchronen als auch im metachronen Setting sollten dagegen nicht reseziert werden.

Palliation

Bei Patienten mit ECOG 0-2 und metastasiertem PDAC sollte eine Systemtherapie angeboten werden, da die Lebensqualität (verringerter Schmerzmittelbedarf, geringerer Gewichtsverlust) und das Gesamtüberleben damit verbessert werden können [3]. In der Erstlinientherapie stehen hier nach der neuen Form der S3-Leitlinie FOLFIRINOX, Gemcitabin allein oder mit nab-Paclitaxel beziehungsweise Erlotinib zur Verfügung. Als individualisierte Therapie steht noch der PARP-Inhibitor Olaparib bei der kleinen Gruppe der BRCA1/2 Keimbahn- oder PALB2-mutierten PDAC Patienten parat. Im Falle einer Mikrosatelliten-Instabilität (MSI) können Immuncheckpoint-Inhibitoren, beispielsweise der anti-PD1 Rezeptorantikörper Pembrolizumab, effektiv sein. Bei Ineffizienz der Erstlinientherapie sollte eine Zweitlinientherapie angeboten werden.

Operationsverfahren

Prinzipiell ist das Ziel sämtlicher OP-Verfahren, beim PDAC eine zeitnahe (also innerhalb von circa zwei Wochen) komplette Entfernung des Tumors samt seiner ableitenden Lymphknotenstationen zu erreichen. Dies bildet die Säule der kurativen Behandlung des PDAC; dazu zählt auch die Resektion im Gesunden, also negative Schnittränder, die mittels Schnellschnitten intraoperativ beurteilt werden können. Im Falle eines positiven Schnellschnitts kann dann sofort nachreseziert und die Rate der R0-Resektionen und damit das Überleben der Patienten erhöht werden. In bestimmten Fällen ist die genaue Einordnung jedoch aus morphologischen Gegebenheiten, wie zum Beispiel einer diskontinuierlichen Ausbreitung oder desmoplastischen Stromareaktion mit ausgedehnter Perineuralscheiden- bzw. Gefäßinvasion, erschwert. Hier empfiehlt sich das Hinzuziehen eines erfahrenen Pathologen, um die exakte Beurteilung des Resektionsrands zu sichern. Das Alter des Patienten per se sollte nicht als Gegenargument für eine operative Therapie darstellen; auch aus diesem Grund empfiehlt sich im Zweifel die Vorstellung in einem Zentrum. Ebenso wenig sollte ein kontinuierlicher, aber R0-resektabler Befall von Nachbarorganen wie Duodenum, Magen oder Kolon die onkologische Operation verhindern.

Offene Chirurgie

Pankreaskopfresektion

Für die PDACs des Pankreaskopfes ergibt sich als Standardoperation die partielle Pankreatikoduodenektomie, die entweder Pylorus-resezierend (OP nach Kausch-Whipple) oder Pylorus-erhaltend (OP nach Traverso-Longmire) durchgeführt werden kann. Das Pankreas wird dabei in der Regel auf Höhe des Durchtritts der PA/VMS abgesetzt und en bloc mit der Gallenblase, Ductus choledochus sowie der ersten Jejunalschlinge entfernt. Als lokoregionale Lymphknotenstationen gelten hier die peripankreatischen und duodenalen sowie am Ligamentum hepatoduodenale, der AH und der rechten Zirkumferenz der AMS und TC [11]. Hier gilt als Konsens, dass mindestens zwölf regionäre Lymphknoten entfernt werden sollen. Wir verwenden eine Längslaparotomie mit Linksumschneidung des Nabels als Standardzugang und explorieren zunächst peritoneale Höhle sowie die Leber nach metastatischen Aussaaten, bevor im Sinne eines „Artery first“ Verfahrens die Freiheit der großen Oberbauchgefäße gewährleistet wird. Zur Prophylaxe einer postoperativen Pankreasfistel können laut S3-Leitlinie Somastatinanaloga eingesetzt werden. In unserer Praxis werden diese auch für fünf bis sieben Tage verwendet, insbesondere bei Hochrisikopatienten mit weichem Pankreas und kleinem, also ungestautem Pankreasgang.

Pankreaslinksresektion

Als offener Zugang wird ebenfalls eine Längslaparotomie gewählt. Die Durchtrennung des Pankreas erfolgt auch auf Ebene der PA/VMS. Zur onkologischen Resektion von PDACs des Pankreaskorpus oder -schwanzes wird hier die radikale Linksresektion inklusive Splenektomie und Lymphadenektomie durchgeführt.

Minimalinvasive Chirurgie

Linksresektionen bei PDAC ohne Gefäßbeteiligung werden heute zunehmend minimalinvasiv, also entweder laparoskopisch oder auch robotisch, durchgeführt. Hier sind in der Regel Vorteile im Hinblick auf eine schnellere postoperative Erholung bei gleicher onkologischer Qualität zu verzeichnen. Allerdings liegen bislang keine Ergebnisse von randomisierten prospektiven Studien dazu vor. Bei der Pankreatikoduodenektomie gibt es hier auf Grund der aktuell unsicheren Datenlage noch keinen richtungsweisenden Vorteil für die minimalinvasiven Verfahren [12]. Insgesamt sollten solche Verfahren vor allem im Rahmen von klinischen Studien und insbesondere an ausgewiesenen Zentren mit entsprechender Erfahrung durchgeführt werden.

Zentrumschirurgie und Mindestfallzahlen

In der aktuellen Version der Leitlinie wird empfohlen, dass Operationen an der Bauchspeicheldrüse beim PDAC in Zentren mit mindestens 20 Pankreasresektionen pro Jahr durchgeführt werden sollen, da dadurch die Morbidität und Mortalität bei diesen komplexen Eingriffen deutlich gesenkt werden kann [8]. Dies wurde auch im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) am 17.12.2021 festgehalten und so sollen die Mindestmengen sukzessive bis 2025 auf 20 Eingriffe pro Jahr gesteigert werden (Mindestmenge für 2022-2023: 10; Mindestmenge für 2024: 15; Mindestmenge ab 2025: 20).

Die Zentrumschirurgie ist für Patienten durch mehrere bereits erwähnte Faktoren unabdingbar. Hier geht es darum den Patienten prä- bzw. intraoperativ die beste Therapie durch Feststellung der primären und auch sekundären (Ir-) Resektabilität zukommen zu lassen. Diese ist nur durch erfahrene interdisziplinäre Zusammenarbeit von Pankreatologen der verschiedenen Fachrichtungen gewährleistet. Die postoperative Mortalität ist in den Zentren deutlich reduziert, was darauf zurückzuführen ist, dass Komplikationen viel frühzeitiger und adäquat therapiert werden können. Schließlich ist die ständige Gewährleistung von interventionellen und auch chirurgischen Methoden der Komplikationsbehandlung nach solch komplexen Eingriffen essenziell und nur in großen Teams mit entsprechender Expertise vorhanden.

Fazit

Die operative Resektion des PDAC ist weiterhin in einem multimodalen Konzept die einzige Möglichkeit der Heilung. BR- und LA-PDACs sollten in neoadjuvanten therapeutischen Ansätzen behandelt oder zumindest diskutiert werden. Die oligometastatische Situation kann möglicherweise in hoch-selektierten Patientengruppen kurativ behandelt werden. Insgesamt ist die Behandlung von Pankreaskarzinompatienten Zentrumsmedizin für hochspezialisierte interdisziplinäre Teams.

Literatur

[1]   Quante AS, Ming C, Rottmann M, et al. Projections of cancer incidence and cancer-related deaths in Germany by 2020 and 2030. Cancer Medicine 2016;5:2649–2656.

[2]   CHARI S, LEIBSON C, RABE K, et al. Probability of Pancreatic Cancer Following Diabetes: A Population-Based Study. Gastroenterology 2005;129:504–511.

