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Rechtmäßigkeit von Überweisungen eines niedergelassenen Chirurgen in ein Krankenhaus?

Frage:

Ein niedergelassener Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie fragt an, ob seine Überweisungen ins Krankenhaus in der nachfolgenden Situation rechtmäßig sind. Zwei in der Nähe befindliche Krankenhausärzte sind auf Überweisung durch niedergelassene Orthopäden und Unfallchirurgen zu ambulanten Leistungen in einem definierten Umfang ermächtigt. Nunmehr erscheinen zahlreiche Patienten, die vom Krankenhaus oder Hausarzt geschickt werden, lediglich um eine Überweisung ins Krankenhaus abzuholen. Sie wollen nicht von dem niedergelassenen Chirurgen behandelt werden, obwohl dieser die Behandlung erbringen könnte. Um den Krankenhauskollegen zu helfen, überweist er diese Patienten unbesehen ins Krankenhaus.

Antwort:

Diese Überweisungen halte ich keinesfalls für zulässig.

Einerseits widerspricht diese Vorgehensweise der Intension der Ermächtigung, dass nämlich durch eine solche Ermächtigung aus Sicherstellungsgründen ein Versorgungsbedarf abgedeckt werden soll, der ohne diese Ermächtigung nicht bedient werden kann. Zum anderen ist die Überweisung an einen anderen Arzt oder in das Krankenhaus nur für den Fall vorgesehen, dass der überweisende Arzt die entsprechenden Leistungen nicht selbst erbringen darf oder kann. Wenn ferner ohne Untersuchung bzw. ohne jedwede Behandlung die Versichertenkarte des Patienten beim Niedergelassenen eingelesen wird, lediglich zum Zwecke der Ausstellung des Überweisungsscheines, so würde hierdurch ein weiterer Behandlungsfall generiert und damit beispielsweise das RLV manipuliert. Wird hingegen die Versichertenkarte nicht eingelesen, so darf auch ein Überweisungsschein nicht ausgestellt werden, da nur ein vom niedergelassenen Chirurgen behandelter Patient an einen anderen Arzt überwiesen werden kann.

Aus diesen Gründen halte ich eine „Gefälligkeitsüberweisung“ für sehr problematisch, die insbesondere dazu führen kann, dass der niedergelassene Chirurg und Unfallchirurg selbst wegen Verstoßes gegen KV-rechtliche Bestimmungen zur Verantwortung gezogen werden kann.

Heberer J. Rechtmäßigkeit von Überweisungen eines niedergelassenen Chirurgen in ein Krankenhaus? Passion Chirurgie. 2012 November; 2(11): Artikel 08_02.

Rahmen und Möglichkeiten von chirurgischen Beschäftigungsverhältnissen


Die Möglichkeiten eines (werdenden) Chirurgen, berufstätig zu sein, sind mannigfaltig. So kann man grundsätzlich danach unterscheiden, ob der Arzt als Angestellter/Beamter oder als freiberuflich tätiger Arzt seinem Broterwerb nachgehen will. Rechtlich und tatsächlich sind daran erheblich unterschiedliche Konsequenzen geknüpft, die es zu beachten gilt.

1. Der Arzt als Angestellter/Beamter

Wenn sich der Arzt dazu entscheidet, Angestellter zu werden, so kann er dies grundsätzlich einmal in einer Klinik tun. Hier ist je nach fachlicher Qualifikation die Beschäftigung als Weiterbildungsassistent, als Facharzt, als Oberarzt oder auch als Chefarzt möglich. Neuerdings werden immer mehr hauptamtliche ärztliche Direktoren eingestellt, die unter Umständen auch ein eigenes Aufgabenspektrum der medizinischen Versorgung innehalten, sodass auch diese Beschäftigungsart mit in die Überlegungen einbezogen werden muss.

Darüber hinaus kann man sich natürlich auch in einer Praxis oder in einem Medizinischen Versorgungszentrum anstellen lassen.

Jenseits der Tätigkeit am Patienten gibt es aber auch die Möglichkeit, sich bei dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) oder der Pharmaindustrie beschäftigen zu lassen. Hier wird dann in erster Linie eine beratende Tätigkeit im Vordergrund stehen, beim MDK beispielsweise die Gutachtertätigkeit.

Nicht mit dem Angestellten vergleichbar, aber dennoch im Verhältnis zur selbstständigen Tätigkeit näher daran, ist das Beamtenverhältnis. Dieses ist in Universitätskliniken (heute seltener), oder beispielsweise bei der Justiz (Anstaltsarzt etc.) gegeben.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass man auch für die Bundeswehr der Bundesrepublik Deutschland als Arzt tätig sein kann. Hier handelt es sich allerdings dann nicht um ein klassisches Beamtenverhältnis.

Im Rahmen der universitären Tätigkeit muss man zudem betonen, dass das Beamtenverhältnis zum einen oftmals weniger attraktiv ist, weil beispielsweise Überstunden nicht vergütet werden und zum anderen die Vergütung als solche nicht so hoch ist, wie nach den ärztespezifischen Tarifverträgen. Dies mag ein Grund dafür sein, dass diese Art der Beschäftigung immer seltener wird und letztlich das Anstellungsverhältnis auch an Universitätskliniken zunimmt.

1. a) Vertragsgrundlage

Je nachdem, in welchem Bereich und zu welchem Zeitpunkt der individuellen Karriere man tätig wird, unterscheiden sich auch die vertraglichen Grundlagen.

So werden ein Weiterbildungsassistent und auch ein Facharzt in der Regel einen Arbeitsvertrag erhalten, der vollinhaltlich auf den maßgeblichen Tarifvertrag Bezug nimmt. Derzeit existiert eine Fülle von Tarifverträgen, die sich im Wesentlichen aber an die zwei großen tariflichen Grundlagen, den TV-Ä/VKA (für Kommunale Arbeitgeber) und den TV-Ä/TDL (für Universitätskliniken) anlehnen. Hier sind oftmals nur die Vergütungsgruppen unterschiedlich, was sowohl für große Konzerntarifverträge, als auch für Haustarifverträge Gültigkeit hat.

In diesen, hauptsächlich an den gültigen Tarifvertrag angelehnten, Arbeitsverträgen wird dann oftmals nur noch beispielsweise eine Befristung geregelt und möglicherweise auch vereinbart, dass Dienste mit einer monatlichen Pauschale abgegolten sind. Wichtig für die Weiterbildungsassistenten ist noch, dass die Verträge oftmals nach dem Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung befristet werden. Hier handelt es sich allerdings bei der Befristung zur Weiterbildung nur um einen Befristungsgrund. Regelmäßig kann man hieraus kein Recht auf Weiterbildung herleiten. [1]

Bei Oberarztdienstverträgen wird dann regelmäßig bereits der Weg zu einem individuellen Arbeitsvertrag gefunden. Es wird darüber hinaus nur noch geregelt, dass teilweise der maßgebliche Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Insbesondere Kündigungsfristen, die Dienstaufgaben und gerade die Vergütung werden außertariflich vereinbart. Dies geschieht, weil die außertarifliche Vergütung es zulässt, attraktive Regelungen zu finden. Betonen muss man, dass auch bei beiderseitiger Tarifbindung ein außertariflicher Vertrag zulässig und möglich ist.

