01.05.2014 Qualitätssicherung
30 Punkte für sichere Chirurgie
![](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/ebook/15874/OEBPS/images/02_03_Ausgabe_Teaser-750x563.jpg)
Empfehlungen für ein klinisches Risikomanagement in der Chirurgie*
- Patientensicherheit ist Chefsache.
- Stellen Sie sicher, dass Patienten bei der Aufnahme im Hinblick auf ihre Behandlungsdringlichkeit zuverlässig eingestuft werden (Triagierung).
- Stellen Sie sicher, dass Ihre Indikationsstellung zu einem operativen Eingriff in einem interprofessionellen Team verifiziert wird (z. B. Teambesprechung, Tumorboard).
- Binden Sie den Patienten in das Aufklärungsgespräch aktiv ein. Fragen Sie ihn nach seinen Erwartungen und bieten Sie ihm die Möglichkeit, bei Bedarf eine Zweitmeinung einzuholen.
- Sorgen Sie dafür, dass die Erkenntnisse der ärztlichen und der pflegerischen Anamnese systematisch zusammengeführt werden.
- Wichtige therapie- und pflegeleitende Besonderheiten des Patienten sollten dem therapeutischen Team stets in geeigneter Form zur Verfügung stehen.
- Nutzen Sie allgemeine und spezifische Scoringsysteme zur Risikoeinschätzung und dokumentieren Sie die Ergebnisse. Dabei ist das Intervall für ein Follow-up zu definieren.
- Nutzen Sie für Ihren Einsatzbereich geeignete und wirkungsvolle Checklisten.
- Stellen Sie sicher, dass sturzgefährdete Patienten sachgerecht eingestuft und mit entsprechenden Maßnahmen geschützt werden.
- Stellen Sie eine enge Abstimmung zwischen der chirurgischen und anästhesiologischen Anamnese und Therapieplanung sicher.
- Überwachen Sie Patienten nach diagnostischen und therapeutischen Interventionen mit standardisierten Methoden, angemessener Technik und in definierten Zeitintervallen (z. B. Nachblutungskontrolle, Narkoseüberhang).
- Stellen Sie sicher, dass Patienten mit Orientierungsschwächen, z. B. bei demenziellen Erkrankungen, in einer für sie sicheren Umgebung versorgt werden können.
- Nutzen Sie die anerkannten Verfahren des klinischen Risikomanagements, indem Sie regelmäßige Sicherheits- und Risiko-Audits durchführen, ein interprofessionell und einrichtungsübergreifendes Critical Incident Reporting System (CIRS) nutzen, in Ihren Abteilungen regelmäßig Mortalitäts- und Morbiditätskonferenzen durchführen und im Schadenfall professionell durchgeführte retrospektive Fallanalysen organisieren. Dokumentieren Sie dabei stets die aus den Verfahren entwickelten Präventionsmaßnahmen für eine sichere Versorgung.
- Erfassen Sie alle Maßnahmen zur Förderung der Patientensicherheit in Ihren Dokumentationssystemen.
- Sorgen Sie für einen effizienten Infektionsschutz und für eine stringente Einhaltung der Hygieneregeln und informieren Sie den Patienten über seine Mitwirkungsmöglichkeiten.
- Identifizieren Sie alle Medikamente mit einem erhöhten Gefährdungspotential bei unsachgemäßer Handhabung (z. B. konzentrierte Elektrolyte, Muskelrelaxanzien, Insuline usw.) und standardisieren Sie die Beschriftung, die Bevorratung und Handhabung dieser Präparate.
- Klassifizieren Sie jeden Patienten präoperativ im Hinblick auf die individuellen Risiken des bevorstehenden Eingriffs und kommunizieren Sie die Ergebnisse und Besonderheiten im Team.
- Klassifizieren Sie jeden Patienten im Hinblick auf sein Thromboserisiko und ergreifen Sie entsprechende Präventionsmaßnahmen.