[3]   Seufferlein T, Mayerle J, Böck S, et al. S3-Leitlinie zum exokrinen Pankreaskarzinom – Kurzversion 2.0 – Dezember 2021, AWMF-Registernummer: 032/010OL. Zeitschrift Für Gastroenterologie 2022;60:991–1037.

[4]   Grenacher L, Juchems M, Schreyer AG, et al. Diagnostik beim Pankreaskarzinom – Update in der neuen Leitlinie. Der Chir 2022;93:429–440.

[5]   Tempero MA, Malafa MP, Al-Hawary M, et al. Pancreatic Adenocarcinoma, Version 2.2021, NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology. J Natl Compr Canc Ne 2021;19:439–457.

[6]   Persigehl T, Baumhauer M, Bae?ler B, et al. Structured Reporting of Solid and Cystic Pancreatic Lesions in CT and MRI: Consensus-Based Structured Report Templates of the German Society of Radiology (DRG). R Fo – Fortschritte Auf Dem Gebiet Der R Ntgenstrahlen Und Der Bildgebenden Verfahren 2020;192:641–656.

[7]   Isaji S, Mizuno S, Windsor JA, et al. International consensus on definition and criteria of borderline resectable pancreatic ductal adenocarcinoma 2017. Pancreatology 2018;18:2–11.

[8]   Seufferlein T, Mayerle J, Böck S, et al. S3-Leitlinie zum exokrinen Pankreaskarzinom – Kurzversion 2.0 – Dezember 2021, AWMF-Registernummer: 032/010OL. Zeit­schrift Für Gastroenterologie 2022;60:991–1037.

[9]   D’Haese JG, Renz BW, Werner J. Aktuelle Standards und Perspektiven in der Chirurgie des Pankreaskarzinoms. Der Onkologe 2019;25:661–668.

[10]  Seufferlein T, Michalski C. Zukunftskonzepte zur neoadjuvanten und adjuvanten Behandlung des (resektablen) Pankreaskarzinoms. Der Chir 2022;93:441–445.

[11]  Renz BW, D’Haese JG, Werner J. Maligne Tumoren der Bauchspeicheldrüse. Cme 2019;16:57–71.

[12]  Schmidt T, Ghadimi M, Fuchs HF, et al. Chirurgische und interdisziplinäre Therapie gastrointestinaler Stromatumoren. Der Chir 2022;93:27–33.

Korrespondierender Autor:

PD Dr. med. Matthias Ilmer

Oberarzt

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie

LMU, Klinikum der Universität München

[email protected]>

PD Dr. med. Bernhard W. Renz

Oberarzt

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie

LMU, Klinikum der Universität München

Univ.-Prof. Dr. Jens Werner, MBA

Direktor

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie

LMU, Klinikum der Universität München

[email protected]

Chirurgie

Ilmer M, Renz BW, Werner J: Update Pankreaskarzinom. Passion Chirurgie. 2022 Juli/August; 12(107/08): Artikel 03_02.

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Update Rektumkarzinom

CHIRURGIE
Update Rektumkarzinom

Die Therapie des Rektumkarzinoms hat in den vergangenen Jahren ein hohes Maß an Innovation erfahren. Dies betrifft jedoch nicht nur die Evolution der OP-Strategien und Techniken, sondern insbesondere den Zuwachs an Erfahrung und Neuentwicklungen im Bereich der multimodalen Behandlung durch Bestrahlung und tumorgerichtete medikamentöse Therapie. Und auch der Zeitpunkt sowie die Intensität der jeweiligen Behandlungsmodalität hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Die Einführung und zunehmende Umsetzung der sog. Totalen Neoadjuvanten Therapie (TNT) aufgrund konsentierter Empfehlungen der verschiedenen internistischen, chirurgischen und radiologischen Arbeitsgemeinschaften stellt eine wichtige Neuerung der Therapie beim Rektumkarzinom dar. Für die Chirurgie ist es unabdingbar, sich mit diesem Thema intensiv zu beschäftigen, um genau jene Patienten zu selektionieren, welche tatsächlich von dieser Therapieoption profitieren.

Stellenwert der MRT für den Therapieentscheid beim Rektumkarziom

Die qualitätsgesicherte MRT wird zukünftig eine noch wichtigere Rolle für den Therapieentscheid spielen, da die MRT objektiv – anhand von Risikofaktoren – beurteilen lässt, welche Patienten von einer primären OP und welche Patienten von einer intensivierten Vortherapie profitieren. Ein T3 oder N+ sollten nämlich keine alleinige Entscheidungsgrundlage mehr für eine neoadjuvante Therapie sein [1, 2, 3]. Heute muss die qualitätsgesicherte und standardisierte MRT-Befundung die prognostisch relevanten Risikofaktoren (CRM +/-, EMVI, Tumordeposits, laterale Lymphknoten) beinhalten [1]. Dies sind die aussagekräftigsten Prädiktoren, die mit dem krankheitsfreien und dem Gesamtüberleben assoziiert sind [1]. Ohne eine Aussage zu diesen Risikofaktoren kann heutzutage keine vernünftige Indikation für oder wider eine Vorbehandlung oder primäre OP mehr getroffen werden. So kann bei nachvollziehbar hoher Qualität der Dünnschicht-MRT eine primäre Operation auch bei wandüberschreitenden cT3-Tumoren im mittleren Drittel erfolgen, sofern das Ausmaß der Infiltration ins perirektale Fettgewebe limitiert ist (unter 5 mm; cT3a/b) und ein ausreichender Abstand zur mesorektalen Faszie besteht. Sofern keine zusätzlichen Risikofaktoren (z. B. tiefliegender Tumor, eindeutiger Lymphknotenbefall, EMVI, Tumordeposits) vorliegen, ist dann bei adäquater TME ein dem Stadium I vergleichbares Lokalrezidivrisiko anzunehmen [2]. Hierdurch werden dem Patienten die negativen Nebenwirkungen einer Vorbehandlung und deren Auswirkungen auf die Chirurgie erspart. Auf der anderen Seite sollte bei allen Patienten mit Vorliegen eindeutiger Risikofaktoren die Vorbehandlung inklusive ihrer Intensivierung im Sinne einer TNT im interdisziplinären Tumorboard diskutiert werden.

Totale Neoadjuvante Therapie (TNT)

Die TNT wurde auch vor dem Hintergrund eingeführt, dass ein relevanter Anteil an Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom und entsprechendem Risikoprofil eine adjuvante Therapie aus verschiedenen Gründen nicht in Anspruch nehmen kann. Die TNT erweitert bei gegebener präoperativen Risikokonstellation die neoadjuvante Therapie um eine zusätzliche präoperative Systemtherapie. Diese Therapie kann als Induktionstherapie (vor der Radio- (RT) bzw. Radiochemotherapie (RCT)) oder als Konsolidierungstherapie (nach der RT bzw. RCT) durchgeführt werden, wobei nach aktuellem Stand das Konsolidierungsregime zu bevorzugen ist [4]. Die Radiotherapie kann bei der TNT entweder als Langzeit-Radiochemotherapie oder als 5 x 5 Gy Kurzzeitbestrahlung erfolgen. Durch das Konzept sollen Patienten eine niedrigere Fernmetastasierungsrate und eine höhere Rate an lokaler Komplettremission (CR) erfahren. Die möglichen Vorteile einer TNT sind bereits seit längerer Zeit bekannt, jedoch fehlten bisher gut geplante, randomisierte Studien und klare Einschlusskriterien. Mit der RAPIDO- [4] und der PRODIGE23-Studie [5] wurden nun zwei randomisierte klinische Studien publiziert, die insbesondere die Vor- aber auch die möglichen Nachteile einer intensivierten Vorbehandlung zeigen. Die Einschlusskriterien bei der RAPIDO-Studie wurden nachvollziehbar und exakt formuliert und könnten daher als Standard betrachtet werden. Es handelte sich hierbei um ein gut definiertes Patientenkollektiv mit weit fortgeschrittenen Tumoren, bei denen zumindest eines der folgenden MRT-basierten Hochrisikokriterien vorlag: cT4, cN2, Befall der mesorektalen Faszie (MRF+), extramurale Gefäßinvasion (EMVI+), vergrößerte laterale (extramesorektale) Lymphknoten.