Bei Chefarztdienstverträgen und auch bei Verträgen mit der freien Wirtschaft bzw. bei einer Tätigkeit als hauptamtlicher ärztlicher Direktor wird vollständig individuell ein Vertragsgefüge ausgestaltet. Hier sind dann sehr umfangreiche Rechte und Pflichten geregelt und man muss aufgrund der vollständig fehlenden Bezugnahme auf einen maßgeblichen Tarifvertrag sehr genau darauf achten, dass alle wesentlichen Rechte und Pflichten vereinbart werden. [2]

Nicht nur in diesem Zusammenhang muss man zudem betonen, dass natürlich grundsätzlich Vertragsfreiheit gilt. Diese erfährt neuerdings nur dahingehend eine Einschränkung, das auch Arbeitsverträge am AGB-Recht (Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen) überprüft werden können. So sind viele Klauseln daher teilweise unzumutbar und intransparent und damit unwirksam, sodass stets auch bei festgeschriebenen Rechten und Pflichten hinterfragt werden muss, ob diese, gemessen an der aktuellen Rechtsprechung, noch ihre Gültigkeit haben. Ein hierfür sehr schönes und maßgebliches Beispiel ist die Tatsache, dass ein Großteil der „alten“ Entwicklungsklauseln in Chefarztdienstverträgen unwirksam ist. [3]

1. b) Die Vergütungsstruktur

Am einfachsten gestaltet sich die Vergütungsregelung bei Weiterbildungsassistenten und Fachärzten. Hier wird regelmäßig Bezug genommen auf die jeweilige Vergütungsgruppe im Tarifvertrag unter Berücksichtigung der jeweiligen Stufe. Hinzu kommt dann noch eine eventuell vereinbarte Dienstpauschale. Ein vom Chefarzt zu zahlendes Poolgeld wird regelmäßig nicht als vertraglicher Anspruch formuliert, sondern im Rahmen der standesrechtlichen Obliegenheiten ggf. ausgezahlt.

Bei den Oberärzten hält sich die Vertragsgestaltung im Verhältnis zur außertariflichen und tariflichen Vergütung die Waage. Oftmals wird das Tarifentgelt nach dem maßgeblichen Tarifvertrag bezahlt und zusätzlich eine Pauschale ausgelobt. Dies deshalb, um entsprechend qualifiziertes Personal entweder zu halten oder zu gewinnen. Dies hängt ein wenig auch von den regionalen Besonderheiten ab. Hinzu kommt dann ab und an eine sogenannte Zielvereinbarung, die eine weitere variable Vergütung für den Fall in Aussicht stellt, dass bestimmte Ziele der Abteilung oder des Unternehmens erreicht werden. Ergänzt wird dies dann ggf. durch eine Pauschale, die die Dienstabgeltung vorsieht. Derartige Pauschalen sind nicht ungewöhnlich und rechtlich auch zulässig. Eine absolute Abgeltung aller Überstunden ist hingegen nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte unwirksam. [4] Sehr selten wird Oberärzten auch ein eigenständiges Liquidationsrecht zugebilligt. Dies oftmals nur dann, wenn an einem vom Haupthaus entfernten Standort die Leitung einer Abteilung übernommen wird. Letztlich ist dies aber Verhandlungssache.

Chefärzte erhalten in neuerer Zeit regelmäßig keinen Vertrag mehr, der auf einen Tarifvertrag im Hinblick auf die Vergütung Bezug nimmt. Dies war zu Zeiten, als der BAT noch gegolten hat, oftmals anders. Man kann davon ausgehen, dass das nunmehr außertariflich vereinbarte Grundgehalt zwischen 100.000,00 EUR und 150.000,00 EUR liegt. Ausreißer in beide Richtungen sind natürlich möglich. Hinzu kommt dann noch eine variable Vergütung, die einen prozentualen Anteil an der Privatliquidation, einer etwaigen KV-Ermächtigung, einer BG Zulassung oder sonstigem vorsieht.

Auch Erträge aus nicht stationären und stationären Gutachten sollten entsprechend zumindest zu einem Prozentsatz dem Chefarzt zufließen. Hinzu kommt dann in der Regel noch eine Zielvereinbarung, die in der Gesamtheit der wirtschaftlichen Betrachtung des Vertrages allerdings nicht die entscheidende Rolle spielen sollte. Insofern ist Verträgen, die die überwiegende Liquidation über eine Zielvereinbarung regeln, regelmäßig eine Absage zu erteilen.

Im Zusammenhang mit der variablen Vergütung ist auch bei Kollegialsystemen Vorsicht geboten, da es zu ungleichen Aufteilungen kommen kann, wenn beispielsweise der individuelle Anklang des jeweiligen Chefarztes bei der Bevölkerung unterschiedlich ist oder auch die Arbeitseinsätze voneinander abweichen. Dies kann dann sehr schnell zu Verstimmungen führen, weshalb ein vertraglich schlecht gestaltetes Kollegialsystem höchst konfliktträchtig ist.

Dies umso mehr, weil die „Kollegialität“ meistens dadurch begrenzt wird, dass ein Hauptansprechpartner und ein Hauptverantwortlicher in den Verträgen benannt wird, sodass es eben doch keine Gleichstellung aller Beteiligten ist, sondern einer der Chefärzte wird immer „gleicher“ sein, als der andere.

Bei Beamten erfolgt die Vergütung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bzw. bei der Bundeswehr nach dem entsprechenden Dienstrang.

1. c) Teilzeitbeschäftigung

Gerade die Frage, wie man Karriere und Familie unter „einen Hut“ bekommen kann, ist derzeit viel diskutiert. Dies insbesondere auch deshalb, weil hier gerade beim Arztberuf das größte Konfliktpotential besteht.

Vergessen werden darf dabei aber nicht, dass auch Ärzte Anspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz haben können. Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, kann daher grundsätzlich einmal verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert wird. Diesem Wunsch hat der Arbeitgeber auch grundsätzlich Folge zu leisten, wobei er dann die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen hat.

Allerdings gibt es die Möglichkeit für den Arbeitgeber, dieses Ansinnen zu negieren. Dies dann, wenn dringende betriebliche Gründe dem Wunsch nach Teilzeitbeschäftigung entgegen stehen. Der Begriff des dringenden betrieblichen Grundes ist hierbei nicht näher definiert. Man wird beispielsweise im Klinikbetrieb davon ausgehen, dass eine Behinderung des Arbeitsablaufes, eine Gefährdung der Sicherheit – nicht nur der Patienten – und unverhältnismäßig hohe Kosten als Grund vorliegen könnten. So kann man festhalten, dass dem Grunde nach zwar ein Anspruch besteht, dieser aber nicht ohne weiteres vom Arbeitgeber umgesetzt werden muss.

Gleiches gilt für eine Beschäftigung im Rahmen der Altersteilzeit. Auch hier können sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer zunächst frei entscheiden, ob sie der Altersteilzeitarbeit zustimmen wollen. Wenn allerdings der Tarifvertrag über Altersteilzeit gilt, dann kann der Arbeitgeber den dann grundsätzlich gegebenen Anspruch auf Altersteilzeit nur aus dringenden betrieblichen Belangen ablehnen.

Grundsätzlich ist man bei der Gestaltung des Altersteilzeitvertrages im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit regelmäßig frei. Denn das Altersteilzeitgesetz, welches zur Anwendung käme, regelt nur die Voraussetzungen, unter welchen eine staatliche Förderung ermöglicht wird. Dies ist allerdings immer nur dann möglich, wenn ein Arbeitsloser anstelle des in Altersteilzeit gehenden Mitarbeiters eingestellt wird. Aufgrund der derzeitigen Situation ist es aber eher unwahrscheinlich, dass arbeitslose Ärzte zur Verfügung stehen.

Insofern kann man festhalten, dass im Rahmen der Altersteilzeit nur dann ein Anspruch besteht, wenn der entsprechende Tarifvertrag zur Anwendung kommt. Dann kann der Arbeitgeber allerdings dringende betriebliche Belange für sich beanspruchen. Die vertragliche Gestaltung ist letztlich aufgrund der fehlenden Relevanz des Altersteilzeitgesetzes frei.

2. Freiberufliche Kooperationsformen

Neben der bekannten und etablierten belegärztlichen Tätigkeit des Arztes im Krankenhaus haben sich gerade in den letzten Jahren weitere Kooperationsformen herausgebildet, deren rechtliche Einordnung und damit auch Legitimation jedenfalls teilweise bis heute sehr kontrovers diskutiert werden.