- Nutzen Sie bei jedem operativen Eingriff eine OP-Checkliste in Anlehnung an die Empfehlungen der WHO.
- Führen Sie stets eine professionelle Zählkontrolle von Textilien und anderen intraoperativ genutzten Fremdmaterialien durch.
- Stellen Sie eine eindeutige Beschriftung, Verpackung von intraoperativ gewonnenen Materialien sowie den Transport sicher.
- Überprüfen Sie prä- und intraoperativ die sachgerechte Lagerung des Patienten und kontrollieren Sie den Hautstatus nach Beendigung des operativen Eingriffs.
- Stellen Sie sicher, dass der Patient postoperativ dem Operations- und Narkoserisiko entsprechend überwacht wird.
- Geben Sie stets eindeutige Anweisungen an die postoperative Versorgung und Pflege.
- Stellen Sie sicher, dass Behandlungs- und Pflegeinformationen, vor allem aber Änderungen von Verordnungen und neue diagnostische Informationen, zeitnah und in klar verständlicher Form an alle den Patienten behandelnden Personen weitergeleitet werden.
- Stellen Sie die Kontinuität der Medikation sicher und sorgen Sie insbesondere für eine sachgerechte Weiterbehandlung nach der Entlassung des Patienten.
- Binden Sie Patienten und die Angehörigen in die Gestaltung der Behandlungsprozesse aktiv mit ein, kommunizieren Sie Ihre Sicherheitsphilosophie innerhalb der Einrichtung und nach außen durch Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit der Einrichtung.
- Definieren Sie Verhaltensregeln für den Schadenfall, insbesondere bezüglich des Umgangs mit dem Patienten, den Angehörigen, den Kollegen und der Öffentlichkeit.
- Machen Sie die „Maßnahmen zur Förderung der Patientensicherheit“ zu einem obligatorischer Baustein für die Fort-und Weiterbildung sowie für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter.
- Machen Sie Patientensicherheit zu einem Unternehmensziel Ihrer Einrichtung.
* Die Empfehlungen des Autors begründen sich auf die Erfahrungen einer 20-jährigen Tätigkeit im klinischen Risikomanagement.
Weitere Artikel zum Thema
02.05.2022 Qualitätssicherung
G-BA will mehr Effizienz bei Qualitätssicherung
Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen befürwortet die jüngste Initiative des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die datengestützte Qualitätssicherung für Krankenhäuser und Arztpraxen einfach zu gestalten.
01.05.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Qualitätsanforderungen an Mund-Nasen-Schutz
Häufig kursieren im Internet Bilder von Operationsteams mit unter der Nase getragenem Mund-Nasen-Schutz (MNS) und sichtbaren Bärten. Kaum diskutiert wird dagegen das Problem von qualitativ schlechtem MNS. Es fehlt beispielsweise das CE-Kennzeichen. Manchmal ist sogar ausdrücklich vermerkt, dass die Maske keine medizinische Maske ist und nicht für den Arbeitsschutz verwandt werden darf.
01.04.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Aktuelles zu Händedesinfektionsmitteln
In Deutschland mussten bisher Haut- und Händedesinfektionsmittel Arzneimittel sein. Mit der Einführung des europäischen Biozidrechts werden nunmehr Händedesinfektionsmittel als Biozide reguliert und im Anhang V der Biozidverordnung der Produktart 1 („menschliche Hygiene“) innerhalb der Hauptgruppe 1 („Desinfektionsmittel“) zugeordnet.
01.03.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Welche Temperaturen im OP-Saal?
Von den im OP-Saal tätigen Berufsgruppen wird die Raumtemperatur subjektiv unterschiedlich beurteilt (Matern et al, Dt. Ärztebl, 2006, 103, A3187). Über 30 % der Chirurgen beurteilen die Raumtemperatur als unangenehm (warm). Beim sonstigen Personal im OP sind das nur 20 %.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.