Die beiden vorliegenden Studien konnten durch TNT sowohl eine signifikante Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens als auch eine – im Vergleich zur konventionellen RCT – verdoppelte pathologische Komplettremissionsrate (pCR) erreichen. Bei gut einem Viertel der Patienten kam es nach TNT zu einer pCR. Da die Einschlusskriterien bei der RAPIDO-Studie deutlich exakter waren und die Studie somit auch als aussagekräftiger interpretiert werden kann, sollen im Folgenden auch nur kurz ihre Ergebnisse dargestellt und diskutiert werden. Als Vorteile werden die höhere Komplettremissionsrate und die geringere Fernmetastasierungsrate genannt. Tatsächlich ließ sich die Fernmetastasierungsrate durch Anwendung des RAPIDO-Protokolls signifikant reduzieren (26.8 vs. 20 %; p = 0,005). Eine pathologische Komplettremission zeigte sich bei 28,4 % der Patienten im Vergleich zu 14,3 % bei konventioneller RCT. Bei einem relativ kurzen Follow-up von drei Jahren konnte jedoch bisher kein Unterschied auf das Gesamtüberleben gezeigt werden. Die Lokalrezidivrate zeigte sich bei Patienten nach TNT tendenziell sogar etwas höher (8,7 vs. 6 %; p = 0,09). Dieser Unterschied mag auch durch die schlechtere mesorektale Präparatequalität bedingt sein. So zeigten sich in der konventionellen Gruppe häufiger intakte mesorektale Präparate – evaluiert vom jeweiligen Chirurgen (85 vs. 78 %). Somit war die TNT in 22 % der Fälle (im Vgl. zu 15 % in der konventionellen Gruppe) mit einer nicht optimalen Chirurgie assoziiert. Nachteile der TNT sind auch – wie zu erwarten – eine deutlich erhöhte Toxizität sowie die lange Dauer der Chemotherapie mit entsprechenden Intervallen zwischen den einzelnen Therapiemodulen. So beträgt das Vorbehandlungsregime bis zur Operation nach dem RAPIDO-Protokoll fast sechs Monate. Die TNT darf demzufolge nicht unselektioniert eingesetzt werden, da sonst die Gefahr besteht, das funktionelle und womöglich auch das onkologische Ergebnis der Patienten zu verschlechtern. So konnte nach intensivierter Vorbehandlung eine deutlich höhere Rate an LARS gezeigt werden [6]. Nicht näher beschriebene T3-Stadien mit einem unklar definiertem „Risk of Local Recurrence“ sollten daher nicht als generelle Indikation für eine TNT angesehen werden.

„Watch and wait“ nach klinisch kompletter Remission

Die TNT wird fälschlicherweise von manchen Kollegen mit dem sog. „Watch and wait“-Konzept verwechselt oder gleichgesetzt. „Watch and wait“ als mögliches Konzept im Anschluss an eine TNT kommt jedoch nur nach MR-morphologisch, rekto- bzw. endoskopisch sowie palpatorisch kompletter Remission in Frage, wobei MR-morphologisch auch bei CR meist eine Wandverdickung bestehen bleibt. Das „Watch and wait“-Konzept ist nur diskutabel, wenn keine suspekten Lymphknoten nachweisbar sind und sich endoskopisch allenfalls eine Narbe nachweisen lässt; palpatorisch sollte eine Resistenz ausgeschlossen werden; eine weiche Rektumwand spricht für eine komplette Remission. Die Biopsie hat in dieser Situation keinen Mehrwert, da hier nicht zwischen Schrumpfung oder einer Fragmentierung des Tumors mit Verbleiben einzelner Tumorzellnester in der Wand oder im Mesorektum unterschieden werden kann. Nur bei Vorliegen der für die klinische Vollremission notwendigen Parameter kann – nach ausführlicher Aufklärung des Patienten über die Datenlage und die Notwendigkeit der engmaschigen Nachsorge – die Frage nach Organerhalt diskutiert werden. In der OPRA-Studie, in der die Rate der Komplettremission nach Induktionschemotherapie gegenüber einer Konsolidierungschemotherapie untersucht wurde, erfolgte das Restaging erst nach 34 Wochen [7]. In Abhängigkeit vom Ergebnis des Restagings wurde dann das „Watch and wait“-Konzept verfolgt oder die TME durchgeführt. In dieser Studie wurde bei 76 % der Patienten nach TNT eine „Watch and wait“-Empfehlung ausgesprochen. Nach drei Jahren zeigte sich in der Gruppe mit Induktionstherapie bei 43 % und nach Konsolidierungstherapie sogar in 59 % der Patienten ein Organerhalt. Eine allgemeine Empfehlung zum „Watch und wait“-Konzept kann auf Basis der aktuellen Daten jedoch nicht ausgesprochen werden. Hierzu fehlen größere Patientenzahlen mit ausreichendem Follow-up sowie randomisierte Phase-III-Studien.

Auch fehlt es weiterhin an einer zuverlässigen Aussage über den optimalen Zeitpunkt für die Evaluation des Therapieansprechens (Restaging). Bei den o. g. Studien zur TNT erfolgte das Re-Staging erst nach ca. sechs Monaten (28 Wochen). Des Weiteren fehlen die eindeutige bzw. einheitliche Definition der klinischen Komplettremission (cCR) sowie standardisierte Follow-up-Protokolle, welche nachvollziehbar im klinischen Alltag zu realisieren sind.

Salvage-Operation bei erneutem Tumorwachstum nach „Watch and wait“

Bei ca. 25 % der Patienten mit vermeintlicher cCR nach TNT tritt ein erneutes lokales Tumorwachstum (Regrowth) auf [8]. Falls es zu einem erneuten Tumorwachstum kommt, ereignet sich dies zu 85 % innerhalb der ersten zwei Jahre und zumeist intraluminal [8]. Dennoch kann es auch zu einem späteren Zeitpunkt zu einem erneuten Tumorwachstum kommen, was die fortlaufende engmaschige Nachsorge nötig macht. Im Falle eines erneuten Tumorwachstums sollte die OP erfolgen. Der Großteil der wiederkehrenden Tumoren ist bei rechtzeitiger Detektion einer Operation in kurativer Intention zuführbar. Die Ergebnisse dieser Salvage-Operationen sollen laut retrospektiver Daten in Bezug auf Lokalrezidiv, Fernmetastasen, krankheitsfreies Überleben und Gesamtüberleben vergleichbar mit derer primär operierter Patienten sein [8, 9]. Die Daten sind aber aufgrund des retrospektiven Designs und geringer Fallzahlen nur unter Vorbehalt übertragbar.

Fazit

Die hochqualitative MRT mit standardisierter Erhebung der aktuellen, prognostisch relevanten Risikofaktoren ist wesentlicher Bestandteil der Entscheidungsgrundlage für eine Vortherapie beim Rektumkarzinom. Demgegenüber kann bei MR-morphologischem Ausschluss relevanter Risikofaktoren auch im UICC-Stadium II eine primäre Resektion mittels adäquater TME-Chirurgie erfolgen. Das Armamentarium in der Therapie des Rektumkarzinom hat sich mit Einführung der TNT erfreulicherweise zusätzlich erweitert und bietet uns die Möglichkeit einer noch individuelleren Therapie, um das bestmögliche Ergebnis für unsere Patienten zu erzielen.

Die TNT darf jedoch nicht unselektioniert eingesetzt werden, da sonst die Gefahr besteht, das funktionelle und womöglich auch das onkologische Ergebnis der Patienten zu verschlechtern.