2. a) Belegarzt

Der „klassische“ Belegarzt behandelt gem. § 121 Abs. 2 SGB V eigene Patienten in Belegbetten des Krankenhauses. Eine Voraussetzung für die belegärztliche Tätigkeit ist also die Zulassung als Vertragsarzt. Erforderlich ist zudem die Anerkennung als Belegarzt durch die Kassenärztliche Vereinigung.

Findet der Krankenhausträger keinen zugelassenen Vertragsarzt im Planungsbereich für eine vakante Belegarztstelle, so kann im Wege der sog. Belegarztzulassung gem. § 103 Abs. 7 SGB V ein bisher nicht zugelassener Arzt über diese Belegarztstelle eine vertragsärztliche Zulassung erlangen.

Die Abrechnung der ärztlichen Leistungen erfolgt über die Kassenärztliche Vereinigung durch den Arzt gem. § 121 Abs. 3 SGB V, das Krankenhaus erhält das Beleg-DRG für die nichtärztlichen Leistungen.

Zum März 2009 wurde mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz im
§ 121 Abs. 5 SGB V der „Honorar-Belegarzt“ eingeführt, der im Unterschied zum Belegarzt gem. § 121 Abs. 2 SGB V seine ärztlichen Leistungen nicht mit der KV abrechnet, sondern vom Krankenhaus sein Honorar erhält. Ergänzend zu dieser Regelung bestimmt § 18 Abs. 3 KHEntgG, dass der Krankenhausträger für die Leistungen des Honorar-Belegarztes lediglich 80 Prozent der Hauptabteilungs-Fallpauschale abrechnen darf. Das Beleg-DRG ist in diesem Fall also nicht relevant.

Das Honorar, welches der Belegarzt vom Krankenhaus für seine Leistungen erhält, ist hingegen frei verhandelbar. Im Hinblick auf den 20 prozentigen Verlust beim DRG im Vergleich mit der Leistungserbringung durch einen angestellten Arzt oder einen Konsiliararzt ist es jedoch nicht verwunderlich, dass das Modell des Honorar-Belegarztes sich bisher nicht allzu großer Beliebtheit erfreut.

Sowohl der klassische Belegarzt gem. § 121 Abs. 2 SGB V als auch der Honorar-Belegarzt gem. § 121 Abs. 5 SGB V unterliegen nicht der zeitlichen Grenze für Nebentätigkeiten gem. § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV. Gem. § 17 Abs. 1b BMV-Ä gilt für Belegärzte auch die Mindestsprechstundenzeit von 20 Stunden wöchentlich nicht. Dies ist ein erheblicher Vorteil gegenüber anderen Honorararztmodellen, jedenfalls für Vertragsärzte.

2. b) Konsiliar-, Honorar- oder Kooperationsarzt

Sowohl der Konsiliararzt als auch der Honorar- oder Kooperationsarzt finden sich nicht im Gesetz. Nach herkömmlichem Verständnis ist derjenige Arzt konsiliarisch tätig, der im Einzelfall auf Anforderung eines Krankenhausarztes einer anderen Fachgruppe hinzukommt, wenn die entsprechende Qualifikation im Krankenhaus nicht vorgehalten wird.

Das Modell des Konsiliar- bzw. Honorararztes im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit dem Krankenhausträger bietet für beide Seiten zunächst viele Vorteile. Es bietet im Gegensatz zum angestellten Arzt eine hohe Flexibilität für Arzt und Krankenhausträger bzgl. Art, Umfang, Dauer und Konditionen der Zusammenarbeit.

Es verwundert deshalb nicht, dass ein rasantes Wachstum in diesem Bereich der Kooperation zu verzeichnen ist, derzeit üben geschätzte drei- bis fünftausend Honorarärzte ihre Tätigkeit in Deutschland jedenfalls zeitweise aus.

Das vom Bundestag am 14. Juni 2012 verabschiedete Gesetz zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (Psych-EntG) wurde auch vom Bundesrat in seiner Sitzung am 06. Juli 2012 gebilligt.

Unter anderem wird das zum 01.01.2013 in Kraft tretende Psych-Entgeltgesetz eine Änderung des § 2 Abs. 1 KHEntgG bringen, die dann vorsieht, dass Krankenhäuser ihre allgemeinen Krankenhausleistungen auch durch nicht fest im Krankenhaus angestellte Ärztinnen und Ärzte erbringen können.

Diese Neuregelung wird ergänzt durch die Anführung eines Absatz 3, wonach bei der Erbringung von allgemeinen Krankenhausleistungen durch nicht im Krankenhaus fest angestellte Ärztinnen und Ärzte das Krankenhaus sicher zu stellen hat, dass diese für ihre Tätigkeit im Krankenhaus die gleichen Anforderungen erfüllen, wie sie auch für fest im Krankenhaus angestellte Ärztinnen und Ärzte gelten.

Dennoch sind nach wie vor bestimmte Voraussetzungen für die kooperationsärztliche Tätigkeit erforderlich, so darf es zu keiner Ausweitung des Versorgungauftrages des Krankenhauses kommen, zudem ist die Behandlung von selbst eingewiesenen Patienten problematisch. Denn einerseits kann hierdurch das Verbot der Zuweisung gegen Entgelt tangiert sein, zum anderen entspricht die Behandlung eigener Patienten im Krankenhaus durch den niedergelassenen Arzt originär der Definition des Belegarztes, der aber eine entsprechende Belegarztanerkennung seitens der Kassenärztlichen Vereinigung erfordert.

Vorsicht geboten ist auch bei der Erbringung von Wahlleistungen. So beschränkt
§ 17 Abs. 1 KHEntgG die Erbringung wahlärztlicher Leistungen dem Wortlaut nach ausdrücklich auf angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses bzw. die von diesen Ärzten veranlassten Leistungen außerhalb des Krankenhauses (Labor etc.). Der Einsatz von Honorarärzten ist nach diesseitiger Auffassung deshalb im Wahlleistungsbereich wesentlich problematischer. Dementsprechend verweigern auch einige private Krankenversicherungen kategorisch die Kostenübernahme für Wahlleistungen durch Konsiliar- bzw. Honorarärzte.

Eine wahlärztliche Leistungserbringung des externen Honorararztes und dessen Einbeziehung in die Wahlarztkette ist deshalb nur möglich, wenn sie auf Veranlassung eines solchen angestellten oder beamteten Wahlarztes des Krankenhauses erfolgt, weil das entsprechende Fachgebiet sonst dort nicht vertreten ist (etwa Radiologen oder Laborärzte). Die Leistungen dieser externen Wahlärzte unterliegt der 15 %igen Honorarminderungspflicht gemäß § 6a Abs. 1 Satz 2 GOÄ. Gleichzeitig ist er jedoch auch berechtigt, den Wahlleistungspatienten seine Auslagen gemäß § 10 GOÄ gesondert zu berechnen, da diese im Krankenhaus nicht vorgehalten werden (so im Ergebnis auch BGH, Urteil vom 04.11.2010, Az. III ZR 323/09).

Des Weiteren ist beim Honorararzt auch das Thema „Scheinselbstständigkeit“ durchaus von Relevanz. Es prüfen die Rentenversicherungsträger im Hinblick auf die Einbindung des Arztes in die Organisation der Klinik in zeitlicher und örtlicher Hinsicht. Würde sich herausstellen, dass Honorarärzte als Scheinselbstständige einzustufen sind, so müssten die Kliniken Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nachzahlen.

