12.02.2020 Qualitätssicherung
Ärztliche Zweitmeinung zukünftig auch bei geplanter Schulterarthroskopie möglich
Ein rechtlicher Anspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung besteht zukünftig auch bei geplanten arthroskopischen Eingriffen am Schultergelenk. Patientinnen und Patienten können sich bei einem qualifizierten Zweitmeiner zur Notwendigkeit des empfohlenen Eingriffs und zu alternativen Behandlungsmöglichkeiten beraten lassen. Die entsprechende Ergänzung der Zweitmeinungs-Richtlinie beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Freitag in Berlin. Bislang besteht ein Zweitmeinungsanspruch bei Operationen an den Gaumen- und/oder Rachenmandeln (Tonsillektomien, Tonsillotomien) sowie bei Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien).
Unterstützung einer informierten Entscheidungsfindung bei planbaren arthroskopischen Eingriffen am Schultergelenk
Arthroskopien (Gelenkspiegelungen) an der Schulter dienen ganz überwiegend dazu, therapeutische Maßnahmen an den Gelenkstrukturen vorzunehmen. Erkrankungsbedingte Schmerzen und Einschränkungen der Beweglichkeit sollen reduziert oder beseitigt werden. Rein diagnostisch geplante Arthroskopien der Schulter sind die Ausnahme – in aller Regel werden die diagnostischen Möglichkeiten nur vorbereitend zu einer in derselben Sitzung erfolgenden therapeutischen Intervention genutzt.
Gegenstand des beschlossenen Zweitmeinungsverfahrens sind sämtliche arthroskopische Eingriffe am Schultergelenk, sofern sie planbar sind und es sich nicht um notfallmäßige Eingriffe handelt, die zeitnah erfolgen müssen. Das Zweitmeinungsangebot zielt darauf ab, eine informierte Entscheidungsfindung der Patientinnen und Patienten bei der Auswahl der operativen oder konservativen Behandlungsmöglichkeiten zu unterstützen und eine medizinisch nicht gebotene Schulterarthroskopie zu vermeiden.
Zweitmeinungsgebende Ärztinnen und Ärzte
Zweitmeinungsgebende Ärztinnen und Ärzte müssen die in der Zweitmeinungs-Richtlinie festgelegten Anforderungen an die besondere, eingriffsspezifische Qualifikation erfüllen. Zudem dürfen keine Interessenkonflikte vorliegen, die einer Unabhängigkeit der Zweitmeinung entgegenstehen.
Die Genehmigung, Zweitmeinungsleistungen zu planbaren Schulterarthroskopien abzurechnen, können Fachärztinnen und Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung beantragen.
Inanspruchnahme des neuen Zweitmeinungsverfahrens
Der Beschluss wird nun dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er tritt nach Nichtbeanstandung durch das BMG und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Hintergrund – Einholen einer ärztliche Zweitmeinung zu einer empfohlenen Operation
Gesetzlich krankenversicherte Patientinnen und Patienten haben gemäß § 27b SGB V einen Rechtsanspruch auf Einholung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung. Der G-BA ist gesetzlich beauftragt zu konkretisieren, für welche planbaren Eingriffe der Anspruch auf eine Zweitmeinung besteht. Zudem sind vom G-BA indikationsspezifische Anforderungen an die Abgabe der Zweitmeinung sowie an die Erbringer einer Zweitmeinung festzulegen. Die Erstfassung der Richtlinie zum Zweitmeinungsverfahren ist am 8. Dezember 2018 in Kraft getreten.
Informationen zum generellen Leistungsumfang des Zweitmeinungsverfahrens und der konkreten Inanspruchnahme stellt der G-BA für Patientinnen und Patienten in einem Merkblatt – neu auch in Leichter Sprache – zur Verfügung.
Spezifische Informationen zu den Eingriffen, zu denen ein Zweitmeinungsverfahren angeboten wird, bietet das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) an.
Ärztinnen und Ärzten, die aufgrund ihrer besonderen Qualifikation und Unabhängigkeit eine Zweitmeinung für den jeweiligen Eingriff abgeben dürfen, sind auf der Website des ärztlichen Bereitschaftsdienstes zu finden.
Gemeinsamer Bundesausschuss
Pressekontakt:
Kristine Reis (Ltg.), Gudrun Köster, Annette Steger
Gutenbergstraße 13
10587 Berlin
[email protected]
Zur Pressemeldung der G-BA und weiteren Infos
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): Ärztliche Zweitmeinung zukünftig auch bei geplanter Schulterarthroskopie möglich. Passion Chirurgie. 2020 Januar, 10(01): Artikel 05_01.
Weitere Artikel zum Thema
01.01.2020 Hygiene
Hygiene-Tipp: Arbeitskleidung für Studenten und PJler
Häufig müssen Medizinstudierende und PJler in privater Kleidung im Krankenhaus arbeiten, allenfalls versorgt mit einem Arzt-Mantel. Nachfolgend eine Einschätzung hierzu auf Basis der relevanten Vorschriften:
01.12.2019 Hygiene
Hygiene-Tipp: Ultraschall – Wenn es mal wieder schnell gehen muss
Obwohl es sich um eine nicht invasive Untersuchung handelt, sind aus der Literatur Infektionsketten durch Ultraschalluntersuchungen bekannt geworden, deshalb müssen auch hier die Regeln der Hygiene sorgfältige Beachtung finden. Viele Chirurgen führen Ultraschalluntersuchungen selbst durch.
01.12.2019 Safety Clip
Safety Clip: Tatort Krankenhaus – wenn Patientenwohl nicht mehr im Vordergrund steht
Der Fall des ehemaligen Krankenpflegers Niels Högel hat Deutschland erschüttert: Der 42-Jährige ist Anfang Juni 2019 wegen 85-fachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. In Kliniken in Delmenhorst und Oldenburg hat er nach Erkenntnissen des Gerichtes immer wieder Patienten Medikamente gespritzt, um die Menschen in einen lebensgefährlichen Zustand zu versetzen. Bei der anschließenden Reanimation wollte er dann als Retter dastehen. Viele Patienten haben das nicht überlebt, 85 Morde sieht das Gericht als erwiesen an.
28.11.2019 Datenschutz
IT-Sicherheit ist Chefsache!
Erpressersoftware, Hackerattacken oder Doxing, das „Absaugen“ von sensiblen Daten wie vor einiger Zeit von privaten Politiker-Telefonnummern, lösen viele sorgenvolle Diskussionen aus. Aber gegen solche und ähnliche Machenschaften kann man sich schützen. In Passion Chirurgie wollen wir uns in den nächsten Ausgaben mit unterschiedlichen Themenaspekten der Sicherheit elektronischer Daten beschäftigen. Am Anfang steht ein Interview mit Detlev Hrycej, Experte für Cyberversicherungen. Er weist unter anderem darauf hin, dass Hacker nicht die einzige Gefahr für Datenbestände sind.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.