Literatur

[1]   Lord AC, D’Souza N, Shaw A, Rokan Z, Moran B, Abulafi M, Rasheed S, Chandramohan A, Corr A, Chau I, Brown G. MRI-Diagnosed Tumour Deposits and EMVI Status Have Superior Prognostic Accuracy to Current Clinical TNM Staging in Rectal Cancer. Ann Surg 2020.

[2]   s3 Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom, Langversion 2.1, 2019, AWMF Registrierungsnummer: 021/007OL.

[3]   Ruppert R, Junginger T, Ptok H, et al. Oncological outcome after MRI-based selection for neoadjuvant chemoradiotherapy in the OCUM Rectal Cancer Trial.Br J Surg 2018;105(11):1519-1529.

[4]   Bahadoer RR, Dijkstra EA, van Etten B, et al. RAPIDO collaborative investigators.Short-course radiotherapy followed by chemotherapy before total mesorectal excision (TME) versus preoperative chemoradiotherapy, TME, and optional adjuvant chemotherapy in locally advanced rectal cancer (RAPIDO): a randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncol 2021; 22(1):29-42.

[5]   Conroy T, Bosset JF, Etienne PL, et al.. Neoadjuvant chemotherapy with FOLFIRINOX and preoperative chemoradiotherapy for patients with locally advanced rectal cancer (UNICANCER-PRODIGE 23): a multicentre, randomised, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncol 2021; 22(5):702-715.

[6]   Sun R, Dai Z, Zhang Y, et al. The incidence and risk factors of low anterior resection syndrome (LARS) after sphincter-preserving surgery of rectal cancer: a systematic review and meta-analysis. Support Care Cancer 2021; 29(12):7249-7258.

[7]   Julio Garcia-Aguilar, Sujata Patil, Jin K. Kim, et al. results of the organ preservation of rectal adenocarcinoma (OPRA) trial. J Clin Oncol 2020. Volume 38, Issue 15_suppl

[8]   van der Valk MJM, Hilling DE, Bastiaannet E, et al. Long-term outcomes of clinical complete responders after neoadjuvant treatment for rectal cancer in the International Watch & Wait Database (IWWD): an international multicentre registry study. Lancet. 2018; 391(10139):2537-2545.

[9]   Nasir I, Fernandez L, Vieira P, et al. Salvage surgery for local regrowths in Watch & Wait – Are we harming our patients by deferring the surgery? Eur J Surg Oncol. 2019 Sep;45(9):1559-1566.

Korrespondierender Autor:

PD Dr. med. Florian Kühn

Oberarzt

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie

LMU, Klinikum der Universität München

Campus Großhadern

Marchioninistr. 15

81377 München

[email protected]

Dr. med. Josefine Schardey

Assistenzärztin

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie

LMU, Klinikum der Universität München

[email protected]

Univ.-Prof. Dr. Jens Werner, MBA

Direktor

Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie

LMU, Klinikum der Universität München

[email protected]

Chirurgie

Kühn F, Schardey J, Werner J: Update Rektumkarzinom. Passion Chirurgie. 2022 Juli/August; 12(107/08): Artikel 03_01.

Diesen Artikel finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de) unter der Rubrik Wissen | Fachgebiete | Viszeralchirurgie.

PASSION CHIRURGIE im Juni: Kongressnachlese DCK 2022

Hier geht´s zur digitalen Ausgabe! 

Die neueste Ausgabe steht unter dem Stern der Kongressnachlese DCK 2022. In der nächsten Woche haben Sie das gedruckte Exemplar auch in der Post.

In der Rubrik „CHIRURGIE“ finden Sie einen CME-Artikel („Lipödem- Diagnostik, Therapie und Kostenübernahmen“), zu dem Sie über unsere eAkademie 2 CME-Punkte erlangen können. Beantworten Sie einfach 10 Fragen…

Für alle chirurgischen Kolleginnen und Kollegen, die den Deutschen Chirurgen Kongress DCK 2022 nicht live miterleben konnten, haben DGCH und BDC das Webinar „DCK Kompakt 2022“ produziert. Eine Talkrunde aus Expertinnen und Experten der Chirurgie präsentiert die Höhepunkte des Kongresses. Hier geht es zum Video DCK Kompakt 2022.

In der BDC|Akademie finden wieder vermehrt Präsenzveranstaltungen statt. Für das Seminar „Update perioperative Medizin“ in Berlin am 25. und 26. August 2022 sind noch Plätze frei: Informationen & Anmeldung

Eine entspannte Lektüre, wünscht
Ihre PASSION CHIRURGIE-Redaktion

 

PASSION CHIRURGIE im Mai 2022: Update Hernienchirurgie

Hier geht’s zur digitalen Ausgabe. 

Im Mai dreht sich bei uns alles um die Hernienchirurgie, Sie finden im Schwerpunkt Artikel zu einer neuen Kooperationsform in der hernienchirurgischen Weiterbildung, dem UEMS – Zertifikat „Abdominal Wall Surgery“ sowie der kindlichen Leistenhernie. (-> zum Inhaltsverzeichnis)

Die Mitgliederversammlung hat im April beschlossen: Der BDC wird sich umbenennen in Berufsverband der Deutschen Chirurgie. Sie konnten bei der Versammlung nicht dabei sein? Lesen Sie in der Rubrik BDC|INTERN alle wichtigen Ergebnisse.

Stichwort „Versammlung“: Bald finden in vielen Kassenärztlichen Vereinigungen wieder Vertreterversammlungen statt. In der Rubrik Chirurgie+ („KV-Vertreterversammlung…“) finden Sie Tipps, wie man als Chirurg oder Chirurgin am besten auf eine Wahlliste kommt, warum sich eine Kandidatur lohnt und wo man sich am besten darüber informiert.

Viel Spaß beim Lesen der neuen Ausgabe
Ihre PASSION CHIRURGIE-Redaktion

Karriereplanung? Nein, danke!

Als junges Mädchen war ich beseelt vom „Helfersyndrom“ – nichts anderes als Krankenschwester wollte ich werden. Nach intensiven Diskussionen mit den Eltern durfte ich diesen Weg gehen. Dadurch, dass ich hier schreibe, sehen Sie bereits, dass der Plan sich zwar erfüllt, aber auch geändert hat!

Damals – 1965 – musste ich ein Haushaltsjahr absolvieren, ehe ich die Schwesternschule besuchen durfte. Gleich danach – ich war gerade 18 Jahre alt geworden – begann meine Ausbildung zur Krankenschwester an der Schwesternschule der Universität in Heidelberg. Sehr zukunftsorientierte Unterrichtspläne bereiteten uns Schülerinnen (ja, nur Schülerinnen!) auf das Berufsleben vor – gleich mit der Erwartung, dass wir nach dem Examen in den Kliniken Verantwortung zu übernehmen haben werden. Auch damals herrschte Pflegekräftemangel!

Ich hatte mit ca. 24 Jahren in meinem Wunschberuf das erreicht, was für mich erstrebenswert schien – Stationsschwester im Kollegialsystem in einer Chirurgischen Ambulanz. Aber das noch 40 Jahre bis zur Rente tun? Es erschien mir wie ein Alptraum!

Nach beruflichen Stationen in West-Berlin und Frankfurt/M. keimte der Wunsch in mir auf, doch noch Medizin zu studieren. Nahezu alle „Berater:innen“ rieten mir vom Studium ab, allerdings nicht meine Eltern!

Meinen Zugang zur Hochschule erlangte ich durch das sog. „Begabtenabitur“ – eine Prüfung mit besonderen Kenntnissen in einem Fachgebiet. Ich hatte dazu Anatomie gewählt und fand innerhalb der Klinik wertvolle Unterstützung bei ärztlichen Kollegen in der Pathologie. Mein Ziel war es, nach dem Medizinstudium in die Chirurgie zu gehen. Während des Studiums kamen lauter kritische Stimmen in mein Ohr: „Chirurgie – ist doch für eine Frau viel zu anstrengend, das lange Stehen im OP…“ Irgendwie griffen diese Stimmen Raum in meiner Zukunftsvorstellung, und ich änderte meine Pläne dahingehend, dass ich wohl in die Gynäkologie gehen würde, damit ich noch etwas „Operatives“ hätte.