2. c) Vor- und nachstationäre Versorgung

Die vor- und nachstationäre Versorgung gemäß § 115 a SGB V ist ausdrücklich Teil der stationären Versorgung. Sie ist in Räumen des Krankenhauses zu erbringen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Erbringung dieser Leistungen in den Räumen des niedergelassenen Arztes bereits die Erforderlichkeit der stationären Versorgung im Grunde entfallen lässt. Diese Vorgaben wurden durch die Neufassung des § 115 a Abs. 1 Satz 2 SGB V mit dem zum 01.01.2012 in Kraft getretenen GKV Versorgungsstrukturgesetz gelockert, die Leistungen gem. § 115a SGB V kann der extern beauftrage Arzt nunmehr ausdrücklich auch in der Arztpraxis erbringen.

2. d) Ambulante Operationen im Krankenhaus

Auch bei den ambulanten Operationen gemäß § 115 b SGB V i. V. m. dem AOP-Vertrag wurde durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vorgesehen, dass die Vertragspartner die Möglichkeit der Erbringung ambulanter Operationsleistungen durch niedergelassene Ärzte ausdrücklich regeln müssen. Durch die zwischenzeitlich erfolgte entsprechende Neufassung des AOP-Vertrages wurde diese Vorgabe umgesetzt, sodass auch in diesem Bereich die Beauftragung niedergelassener Ärzte durch das Krankenhaus zur Erbringung ambulanter Operationsleistungen auf Honorarbasis ausdrücklich zulässig ist.

Literatur

[1] vgl. zur Befristung allgemein: Hüttl: Arbeitsrecht in Krankenhaus und Arztpraxis, Seite 67 ff.

[2] vgl. zum Chefarztdienstvertrag: Hüttl: Seite 85 ff.

[3] vgl. Hüttl: Seite 101 ff.

[4] LAG Hamm, Urteil vom 18.03.2009, Az.: 2 SA 1108/08

Heberer J. / Hüttl P. / Butzmann O. Rahmen und Möglichkeiten von chirurgischen Beschäftigungsverhältnissen. Passion Chirurgie. 2012 Oktober; 2(10): Artikel 02_01.

Beschneidung bei Minderjährigen: Urteil des Landgerichts Köln vom 07.05.2012

Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 07.05.2012 einen Arzt vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen, der bei einem seinerzeit vierjährigen Kind ohne medizinische Indikation eine Beschneidung vorgenommen hat.

Das Ergebnis dieser Verhandlung und somit das Urteil des Landgerichts Köln ist zunächst einmal für den Arzt daher sehr positiv. Er wurde nicht verurteilt, obgleich das Landgericht Köln in den Urteilsgründen davon ausgeht, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Körperverletzung gehandelt hat. Das Landgericht Köln nimmt lediglich zugunsten des Arztes an, dass er sich in einem sogenannten unvermeidbaren Verbotsirrtum befand, als er die Handlung vorgenommen hat. Damit handelt er also ohne Schuld (vgl. § 17 Satz 1 StGB). [1]

Das Urteil als solches vermittelt zunächst daher keinen negativen Eindruck, da der Angeklagte Arzt ja freigesprochen wurde.

Problematisch an dieser Entscheidung sind allerdings die Urteilsgründe, die an der Tatbestandsmäßigkeit (im Sinne einer Körperverletzung) der rituellen Beschneidung eines Minderjährigen keinen Zweifel lassen.

Die Urteilsgründe des Landgerichts Köln

Das Landgericht Köln geht davon aus, dass der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt ist. Nicht erfüllt hingegen ist nach Auffassung des Landgerichts Köln der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung, da das Skalpell zwar grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug ist, aber hier, seiner Bestimmung gemäß, durch einen Arzt verwendet wurde. Dies lässt eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung daher nicht zu. Aber auch der Vorwurf der Körperverletzung als solches ist bereits erheblich, da diese mit Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren sanktioniert ist.

Das Landgericht Köln betont zudem deutlich, dass die aufgrund elterlicher Einwilligung aus religiösen Gründen von einem Arzt ordnungsgemäß durchgeführte Beschneidung eines nicht einwilligungsfähigen Knaben bereits aufgrund der sogenannten Sozialadäquanz nicht von der Strafbarkeit ausgeschlossen ist. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass zwar grundsätzlich eine Strafbarkeit anzunehmen wäre, da ein gegen das Kindeswohl verstoßendes und nicht zu entschuldigendes Verhalten vorliegt.

Dies sei aber, so der Gedanke der Sozialadäquanz, sozial unauffällig, allgemein gebilligt und geschichtlich üblich und daher dem formellen Strafbarkeitsverdikt entzogen. Dieser Möglichkeit, die Strafbarkeit entfallen zu lassen, erteilt das Landgericht Köln aber eine deutliche Absage.

Das Verhalten des Angeklagten Arztes war, und dies ist wohl die Kernaussage der Entscheidung, auch nicht durch die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt. Eine Einwilligung des seinerzeit vierjährigen Kindes lag nicht vor und konnte mangels hinreichender Verstandesreife auch nicht in Betracht gezogen werden. Die Einwilligung der Eltern lag zwar vor, vermochte indes die tatbestandsmäßige Körperverletzung nicht zu rechtfertigen.

Hierzu führt das Landgericht Köln wörtlich aus:

„Gemäß § 1627 Satz 1 BGB sind vom Sorgerecht nur Erziehungsmaßnahmen gedeckt, die dem Wohl des Kindes dienen. Nach wohl herrschender Auffassung in der Literatur entspricht die Beschneidung des nicht einwilligungsfähigen Knaben weder unter dem Blickwinkel der Vermeidung einer Ausgrenzung innerhalb des jeweiligen religiös-gesellschaftlichen Umfeldes, noch unter dem des elterlichen Erziehungsrechtes dem Wohl des Kindes. Die Grundrechte der Eltern aus Artikel 4 Abs. 1, 6 Abs. 2 GG werden ihrerseits durch das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung gemäß Artikel 2 Abs. 2 und 2 Satz 1 GG begrenzt. Das Ergebnis folgt möglicherweise bereits aus Artikel 140 GG i. V. m. Artikel 136 Abs. 1 WRV, wonach die staatsbürgerlichen Rechte durch die Ausübung der Religionsfreiheit nicht beschränkt werden (so Herzberg, JZ 2009, 332, 337; derselbe MedR 2012, 169, 173).

Jedenfalls zieht Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 GG selbst den Grundrechten der Eltern eine verfassungsimmanente Grenze. Bei der Abstimmung der betroffenen Grundrechte ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Die in der Beschneidung zur religiösen Erziehung liegende Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist, wenn sie denn erforderlich sein sollte, jedenfalls unangemessen. Das folgt aus der Wertung des § 1631 Abs. 2 Satz 1 BGB. Zudem wird der Körper des Kindes durch die Beschneidung dauerhaft und irreparabel verändert. Diese Veränderung läuft dem Interesse des Kindes, später selbst über seine Religionszugehörigkeit entscheiden zu können, zuwider. Umgekehrt wird das Erziehungsrecht der Eltern nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn sie gehalten sind, abzuwarten, ob sich der Knabe später, wenn er mündig ist, selbst für die Beschneidung als sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zum Islam entscheidet.“

Das Landgericht Köln nimmt also eine Abwägung der wechselseitig bestehenden Grundrechte vor und kommt deshalb zu dem Entschluss, dass die Beschneidung als solches nicht dem Kindeswohl dient und somit auch die Einwilligung der Eltern hierin nicht wirksam war. Der Arzt konnte sich nur deshalb einer Strafbarkeit entziehen, weil das Landgericht Köln zu seinen Gunsten schuldloses Verhalten angenommen hat, weil er sich in einem Verbotsirrtum befunden hat.

Diese Möglichkeit wird zukünftig aber insbesondere im Hinblick auf die öffentliche Diskussion der Strafbarkeit der rituellen Beschneidung wohl nicht mehr gegeben sein.

Kommentar

Das Landgericht Köln hat als erstes Gericht hier die Strafbarkeit der Zirkumzision aufgrund fehlender Einwilligung und damit Rechtfertigung angenommen.