Dann kam das praktische Jahr – das erste Drittel in der Dermatologie, und danach Unfallchirurgie und Chirurgie. Ich erinnere mich noch genau an den ersten Tag in der Unfallchirurgie – ein Gefühl wie „hier komme ich nach Hause”! Alle Bedenken, die ich während des Studiums verinnerlicht hatte, waren weggeblasen. So entschied ich mich, es in der Chirurgie wenigstens zu versuchen. Sollte es nicht klappen, dann hatte ich es wenigstens versucht!

Ich bewarb mich in der Unfallchirurgie, bekam eine Zusage, jedoch mit unbestimmter Wartezeit. Erinnern wir uns: 1979 gab es in Deutschland eine „Ärzteschwemme“, auf den Schreibtischen der Chefärzte türmten sich Bewerbungsunterlagen, und ich war als Berufseinsteigerin „schon“ 32 Jahre alt! Da lässt die Konkurrenz nicht auf sich warten!

Glück gehabt: Bereits nach sechs Wochen Wartezeit, die ich in einer internistischen Klinik verbrachte, konnte ich meine erste Stelle in der Unfallchirurgie bei Prof. Schauwecker in den Städt. Kliniken Wiesbaden antreten! Da hatte ich also schon mal „einen Fuß in der Tür“!

Als Nicht-Fachärztin blieben mir die großen unfallchirurgischen Operationen verschlossen, aber Metallentfernungen: ja, darin habe ich große Erfahrungen sammeln können.

Nach einigen Veränderungen der Städtischen Kliniken – Umzug, Namensänderung, Chefarztwechsel – konnte ich wechseln in die Allgemeinchirurgie, um Fachärztin für Chirurgie zu werden. Man bedenke: Frauen in der Chirurgie – das war zu dem Zeitpunkt noch etwas Besonderes, wir (in dieser Klinik gab es zu der Zeit bis zu vier Frauen als Ärztinnen, eine große Ausnahme in der Kliniklandschaft!) wurden auch manchmal angeguckt wie „weiße Elefanten“. Das war nicht immer vergnüglich – wenn Äußerungen kamen, dass eine Wundinfektion nur eingetreten sei, weil eine Frau operiert hatte. Wie oft wurde ich gebeten: „Schwester, machen Sie bitte das Fenster zu?“ oder Ähnliches. Zuvor hatte ich aber z. B. die Operation schon mit den PatientInnen besprochen. Und wir Ärztinnen waren weit überdurchschnittlich lange auf der Kinderstation eingesetzt! Es gab noch kein „Curriculum“ für die Weiterbildungszeit!

Später gab es subtile, nie offen geäußerte, Hinweise, dass es in dieser Klinik keineswegs möglich sein würde, als Frau Oberärztin zu werden – ja, das waren einschneidende Erlebnisse, die mich nicht fröhlich werden ließen. Meinen Eltern verdanke ich sicherlich durch deren Liebe und fortwährende ideelle Unterstützung, dass ich mit derartigen Anfeindungen zurechtgekommen bin und ich heute trotz allem von einem schönen Berufsleben schreibe.

Während der Weiterbildung zur Fachärztin war ich ununterbrochen im Marburger Bund Hessen aktiv, später auch in der Ärztekammer. Derartige Aktivitäten wurden manchmal anerkennend, manchmal kritisch beäugt. Ob ich deswegen Nachteile in der Weiterbildung hatte, kann ich nicht sicher einschätzen. Ich nahm sie in Kauf, weil ich keine großartigen Karrierepläne hatte. Allerdings hatte ich den Wunsch zur Promotion, die ich mit 46 Jahren erhielt. Zu diesem Werk erfuhr ich allergrößte Unterstützung und Anerkennung innerhalb der Klinik, sonst hätte ich es auch wohl nicht geschafft.

Inzwischen war ich Ärztin für Chirurgie und Unfallchirurgie geworden, mit allen Zusatzbezeichnungen wie Fachkunde Rettungsdienst, Fachkunde Radiologie und ärztliches Qualitätsmanagement.

Dann kamen auch bei mir Wechseljahre – rückblickend betrachtet habe ich sie wohl wörtlich genommen, obwohl mir das zum damaligen Zeitpunkt gar nicht so klar war! In einer Phase des beruflichen Stillstandes und Suche nach einem neuen Arbeitsplatz kam gerade das Ärzteblatt mit seinen Stellenanzeigen: darin eine Annonce des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven. Man suchte Arzt/Ärztin zur Überwinterung an der Neumayer-Station in der Antarktis. Noch am selben Abend, an dem ich das Ärzteblatt aus dem Briefkasten geholt hatte, schrieb ich meine Bewerbung und schickte sie gleich los. Eine Bewerbung wie diese hatte ich noch nie geschrieben! Vorstellungstermin in Bremerhaven, aber Einstellung abhängig von der körperlichen Verfassung! Und letztendlich die Zusage! In der Klinik wurde ich 1999 – man denke an die noch immer vorhandene Ärzteschwemme! – für zwei Jahre beurlaubt. Wunderbar! Damit war eine Rückkehr in ein berufliches Umfeld möglich. Das war für mich – inzwischen > 50 – natürlich ein wunderbares Polster für eine zumindest finanziell abgesicherte Rückkehr.

14 Monate war ich mit einer Gruppe von acht weiteren Personen zum Überwintern in der Antarktis. Das war rückblickend betrachtet das Beste, was ich je in meinem Leben gemacht habe! Heraus aus dem Kliniktrott, tägliche Einblicke in andere Berufe und vor allem – weit über den eigenen Tellerrand hinaus! Was macht der Meteorologe? Was erforschen Geophysiker? Wozu sind die Proben der Luftchemie so wichtig in unserem Umfeld? Kurzum – ich habe viel gelernt über unser „Mütterchen Erde“!

Abb. 1: Ursula Stüwe in der Antarktis

Nach der Rückkehr habe ich aus eigenem Wunsch auf weitere Tätigkeiten im OP verzichtet. Dadurch gab es für mich die Möglichkeit, mich sowohl in der Ambulanz wie gleichzeitig in der Abrechnungsabteilung der Klinik zu betätigen. Die (unsäglichen) DRGs kamen gerade auf, es gab viel zu diskutieren mit allen Fachabteilungen des Hauses und natürlich dem MDK und Krankenkassen. Die Finanzierung einer Klinik erlernte ich durch „Learning by doing“ – und auch, dass längst nicht alles so gehandhabt wird, wie man es sich theoretisch vorstellt.

Parallel dazu engagierte ich mich wieder in der Ärztekammer und wurde 2004 zur Kammerpräsidentin gewählt. Die Kandidatur erwog ich, nachdem ich ausreichend Gelegenheit hatte, das Wirken der männlichen Vorgänger in diesem Amt zu beobachten. Das traute ich mir durchaus zu! Die Arbeit in der Berufspolitik öffnete einen weiteren Horizont im ärztlichen Berufsleben. Leider war das, was ich dort bewegen konnte, im Vergleich zur eingesetzten Zeit und Mühe relativ wenig – die politischen Mühlen mahlen ja doch recht zäh und langsam, und als Chirurgin war ich häufig ungeduldig …

Abb. 2: Ursula Stüwe nach dem Fahnenstecken in der Antarktis

Inzwischen bin ich seit mehr als zehn Jahren berentet. Das Rentnerinnenleben begann ich mit zwei Einsätzen als Schiffsärztin auf der „Polarstern“ mit einigen herausfordernden Gesundheitsproblemen. Das Aufregendste war sicherlich eine Appendektomie auf dem Schiff nahe der antarktischen Halbinsel. Patient und Ärztin geht es auch heute noch gut!

Wenn die Gesundheit es weiterhin zulässt, so freue ich mich, bei der Betreuung von Geflüchteten mitzuarbeiten oder auch in der Impfkampagne sinnvolle Arbeiten zu tun. Aber darüber hinaus bieten Universitäten hervorragende Programme für Ü-50-Menschen an! Da ist Zeit, sich mit interessanten Dingen zu befassen, zu denen während des schönen und interessanten Berufslebens keine Zeit war. Herrlich ist es, schon am Vormittag ein anspruchsvolles Buch lesen zu können!

Quintessenz nach einem wunderbaren Berufs- und Arbeitsleben

So etwas wie „Karriereplanung“ habe ich nie gemacht, auch bin ich aufgrund der eigenen Erfahrungen davon überzeugt, dass man zwar kurzfristige Ziele haben sollte, doch darüber hinaus ist es wunderbar, wenn sich plötzlich unerwartete Chancen eröffnen! Und dann muss man zugreifen! „Karriere“ sollte individuell interpretiert werden!

Abb. 3: Erfolgreich herausoperiertes Appendixpräparat auf der „Polarstern“

Ärztinnen – ja, auch das war während des berufspolitischen Lebens immer ein Thema, allerdings habe ich mich da nur wenig einbringen können (und wollen). Sind wir denn etwas Besonderes? Ich meine, nein. Während meiner Zeit als Ärztekammerpräsidentin habe ich es erreicht, dass der Ausschuss „Ärztinnen“ bei der Bundesärztekammer abgeschafft wurde. Darauf bin ich stolz, auch wenn ich mir damit einige Feindinnen gemacht habe. Ärztinnen müssen und können und sollen sich überall einbringen!

Gegen Ende meines aktiven Berufslebens habe ich mit großer Freude junge Kolleginnen beobachtet, die sich schnell und wie selbstverständlich in der Chirurgie zurechtfanden. Sie wurden nicht mehr wie „weiße Elefanten“ angesehen. Ich hatte den Eindruck, dass wir „Alten“ doch den Weg vorbereitet hatten. Allerdings beobachtete ich auch, in welche Zwänge junge Mütter kamen, die Beruf und Familie vereinbaren mussten – meistens jedoch, ohne auch den Vater aktiv mit einzubeziehen. Ein dauerhaftes „schlechtes Gewissen“ einer Ärztin ist weder für die Familie noch für die PatientInnen gut! Gleichzeitig erstaunt es mich aber auch immer wieder, dass Ärztinnen eine besondere „Zuwendung“ benötigen in eigenen Zirkeln, in denen diese Themen – weiterhin ungelöst – diskutiert werden. Da ist – nach meiner Überzeugung – nur eine Verbesserung und Änderung zu erwarten, wenn Arbeitszeiten vernünftig geregelt sind, Arbeitsstunden auch zuverlässig bei ausreichendem Personalbestand eingehalten werden können und Väter mehr und mehr an der Familienarbeit beteiligt werden.

Wie sagte ein schon pensionierter Chefarzt auf einem Chirurgenkongress in München, Unterthema „Ärztinnen in der Chirurgie“, vor vielen Jahren: ja, er habe von seinen Kindern nicht viel gehabt, die seien quasi ohne ihn groß geworden. Jetzt war er glücklich, sich mit den Enkeln befassen zu können! Diese Sitzung war die, auf der am allermeisten gelacht wurde von allen Kongressen, die ich je besucht hatte! Und schon deswegen ist es wichtig und richtig, dass Ärztinnen in der Chirurgie aktiv tätig sind!

Dr. med. Ursula Stüwe

[email protected]

Panorama

Stüwe U: Karriereplanung? Nein, danke! Passion Chirurgie. 2022 Mai; 12(05): Artikel 09_01.

BDC-Praxistest: Leitende Chirurginnen – how I made it to the top

Vorwort – Krawall und Remmidemmi

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Die Besten für die Chirurgie“ lautet eine seit Jahren viel geschundene Devise, wenn Chirurgen wieder mal Maßnahmen oder Programme zur Akquise von ärztlichem Nachwuchs- und Führungspersonal anpreisen. Die Diktion ist variabel, und schreckt auch vor Neologismen, Küchenlatein oder tief gebeugtem Denglisch (kann man kreative Vortrags- oder Sitzungstitel vor der Publikation vielleicht mal googeln?) nicht zurück. Doch dahinter steckt immer die gleiche selbstgefällige Attitude: Die besten Ärzte folgen der Chirurgie wie die Motten dem Licht.

Doch dem ist leider nicht so. In den Führungsebenen operierender Kliniken in Deutschland finden sich unverändert erschreckend wenig Frauen. Und mittlerweile dürfte auch dem letzten reaktionären Traditionalisten klar sein, dass das nicht durch mangelnde Qualität begründet ist. Natürlich sind die wahren Gründe – wie immer – mannigfaltig, aber trotzdem scheint „die Besten für die Chirurgie“ ein kleines, fieses generisches Maskulinum zu verstecken, das den Aufstieg der besten Chirurginnen oft nachhaltig behindert. Dass der Frauenanteil in der Assistentenschaft steigt, kann diese These nicht entkräften – sie sind halt einfach in der Überzahl. Doch nach oben geht es trotzdem nicht so leicht: Dafür braucht man „Netzwerk“.

Schluss damit – es nervt! Chirurgie braucht vielleicht nicht nur die Allerbesten, aber wirklich die Guten. Und in beiden Gruppen sind Frauen ganz vorne mit dabei. Also Bahn frei – zur Not auch mit Krawall und Remmidemmi. Unsere Autorinnen wissen wie es geht.

Eine so gar nicht genderneutrale Lektüre bieten

Prof. Dr. med. C. J. Krones     und      Prof. Dr. med. D. Vallböhmer

Ein 2017 veröffentlichter Bericht der AllBright Stiftung [1], die sich für Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft einsetzt, zeigte, dass der Männeranteil in den Chefetagen großer deutscher Unternehmen bei über 90 Prozent liegt. Eine von vielen Erkenntnissen des Berichts: In den Vorständen gibt es mehr Männer allein mit den Namen Thomas und Michael als Frauen insgesamt. Und in der Medizin?

63 Prozent der Medizinstudierenden in Deutschland sind weiblich (Daten des statistischen Bundesamts). Dem gegenüber stehen laut Ärztestatistik der Bundesärztekammer weniger als 8 Prozent Frauen mit leitender Funktion in der Chirurgie. Warum ist das so? Wollen Frauen nicht führen? Trauen sie sich nicht? Werden sie nicht gefördert? Die Gründe für den Frauenmangel an der Spitze von Kliniken sind vielfältig, aber nicht anders als in anderen Branchen: Allem voran steht häufig eine konservative Grundhaltung vieler Chefs. Weibliche Stereotype wie Emotionalität, Fürsorge, Sensibilität werden eher als Schwäche gesehen und männlichen Attributen wie Dominanz und Selbstbewusstsein gegenübergestellt. Die „typisch männlichen“ Eigenschaften werden als bessere Voraussetzung für das Führen von Mitarbeiter:innen erachtet. Hinzu kommt gerade in der Chirurgie auch das jahrelang gepredigte Dogma der Nicht-Vereinbarkeit von Beruf und Familie [2] und die damit verbundene Sorge, dass sich jüngere Frauen eher der Familienplanung widmen als der Karriere – wozu also erst fördern?!

Ein weiterer Grund, warum Ärztinnen in Weiterbildung den Weg nach oben nicht wagen, ist die fehlende Sichtbarkeit von Frauen in Spitzenpositionen. „Frauen haben in der Medizin – speziell in der Chirurgie – einfach nicht genug Vorbilder, an denen sie sich orientieren können, wenn sie nach oben wollen“ so Prof. Katja Schlosser, Präsidentin des Vereins „Die Chirurginnen e.V.“. „Darüber hinaus fehlten bislang Netzwerke, die bei Karrieresprüngen hilfreich sind“, so Schlosser weiter.