Es gab aber in der Vergangenheit bereits Urteile, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben. So hat beispielsweise das AG Düsseldorf bereits im Jahr 2004 einen Beschneider wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Dies allerdings deshalb, weil der 77-jährige ein verschmutztes Besteck verwendet hat. An der Frage, ob die Beschneidung als solches gerechtfertigt war, wurde kein Anstoß genommen.[2]

In der zivilrechtlichen Judikatur wurde ein Schadensersatzprozess eines neunjährigen Jungen gegen seine Beschneidung und die darin sich anschließenden zwei Klinikaufenthalte mit Hauttransplantationen bereits vor längerem beschrieben. Das Landgericht Frankenthal hat zu diesem Zeitpunkt die Einwilligung des neunjährigen Kindes für unerheblich erklärt. Auch hat es die Einwilligung der Eltern in den medizinisch nicht indizierten, von einem Nichtmediziner unter unsterilen Bedingungen durchgeführten körperlichen Eingriff als ebenfalls unwirksam erachtet. Dies deshalb, weil die Einwilligung in eine solche Art des Eingriffes nach Auffassung der damaligen Kammer gegen das Kindeswohl verstößt und damit nicht mehr vom elterlichen Sorgerecht gedeckt war. [3] Auszugehen war nach dem Landgericht Frankenthal damals davon, dass die Eltern nicht die Befugnis hätten, unvernünftige Entscheidungen zum Nachteil ihres Kindes zu treffen, weshalb ihre Entscheidungsfreiheit in aller Regel auf medizinisch indizierte Eingriffe beschränkt sei. Das Landgericht Frankenthal ging allerdings davon aus, dass die Eltern ohne Probleme bei einem Mediziner, der den medizinischen Mindeststandard einhalte, die Beschneidung hätten vornehmen lassen können.

Dies zeigt, dass die rituelle Beschneidung bei Minderjährigen bereits in der Vergangenheit Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen war, wenngleich die Urteilsgründe nicht so drastisch gegen die Beschneidung gesprochen haben.

Gleichwohl wird immer deutlich, dass hier letztlich zwei Grundrechte gegeneinander prallen und die Frage gestellt werden muss, welche Grundrechte hier Vorrang haben. Diese Frage ist sicherlich nicht einfach zu beansixrten, da sowohl im Islam als auch im Judentum die Beschneidung einen religiösen Grundpfeiler darstellt. [4]

Zudem ist festzustellen, dass die Beschneidung von zentraler Bedeutung für das kulturell-religiöse Selbstverständnis des Betroffenen ist. [5]

Bei der Abwägung der Grundrecht untereinander muss man aber auch berücksichtigen, dass dem Kind grundsätzlich zuzubilligen ist, dass es ein Recht auf körperliche Unversehrtheit hat, wie es Ausfluss aus Artikel 2 Abs. 2 GG und Artikel 2 Abs. 1 GG ist. Zudem ist das Recht auf Wahrung der Persönlichkeit hier ebenfalls zu berücksichtigen, wie es in Artikel 1 Abs. 1 GG festgeschrieben ist. Demgegenüber stehen die Rechte der Eltern auf Erziehung gemäß §§ 1626, 1629 BGB als Ausfluss des Artikel 6 Abs. 2 GG, dem Recht der Eltern auf religiöse Kindererziehung gemäß Artikel 4 Abs. 1 i. V. m. Artikel 6 Abs. 21 GG und natürlich deren Religions- bzw. Religionsausübungsfreiheit aus Artikel 41, 2 GG. [6]

Es stellt sich also die Frage, ob die Religionsfreiheit und die Erziehungsrechte die Beschneidung rechtfertigen. Genießen also die Religionsfreiheit der Eltern und das elterliche Erziehungsrecht den Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit eines Menschen? [7]

Diese Frage muss nach Auffassung der Verfasser vom Bundesverfassungsgericht beansixrtet werden. Insofern erscheint es auch nicht notwendig, hier eine eigenständige Gesetzgebung anzustrengen und auch anzustoßen. Denn der rechtliche Rahmen, die rituelle Beschneidung bei Minderjährigen juristisch einzuordnen, besteht längst. Allein die Tatsache, dass ein Richter im Rahmen seiner ihm gesetzlich und rechtsstaatlich garantierten Unabhängigkeit ein Urteil nach bestem Wissen und Gewissen gefällt hat, kann nicht dazu führen, dass man schlicht ein neues Gesetz erlässt. Vielmehr müsste man hier mit der gebotenen Gelassenheit, denn letztlich handelt es sich hierbei um die Rechtsprechung des Landgerichtes Köln und somit nicht um eine höchst richterliche Entscheidung, zuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht, das dazu berufen ist, über die Grundrechte eines jeden zu wachen, über diesen Sachverhalt entscheidet.

Bis zu diesem Zeitpunkt bietet die Entscheidung des Landgerichtes Köln aber nunmehr Rechtsicherheit dahingehend, dass von einer aus rein rituellen Gründen durchgeführten Beschneidung Abstand zu nehmen ist.

Bei der rein juristischen Betrachtung dieses Falles muss man sich auch von rein pragmatischen Lösungen, dass beispielsweise eine Beschneidung unter ärztlicher Aufsicht einer Beschneidung durch Nichtmediziner vorzuziehen ist, lösen. Denn es geht im vorliegenden Fall nicht darum, Religionsgemeinschaften zu diskriminieren und Praktikabilitätserwägungen anzustellen, sondern es geht allein darum zu überprüfen, inwieweit die rituelle Zirkumzision bei einwilligungsunfähigen Knaben gegen geltendes Recht verstößt.

Zudem ist damit auch eine Grundfrage des ärztlichen Tuns, nämlich die ärztliche Ethik betroffen. [8]

In Übereinstimmung mit der Bundesärztekammer ist also davor zu warnen, derzeit eine rituelle Beschneidung vorzunehmen. [9]

Eine schnelle Lösung im Sinne einer eigenständigen Gesetzgebung scheint ohnehin nicht in Sicht zu sein, wie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger anlässlich eines Interviews bei der Ärztezeitung vom 16.07.2012 zu erkennen gegeben hat.

Sie hat auch klar nochmals darauf abgehoben, dass es sich letztlich tatbestandsmäßig bei der Beschneidung um eine Körperverletzung handelt. Diese wurde aber, und dies sollte man nochmals betonen, bis heute strafrechtlich in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht sanktioniert.

Literatur:

[1] LG Köln, Urteil vom 07.05.2012, Az.: 151 Ns 169/11

[2] AG Düsseldorf, Urteil vom 17.11.2004, Az.: 411 Ds 60 JS 3518/00

[3] LG Frankenthal, Urteil vom 14.09.2004, Az.: 4 O 11/02

[4] so auch Jerouschek, NStZ 2008, 313 bis 319

[5] so auch Schwarz, JZ 2008, 1125 bis 1129

[6] Jerouschek, NStZ 2008, a.a.O.

[7] Jerouschek, a.a.O.

[8] so auch Stehr, Presseerklärung der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) zu dem Urteil des Landgerichtes Köln vom 07.05.2012 vom 04.07.2012

[9] Montgomerey, Spiegel online vom 14.07.2012

Heberer J. / Hüttl P. Beschneidung bei Minderjährigen. Passion Chirurgie. 2012 September; 2(09): Artikel 06_02.

Ambulante Operation durch Privatarzt im Auftrag eines Krankenhauses auf Honorarbasis?

Frage:

Ein niedergelassener, rein privatärztlich tätiger Arzt fragt an, ob er aufgrund der Änderungen durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz zum 01.01.2012 nunmehr ambulante Operationen gem. § 115b SGB V im Auftrag eines Krankenhauses auf Honorarbasis in seiner Praxis vornehmen könne.