Uns steht in der Chirurgie ein eklatanter Nachwuchsmangel bevor. Wir können es uns nicht leisten, hoch qualifizierte Fach- und Führungskräfte in der Medizin auf dem Weg „to the top“ zu verlieren. Aber „Erfolg ist ein Marathon, kein Sprint“ – wir müssen also heute anfangen, Frauen in der Chirurgie zu halten und zu Führungspositionen zu ermutigen.

Wir haben drei Frauen zu ihrem Weg „to the top“ und ihrer Tätigkeit befragt: Was hilft? Was waren die größten Schwierigkeiten?

Professor Dr. med. Sabine Bleiziffer ist Herzchirurgin und gehört somit zu den 28 Prozent Frauen in ihrem Fach. Sie hat in Leipzig und München Medizin studiert und nach Facharztweiterbildung, Promotion und Habilitation wurde sie 2017 zur außerplanmäßigen Professorin bestellt. Seit 2015 ist sie als Leitende Oberärztin zunächst im Deutschen Herzzentrum München und seit 2019 in Bad Oeynhausen tätig. Professor Bleiziffer ist verheiratet und hat zwei Kinder.

 Passion Chirurgie: Alles Planung oder auch Zufall?

Sabine Bleiziffer: Eine erfolgreiche Karriere war von Anfang an mein Plan. Aber ehrlich gesagt, war mir zu Beginn nicht mal klar, ob ich überhaupt Herzchirurgin werden kann. In den 90er-Jahren gab es keine Vorbilder weit und breit. Mein großes Glück war ein Mentor, der mir das herzchirurgische Handwerk beigebracht hat. Danke, Walter! Mit verstohlenem Blick habe ich links und rechts neben mir die männlichen Kollegen beobachtet und festgestellt: Ich kann das mindestens so gut. Als größte Hürde habe ich immer empfunden, auffällig wie ein bunter Hund als erste Fachärztin, Oberärztin, Privatdozentin an meiner Klinik unter ständiger Beobachtung zu stehen.

PC: Welche Skills sind auf dem Weg nach oben erforderlich?

SB: Ich glaube und hoffe, dass das heute andere als vor 20 Jahren sind. Zu versuchen, die Männer zu imitieren ist nicht mehr zeitgemäß. Ich glaube aber nach wie vor, dass man mit Fleiß und Professionalität viel erreichen kann. Anders gesagt, man muss bereit sein, etwas zu investieren und immer beste Qualität abliefern. Ich halte es auch für sinnvoll, sich ein fachliches Profil zu erarbeiten, für etwas zu stehen, um einen Wiedererkennungswert zu haben.

PC: Kinderwunsch, Schwangerschaft, Familie: Warum wird das bei Frauen, aber nicht bei Männern in Führungspositionen thematisiert?

SB: Das wüsste ich auch gerne. Hier kann die Chirurgie nicht leisten, was eine gesellschaftliche Aufgabe ist. Bei Männern ist die Anzahl der Kinder nahezu ein Gütesiegel, während bei Frauen schon die Schwangerschaft das Aus in der Chirurgie bedeuten kann. Stellen Sie sich mal eine schwangere Chefärztin vor!!! Vielleicht helfen uns die nachfolgenden Generationen Y und Z, die stereotypen Rollenbilder aufzulösen, da eine gute Work-Life-Balance von jungen Männern wie Frauen gefordert wird, und eine gemeinschaftliche Kinderbetreuung an Wert gewinnt.

PC: Was hätten Sie vor 20 Jahren in puncto Karriereplanung anders machen sollen?

SB: Ich hätte mich auf Preise bewerben sollen (ich dachte damals, meine wissenschaftliche Leistung sei geringer als die der Konkurrenz). Ich hätte nicht versuchen sollen, unauffällig zu bleiben und mich anzupassen, sondern aufzufallen. Ich hätte von Anfang an gezielt Kolleginnen unterstützen sollen, anstatt immer auf Gleichheit zu achten.

PC: Brauchen wir eine Regulierung des Frauenanteils in der Führungsebene? Stichwort „Quote“?

SB: Dafür spricht, dass die Quote ein Türöffner in der gläsernen Decke sein könnte. Dagegen, dass jede hoch qualifizierte Frau aufgrund ihrer Leistung weiterkommen möchte. Tatsache ist, dass wir heute keine einzige Abteilungsleiterin in der Herzchirurgie haben.

PC: Gibt es auch auf der anderen Seite Hemmnisse? Anders gefragt: Stellen auch Frauen selber „ein Problem“ dar?

SB: Leider ja. Ich habe genügend Frauen gehört, die mit zahlreichen Ausreden ihre Karriere nicht verfolgen („Bei meinem Mann läuft es gerade so gut, da stehe ich jetzt zurück“, „Für den Kongress am Wochenende habe ich keine Kinderbetreuung“, usw.). Letztlich fehlt hier Mut, unbequeme Wege zu gehen. Ich bin aber überzeugt, dass gute Rollenvorbilder helfen können, Wege aufzuzeigen, denn die Herzchirurgie ist ein faszinierendes Fach. Für mich wäre es nicht in Frage gekommen, aus Bequemlichkeit darauf zu verzichten.

Dr. med. Franziska Koch, MBA, hat in Greifswald Medizin studiert und promoviert. Ihre Facharztweiterbildung zur Viszeralchirurgin hat sie in Schwerin absolviert und berufsbegleitend den MBA-Studiengang „Management in der Medizin“ in Münster abgeschlossen. Im Alter von 35 Jahren wurde sie 2019 Oberärztin, seit Januar 2022 ist sie als geschäftsführende Oberärztin im Zentrum für operative Medizin und Bauchmedizin an den Helios Kliniken Schwerin tätig. Dr. Koch ist liiert.

 PC: War das Ziel Karriere zu machen von Anfang an klar? Was ist eine erfolgreiche Karriere?

Franziska Koch: Tatsächlich wollte ich schon als Studentin Chefärztin werden. Was damals eher eine naive Idee war, hat sich im Laufe der letzten Jahre als Karriereziel verfestigt. Ich würde eine erfolgreiche Karriere allerdings nicht an Positionen festmachen wollen. Sie definiert sich für mich über persönliche Zufriedenheit. Man lebt schließlich nicht nur, um zu arbeiten.

PC: Gab es Vorbilder?

FK: Ich orientiere mich schon stark an meinem Chef Prof. Ritz. Er ist ein hervorragender Chirurg und ein absolutes Vorbild im Hinblick auf perioperative Patientenbetreuung. Er hat einen hohen Leistungsanspruch an sich und seine Mitarbeiter:innen, im Gegenzug ist er aber ein großer Förderer der nächsten Generation und hat stets ein offenes Ohr für sein Team.

PC: Welcher Führungsstil macht gute Führung aus?

FK: Ich schätze den partizipativen Führungsstil, finde es jedoch wichtig, als Führungskraft rote Linien aufzuzeigen, um gerade den jüngeren Kolleg:innen Orientierung zu geben. Letztlich ist es meine Verantwortung, dass Patientenversorgung auf höchstem Niveau durchgeführt wird. Die Grundvoraussetzung für jede Führungskraft ist aus meiner Sicht fachliche Kompetenz. Darüber hinaus sind Authentizität und Verlässlichkeit, Teamgeist und gegenseitiges Vertrauen essenzielle Fähigkeiten.

PC: Was sind spezielle Herausforderungen als (weibliche) Führungskraft?

FK: Für mich persönlich ist es die größte Herausforderung, an mich, mein Potenzial und den eingeschlagenen Weg zu glauben. Die chirurgische Tätigkeit ist immer wieder mit Rückschlägen verbunden. Als Führungskraft ist es daher ganz wichtig, einen Weg zu finden, Kritik und auch Komplikationen zu reflektieren, daraus zu lernen, aber dann auch damit abzuschließen und nicht ins Zweifeln zu verfallen. Ich habe erst vor Kurzem einen sehr hilfreichen Spruch gelesen: „Nimm Kritik nur von den Menschen an, die du auch um Rat fragen würdest!“

PC: Macht „Führen“ Spaß?

FK: Nicht immer, aber immer öfter. Ein Team zu formen und mit diesem erfolgreich zu arbeiten, sei es in der Patientenversorgung oder wie bei uns gerade auf dem Weg zur Uniklinik, ist unfassbar bereichernd.

PC: Wie bleibt man auf dem Karriereweg selbst gesund?

FK: Das Zauberwort heißt aus meiner Sicht Privatleben. Partnerschaft, Freunde und Hobbys sind in ihrer Bedeutung kaum hoch genug einzuschätzen. Als Hobby kann ich Golfen empfehlen. Dabei kann ich wunderbar abschalten.

Dr. med. Kristina Korsake, HCMBA hat in ihrer Heimat Litauen Medizin studiert und dann ihre Weiterbildung zur Gefäßchirurgin in Deutschland abgeleistet. Sie hat an der Universität Freiburg promoviert und in Jena ihr Masterstudium zum Health Care MBA absolviert. Nach kurzer Zeit als Oberärztin in Dessau wurde sie Leitende Ärztin des MVZ Netzwerkes „PI“ am Bodensee mit zwei ambulanten OP-Zentren. Zusammen mit ihrem Mann führt sie seit 2019 fünf Standorte mit über 50 Angestellten, davon 11 ärztlichen Kolleg:innen. Dr. Korsake ist verheiratet und hat drei eigene Kinder und ein Pflegekind.

 PC: Warum gibt es so wenige Frauen in Top-Führungspositionen in der Chirurgie?

Kristina Korsake: Vorurteile spielen eine große Rolle, Frauen trauen sich oft nicht, eine Führungsposition als Ziel ihrer beruflichen Karriere zu setzen.

Bessere strukturelle Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie alleine reichen aber nicht. Ebenso wichtig ist die Entwicklung einer neuen Denkweise, in der es selbstverständlich ist, dass auch Frauen in der Chirurgie führen. Netzwerke wie „Die Chirurginnen“ bieten konkrete Maßnahmen, wie z. B. ein Mentoringprogramm, um Frauen für Führungsposition zu gewinnen.

PC: Was war der beste/schlechteste Rat, den Sie je beruflich bekommen haben?

KK: Einer der besten Ratschläge war: Priorisiere klar und halte dich an deine Priorisierung. Das hilft enorm Zeit zu sparen und sich nicht im Multitasking zu verlieren.

Den schlechtesten Rat habe ich noch in der Schule gehört: Mädchen müssen brav und bescheiden sein. Man sollte den Mädchen lieber raten: Trainiere dein Pokerface!

PC: Welche Bedeutung haben Netzwerke? Netzwerken Frauen anders als Männer?

KK: Eine IBM-Studie aus den 1990er-Jahren hat gezeigt, dass sich Erfolg im Beruf auf drei Säulen stützt: 30 Prozent Selbstvermarktung, 60 Prozent Beziehungen und nur 10 Prozent Qualifikation. Das zeigt: Leistung alleine reicht nicht. Selbst wenn du fachlich die Beste bist, hilft das wenig, wenn das niemand weiß.

Die Notwendigkeit, sich beruflich zu vernetzen, ist bei Männern besser verinnerlicht. Frauen unterschätzen dies oft und nutzen ihre kommunikativen Fähigkeiten häufig nur privat. „Die Chirurginnen“ ist ein Frauennetzwerk, in dem es darum geht, gemeinsam besser voranzukommen.

PC: Bedeutet Karriere, Opfer zu bringen?

KK: Es bedeutet, sich mehr zuzutrauen, aber auch bereit zu sein, den gleichen Preis wie Männer in Führungspositionen zu zahlen – nämlich in vorderster Front auch mal Ungerechtigkeiten auszuhalten, allein zu stehen, angegriffen zu werden. Das fällt uns Frauen in der Regel schwer.

PC: Ist es ein Problem, sich gegenüber männlichen Kollegen durchzusetzen?

KK: Um sich als Frau durchzusetzen, sollte man sich nicht verstellen. Wichtiger ist es, sich auf die eigenen Fähigkeiten zu fokussieren. Durchsetzungsstärke hat nichts mit Konkurrenzkampf, Machtspielchen oder übertriebenen Nettigkeiten zu tun. Sei dir bewusst, wer du bist und was du lieferst!

Fazit

Unser gemeinsames Fazit: Die „gläserne Decke“ kann durchbrochen werden, allerdings gelingt dies auch weiterhin nur einzelnen. Eine größere Sichtbarkeit von Frauen in der Chirurgie ist jedoch erforderlich, um spürbar mehr weibliche Führungskräfte zu etablieren. Nachfolgende Generationen von Chirurginnen brauchen unterschiedliche weibliche Rollenmodelle, um zu ihrem eigenen Stil zu finden und andere für ihre Führungsstrategien zu begeistern. Netzwerke, wie z. B. „Die Chirurginnen e.V.“, können einen wichtigen Beitrag zu einem Kulturwandel in den Chefetagen leisten, der die Chirurgie langfristig zukunftsfähig macht.

Literatur

[1]   Ein ewiger Thomas-Kreislauf? Wie deutsche Börsenunternehmen ihre Vorstände rekrutieren. Allbright-Bericht März 2017. https://www.allbright-stiftung.de
[2]   Bühren A: Chefärztinnen in der Chirurgie – Rollenvorbilder für Medizinstudentinnen und junge Chirurginnen. Passion Chirurgie Juli/August 2020

Korrespondierende Autorin:

Dr. med. Julia Gumpp

Oberärztin Klinikum Neumarkt

Vizepräsidentin „Die Chirurginnen e.V.“

[email protected]

Prof. Dr. med. Sabine Bleiziffer

Leitende Oberärztin

Deutsches Herzzentrum München und Bad Oeynhausen

Dr. med. Franziska Koch

Geschäftsführende Oberärztin

Zentrum für operative Medizin und Bauchmedizin

Helios Kliniken Schwerin

Dr. med. Kristina Korsake, HCMBA

Leitende Ärztin

MVZ Netzwerkes „PI“ am Bodensee

Prof. Dr. med. Katja Schlosser

Chefärztin

Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie

Agaplesion Ev. Krankenhaus Mittelhessen gGmbH

[email protected]

Gesundheitspolitik

Gumpp J, Bleiziffer S, Koch F, Korsake K, Schlosser K: BDC-Praxistest: Leitende Chirurginnen – how I made it to the top. Passion Chirurgie. 2022 April; 12(04): Artikel 05_01.

Diesen Artikel finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de) unter der Rubrik Wissen | Karriere | Chirurginnen.

Passion Chirurgie im April 2022: Sektorenübergreifende Versorgung

Hier geht’s zur digitalen Ausgabe. 

Kurz vor den Osterfeiertagen ist unsere Aprilausgabe mit dem Schwerpunkt „Sektorenübergreifene Versorgung“ fertig. Alter Wein in neuen Schläuchen? Wir haben Dr. Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft, und Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einige Fragen zu den aktuellen Neuordnungen gestellt, lesen Sie das ganze Heft HIER.

Haben Sie schon eines der BDC|Webinare anschauen können? Für BDC-Mitglieder kostenlos über unsere eAkademie abrufbar. Am 27. April zum Beispiel unser Webinar „HERNIE kontakt“, ab 17.00 Uhr geht es los: Programm lesen und jetzt anmelden!

Das Team des BDC wünscht allen Chirurginnen und Chirurgen fröhliche und entspannte Osterfeiertage!

Wir wünschen eine interessante Lektüre
Ihr PASSION CHIRURGIE-Team