Antowrt:

Der Wortlaut des § 115 b Abs. 1 S. 4 SGB V ist durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz wie folgt gefasst worden:

„In der Vereinbarung ist vorzusehen, dass die Leistungen nach Satz 1 auch auf der Grundlage einer vertraglichen Zusammenarbeit des Krankenhauses mit niedergelassenen Vertragsärzten ambulant im Krankenhaus erbracht werden können.“

Nach dieser Regelung muss also zunächst der Gemeinsame Bundesausschuss die Vorgaben für den AOP-Vertrag neu fassen und dort vorsehen, dass zukünftig ambulante Operationsleistungen gemäß § 115 b SGB V durch niedergelassene Vertragsärzte im Auftrag des Krankenhauses und in Räumlichkeiten des Krankenhauses erbracht werden können.

Es ist also weder vorgesehen, dass reine Privatärzte diese Leistung erbringen, noch dass diese Leistungen im Auftrag des Krankenhauses in der Arztpraxis erbracht werden können.

Allerdings ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass sich das SGB V als sozialversicherungsrechtliches Gesetzeswerk auch gar nicht mit reinen Privatärzten zu befassen hat. Da die Leistungen gemäß § 115 b SGB V jedoch reine GKV-Leistungen sind und es letztlich um die Abrechenbarkeit von GKV-Leistungen durch das Krankenhaus geht, dürfte sich die Kooperationsmöglichkeit des Krankenhauses meiner Auffassung nach dennoch auf Vertragsärzte beschränken.

Es war dem Arzt deshalb dazu raten, Leistungen gemäß § 115 b SGB V allenfalls im Rahmen eines (teilzeitigen) Anstellungsverhältnisses beim Krankenhaus und im Krankenhaus zu erbringen.

Heberer J. Ambulante Operation durch Privatarzt im Auftrag eines Krankenhauses auf Honorarbasis? Passion Chirurgie. 2012 September; 2 (09): Artikel 08_01.

Vorgaben für eine Entscheidung, ob ambulant oder stationär operiert wird

Frage:

Ein niedergelassener Arzt fragt an, nach welchen Vorgaben er entscheiden soll, wann ein operativer Eingriff ambulant durchgeführt werden kann und wann er stationär durchzuführen ist.

Antwort:

Zunächst gilt der bekannte Grundsatz ambulant vor stationär. Im operativen Bereich ist die ambulante Operation Teil der vertragsärztlichen Versorgung gemäß §§ 11, 27 und 73 SGB V.

Daneben gibt es den Bereich der ambulanten Operation gemäß AOP-Vertrag im Sinne des § 115 b SGB V sowie in einigen Bundesländern einen sogenannten Förderkatalog nach § 73 c SGB V. Die genauen Vorgaben der Abgrenzung ambulanter vor stationärer Versorgung findet sich zudem in § 39 Abs. 1 S. 2, § 73 Abs. 4 SGB V. Danach haben Versicherte nur dann einen Anspruch auf stationäre Behandlung, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante einschließlich häuslicher Krankenbehandlung erreicht werden kann.

Nach der Definition des BSG ist die ambulante Chirurgie wie folgt zusammenzufassen: Diagnostische und therapeutische Eingriffe an Patienten, die sowohl die Nacht davor als auch die Nacht danach außerhalb eines Krankenhauses verbringen. Somit sind z. B. weder die Durchführung einer Vollnarkose, die Inanspruchnahme eines Krankenhausbettes, die Aufnahme in das Krankenhaus oder die zeitweise Gewährung von Unterkunft und Verpflegung aussagekräftige Abgrenzungskriterien. Maßgeblich ist eben nur, ob der Patient die Nacht vor und die Nacht nach dem Eingriff im Krankenhaus verbringt.

Bei der vom Arzt zu treffenden Methodenwahl besteht zwar die ärztliche Therapiefreiheit und er hat nach seinem Ermessen das geeignetste Verfahren zu wählen. Er hat jedoch gleichzeitig den Grundsatz des Vorrangs des Ambulanten zu berücksichtigen. Wenn aber zwar eine generelle Eignung für eine ambulante Operation gegeben ist, der Patient aber aufgrund von Besonderheiten, beispielsweise seines Alters, einer vorhandenen Multimorbidität und insbesondere auch sein soziales Umfeld so ist, dass der Arzt seine sofortige Entlassung nicht verantworten kann, so ist ggf. dennoch die stationäre Versorgung zu wählen. Maßgeblich ist hier auch die Gewährleistung der ausreichenden Pflege zuhause sowie die räumlichen und apparativen Gegebenheiten, die bei dem Patienten zuhause im Einzelfall vorhanden sein müssen.

Sowohl die generelle Eignung für die ambulante Operation als auch entsprechende morbiditäts- und diagnosebedingte Risikofaktoren sind zudem im AOP-Vertrag nach § 115 b SGB V sowie dessen Anlagen 1 und 2 und der sogenannten Qualitätssicherungsvereinbarung nach § 115 b SGB V dezidiert geregelt. Dort können die weiteren Details entnommen werden.

Heberer J. Vorgaben für eine Entscheidung, ob ambulant oder stationär operiert wird. Passion Chirurgie. 2012 Juni; 2 (06): Artikel 08_02.

Privatarzt als Belegarzt

Frage:

Ein niedergelassener Arzt ohne vertragsärztliche Zulassung fragt an, ob er einen Belegarztvertrag mit einer Klinik rein für privatärztliche Leistungen abschließen könne.

Antwort:

Diese Frage schneidet mehrere problematische Bereiche gleichzeitig an.

Zum einen widerspricht eine rein wahlärztliche Tätigkeit der Intention des Gesetzgebers bei der belegärztlichen Tätigkeit. Maßgeblich ist hierbei zunächst der Wortlaut des § 121 Abs. 2 SGB V bzw. der nahezu wortgleiche § 18 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz. Dort heißt es:

„Belegärzte im Sinne dieses Gesetzes sind nicht am Krankenhaus angestellte Vertragsärzte, die berechtigt sind, ihre Patienten (Belegpatienten) im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und mittelstationär oder teilstationär zu behandeln, ohne hierfür vom Krankenhaus eine Vergütung zu erhalten.“

Nach dieser Legaldefinition können also nur Vertragsärzte und nicht reine Privatärzte als Belegärzte angesehen werden.

Oft handelt es sich bei derartigen „belegarztvertraglichen“ Regelungen jedoch im Grunde um eine honorarärztliche Tätigkeit. Doch auch im honorarärztlichen Bereich ist gerade die Erbringung wahlärztlicher Leistungen rechtlich problematisch. Denn § 17 Abs. 3 Krankenhausentgeltgesetz regelt ausdrücklich, dass wahlärztliche Leistungen im Krankenhaus nur von in diesem Krankenhaus angestellten oder beamteten Ärzte erbracht werden können. Externe Ärzte haben die Leistungen auch extern zu erbringen bzw. werden im Einzelfall ggf. konsiliarisch hinzugezogen.

Im Ergebnis musste dem Arzt deshalb von dem geplanten Vertrag abgeraten werden.

Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
E-Mail: [email protected]

Heberer J. Fragen und Antworten: Privatarzt als Belegarzt. Passion Chirurgie. 2011 November; 1(11): Artikel 08_02

Nachbesetzungsfrist für Anstellung im MVZ

Frage:

Ein MVZ hat eine 1/4-Angestelltenstelle im vertragsärztlichen frei und möchte wissen, ob diese nachbesetzbar sei und innerhalb welcher Zeit diese aus zulassungsrechtlicher Sicht nachbesetzt werden müsse.

Antwort:

Gem. § 103 Abs. 4a Satz 5 SGB V sind (Teil-)Arztstellen im MVZ grundsätzlich nachzubesetzen. Diese Möglichkeit der Nachbesetzung besteht aber nach einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts zeitlich nicht unbegrenzt. Denn dies sei mit den Strukturprinzipien von Bedarfsplanung, Überversorgung und Zulassungssperren nicht vereinbar (BSG, Urteil vom 19.10.2011, Az. B 6 KA 38/10 R).

Grundsätzlich müsse deshalb die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ gemäß § 103 Abs 4a Satz 5 SGB V innerhalb von sechs Monaten nach deren Freiwerden erfolgen. Denn das Ausscheiden eines beim MVZ tätigen Arztes sei strukturell dem Entfallen der Gründungsvoraussetzungen vergleichbar, so dass die entsprechende Heranziehung der Vorschrift des § 95 Abs. 6 Satz 3 SGB V gerechtfertigt sei (Diese Vorschrift regelt die Zulassungsentziehung innerhalb dieses Sechsmonats-Zeitraumes bei Wegfall der MVZ-Gründungsvoraussetzungen).

Gleichzeitig macht das BSG jedoch von dieser Frist zwei Ausnahmen:

  • Die Sechsmonats-Frist könne vom Zulassungsausschuss um nochmals bis zu sechs Monate verlängert werden in besonderen Fällen schwieriger Nachbesetzbarkeit und unter entsprechend engen Voraussetzungen.
  • Eine strikte zeitliche Begrenzung des Nachbesetzungsrechts sei auch in solchen Ausnahmefällen nicht geboten, in denen der Wegfall einer Arztstelle nicht zur Entsperrung eines Planungsbereichs führen und hierdurch ggf. eine Neuzulassung ermöglichen könnte.

Letztere Ausnahme ist jedoch derzeit einschlägig, wenn es um die Nachbesetzung nur einer 1/4-Stelle in einem MVZ geht. Bei einem Versorgungsauftrag von 1/4 kann nach § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V, § 27 Satz 1 Ärzte-ZV weder eine Zulassung erfolgen noch eine solche entzogen werden.

Somit ist davon auszugehen, dass das MVZ für die Nachbesetzung der 1/4-Stelle zumindest 12 Monate Zeit hat, ggf. auch sogar länger, hierzu äußert sich das BSG nicht abschließend. Auch ob anderes gilt, wenn in einem MVZ gezielt Bruchteile von Arztstellen unbesetzt bleiben, die dann zusammen doch die Grenze zum hälftigen Versorgungsauftrag erreichen, ließ das BSG ausdrücklich offen, so dass in solchen Konstellationen Vorsicht geboten ist.

Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
E-Mail: [email protected]

Heberer J. Fragen und Antworten: Nachbesetzungsfrist für Anstellung im MVZ. Passion Chirurgie. 2011 November; 1(11): Artikel 08_01

Ausfallhonorar

Frage:

Ein niedergelassener Arzt fragt an, ob er bei Patienten, die verbindlich einen Termin für eine individuelle Gesundheitsleistung vereinbart haben, im Falle des unentschuldigten Nichterscheinens als Entschädigung ein Ausfallhonorar von diesem Patienten verlangen kann.

Antwort:

Bei Nichterscheinen des Patienten kann der Arzt einen Verdienstausfall erleiden. Die Frage, ob dann auch ein Schadensersatzanspruch des Arztes besteht, hängt vom Einzelfall ab.

Der Vertrag zwischen Arzt und Patient ist ein Dienstvertrag, der jederzeit vom Patienten gekündigt werden kann (auch konkludent durch Nichterscheinen). Grundsätzlich ist mit der Rechtsprechung deshalb davon auszugehen, dass der Patient bei Fernbleiben zunächst nicht in Verzug – als Voraussetzung für Schadensersatzansprüche – gerät, da Terminabsprachen lediglich einen zeitgerechten Behandlungsablauf sichern und überlange Wartezeiten verhindern sollen.

Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Arzt mehrere Patienten zum gleichen Zeitpunkt bestellt bzw. mehrere Patienten zur gleichen Zeit in verschiedenen Behandlungsräumen versorgt. Handelt es sich hingegen um eine Bestellpraxis, ist es dem Arzt unter bestimmten Voraussetzungen möglich bei Nichterscheinen des Patienten bzw. bei nicht rechtzeitiger Absage ein Ausfallhonorar zu fordern (so auch AG Berlin-Neukölln, AZ.: C 179/04).

Eine Bestellpraxis liegt dann vor, wenn der Arzt nachweislich nur einen Patienten mit individuell festgelegter Behandlungszeit einbestellt hat und wegen der Dauer der Behandlung kein anderer Patient gleichzeitig bestellt werden kann. Klassischer Fall ist die zeitgebundene psychotherapeutische Behandlung. Ob dies in vergleichbarer Weise auch bei IGeL-Leistungen gegeben ist, muss im Einzelfall anhand der vorgenannten Kriterien beurteilt werden.

Zudem ist wichtig, dass eine entsprechende Vereinbarung über das Ausfallhonorar vorab mit dem Patienten schriftlich getroffen wurde. Bei der Vereinbarung einer solchen Pauschale zum Ausgleich der Umsatzminderung bzw. des Einkommensverlustes muss die Höhe allerdings verhältnismäßig sein, da ansonsten die gesamte Vereinbarung unwirksam wäre. Hier wurde seitens der Rechtsprechung eine doppelte Verweilgebühr gemäß Nr. 56 GOÄ (1,8facher Satz) für möglich angesehen.

In der Vereinbarung ist der Patient zudem darauf hinzuweisen, wie lange vorher der Termin durch ihn ohne Folge abgesagt werden kann. Zudem wird das Ausfallhonorar nicht verlangt werden können, wenn der Patient nachweislich unverschuldet (z.B. aufgrund Krankheit oder Unfall) den Termin nicht wahrnehmen und nicht absagen konnte.

Antworten von Dr. jur. Jörg Heberer:
Justitiar BDC Berlin, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht
E-Mail: [email protected]

Heberer J. Fragen und Antworten: Ausfallhonorar. Passion Chirurgie. 2011 Oktober; 1(10): Artikel 08_01

Bundessozialgerichtliches Urteil zu ambulanten Operationen gem. § 115b SGB V und AOP-Vertrag durch niedergelassene Ärzte im Krankenhaus auch für derzeitige Rechtslage gültig

Das BSG hatte entschieden, dass sowohl § 115b SGB V als auch der AOP-Vertrag (in der Fassung 2005) nur die Konstellation vorsähe, dass ambulante Operationen durch Operateure des Krankenhauses oder durch Belegärzte, jeweils in Verbindung mit einem Anästhesisten des Krankenhauses durchgeführt würden. Es seien hingegen Operationen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden sind, nicht vorgesehen. Eine Auslegung in dem Sinne, dass jeder Vertragsarzt in Räumen eines Krankenhauses auf der Grundlage des AOP-Vertrages ambulant operieren dürfte, sei nicht möglich. Weder aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz noch aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit könne abgeleitet werden, der Kreis möglicher Operateure hätte weiter gefasst und auf alle dazu qualifizierten Vertragsärzte erstreckt werden müssen.

Würden die rechtlich zulässigen Möglichkeiten ambulanter Tätigkeit überschritten, so werde in den Vorrang der Vertragsärzte für die ambulante vertragsärztliche Versorgung eingegriffen.Nach den nunmehr veröffentlichten Urteilsgründen gilt dies entgegen der zunächst erhofften anderen Bewertung aufgrund der zwischenzeitlichen Änderungen im AOP-Vertrag auch für die jetzige Rechtslage. Denn nach Auffassung des BSG enthält die aktuelle Version des AOP-Vertrages aus dem Jahr 2010 zwar eine ausdrückliche Bezugnahme auf die durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz erfolgten Neuregelungen der Kooperationsmöglichkeiten zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern.

Dies sei aber nicht dahingehend zu verstehen, dass ein niedergelassener Arzt Leistungen nach dem AOP-Vertrag nunmehr erbringen dürfe, ohne Belegarzt zu sein.Das BSG:„Auch die Ansicht der Beklagten, die Vertragspartner des AOP-Vertrags hätten durch spätere zusätzliche Bestimmungen im AOP-Vertrag im Sinne einer Klarstellung die Richtigkeit einer erweiternden Auslegung deutlich gemacht bzw. deutlich machen wollen, greift nicht durch. Solche “Klarstellungen” haben nicht stattgefunden, insbesondere nicht durch die später zusätzlich in die “Grundsätze” aufgenommene Bestimmung, dass “auch die nach dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz zulässigen neuen Kooperationsformen” “umfasst” seien (Satz 2 der dem Paragraphenteil vorangestellten “Grundsätze”).

Durch dieses Gesetz ist zwar dem § 20 Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) der Satz angefügt worden, dass “die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus … mit der Tätigkeit des Vertragsarztes vereinbar” ist. Dies indessen beseitigt lediglich das bis dahin bestehende – insbesondere von der Rechtsprechung des BSG herausgestellte – weitgehende Verbot gleichzeitiger Tätigkeit im stationären wie im ambulanten Bereich (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 2 RdNr 18 mwN zum grundsätzlichen Verbot stationärer Patientenversorgung eines im Einzugsbereich praktizierenden Vertragsarztes; – zur Zielrichtung des Gesetzes s zB BT-Drucks 16/2474 S 29). Daraus kann aber nicht allgemein die Gestattung aller denkbaren Kooperationsformen zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern abgeleitet werden.

Insbesondere gibt es keinen ausreichenden Anhaltspunkt, dass eine solche Gestattung gerade in die Regelungen des § 115b SGB V und des AOP-Vertrages hineinzuinterpretieren sei. Die Ergänzung des § 20 Abs 2 Ärzte-ZV durch Anfügung des Satz 2 war nach den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens darauf ausgerichtet, den Vertragsärzten – über die Möglichkeiten hinaus, im stationären Bereich in nicht patientenbezogenen Bereichen wie der Pathologie oder als Konsiliararzt tätig zu werden – zusätzliche Betätigungen als angestellter Krankenhausarzt und in Medizinischen Versorgungszentren, die mit Krankenhäusern verzahnt sind, zu ermöglichen (s BT-Drucks aaO S 29). Nicht erkennbar ist eine gezielte Ausrichtung auf § 115b SGB V in dem Sinne, dass gerade auch die in § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag geregelten Kooperationsformen hätten erweitert werden sollen auf die Möglichkeit der Kooperation von Anästhesisten des Krankenhauses mit nicht belegärztlich tätigen Vertragsärzten.“

Das Fazit des BSG gilt mithin auch nach derzeitiger Rechtslage:„Damit ergibt sich zusammenfassend, dass der Rahmen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag nur eingehalten ist, wenn eine der beiden Kooperationsformen gegeben ist, nämlich – entweder sowohl der Operateur als auch der Anästhesist Ärzte des Krankenhauses – oder der Operateur ein an dem Krankenhaus tätiger Belegarzt und der Anästhesist ein Arzt des Krankenhauses sind. Nur in diesen Kooperationsformen hat § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag den Krankenhäusern die Möglichkeiten zur Durchführung von ambulanten Operationen und zur Mitwirkung an ihnen eingeräumt.

Kooperiert ein Krankenhaus dagegen mit einem Partner, der zu keiner der beiden aufgeführten Kooperationsformen passt, so stellt es sich außerhalb des Reglements des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag – und hat dementsprechend auch keinen Honoraranspruch auf der Grundlage des § 115b SGB V.“Ob sich aus dieser Entscheidung auch Schlussfolgerungen für die sonstige Tätigkeit des niedergelassenen Arztes im Krankenhaus als Honorar- oder Konsiliararzt entnehmen lassen, ist indes zweifelhaft, da es hier in erster Linie um die Regelungen des AOP-Vertrages ging. Gleichwohl ist eine eher restriktive Tendenz des BSG in Bezug auf derartige Kooperationen nicht von der Hand zu weisen.

Heberer J, Butzmann O. Bundessozialgerichtliches Urteil zu ambulanten Operationen gem. § 115b SGB V und AOP-Vertrag durch niedergelassene Ärzte im Krankenhaus auch für derzeitige Rechtslage gültig. Passion Chirurgie. 2011 September; 1(9): Artikel 06_01.

Ambulante Operationen durch niedergelassene Ärzte nach AOP-Vertrag Stand 2005 unzulässig

Ambulante Operationen sind gemäß § 115b SGB V durch niedergelassene Ärzte nach AOP-Vertrag Stand 2005 unzulässig. In der BSG-Entscheidung vom 23.03.2011, Az. B 6 KA 11/10 R, hatte eine anästhesistische Gemeinschaftspraxis geklagt, da ihr aufgrund der Durchführung der ambulanten Operationen im Krankenhaus durch in unmittelbarer Nachbarschaft niedergelassene Chirurgen unter Hinzuziehung von im Krankenhaus angestellten Anästhesisten Einnahmeverluste entstanden seien, die sie im Rahmen einer sozialgerichtlichen Klage gegen das Klinikum geltend machte.

Das BSG hat nunmehr entschieden, dass sowohl § 115b SGB V als auch der AOP-Vertrag (in der Fassung 2005) nur die Konstellation vorsähe, dass ambulante Operationen durch Operateure des Krankenhauses oder durch Belegärzte, jeweils in Verbindung mit einem Anästhesisten des Krankenhauses durchgeführt würden. Es seien hingegen Operationen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden sind, nicht vorgesehen. Eine Auslegung in dem Sinne, dass jeder Vertragsarzt in Räumen eines Krankenhauses auf der Grundlage des AOP-Vertrages ambulant operieren dürfte, sei nicht möglich. Weder aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz noch aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit könne abgeleitet werden, der Kreis möglicher Operateure hätte weiter gefasst und auf alle dazu qualifizierten Vertragsärzte erstreckt werden müssen.

Würden die rechtlich zulässigen Möglichkeiten ambulanter Tätigkeit überschritten, so werde in den Vorrang der Vertragsärzte für die ambulante vertragsärztliche Versorgung eingegriffen.

Die Entscheidung ist für die damalige Rechtslage nachvollziehbar. Es erfolgten zwischenzeitlich durch den Gesetzgeber jedoch zwei wichtige Regelungen zur Öffnung des stationären Bereiches für niedergelassene Ärzte: Einerseits wurde durch die Neufassung des § 20 Abs. 2 Ärzte-ZV durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) eindeutig klargestellt, dass eine Nebentätigkeit von niedergelassenen Ärzten im Krankenhaus zulässig ist. Des Weiteren wurde mit § 121 Abs. 5 SGB V der Belegarzt auf Honorarbasis eingeführt.

Aufgrund der Neuregelungen durch das VÄndG wurde im Januar 2010 sodann auch der AOP-Vertrag dahingehend angepasst, dass diese neuen Kooperationsmöglichkeiten auch bei ambulanten Operationen gem. § 115b SGB V möglich sind. Die BSG-Entscheidung dürfte deshalb für die aktuelle Rechtslage kaum aussagekräftig sein. Dies gilt jedoch zunächst nur vorbehaltlich. Denn da bisher nur der Terminbericht über die Entscheidung vorliegt, bleibt noch abzuwarten, ob sich für den Bereich der ambulanten Operationen oder gar für die honorarärztliche Tätigkeit im Krankenhaus allgemein nach aktueller Rechtslage doch auch etwas aus den Urteilsgründen entnehmen lässt.

Heberer J, Butzmann O. Ambulante Operationen durch niedergelassene Ärzte nach AOP-Vertrag Stand 2005 unzulässig. Passion Chirurgie. 2011 April; 1(4): Artikel 06_01.